Kontosperrung

Gerichtspräsident ruft nach Augenmaß bei Geldwäscheverdacht

Wenn Bankkunden viel Bargeld auf ein Konto einzahlen, melden Kreditinstitute regelmäßig einen Verdachtsfall auf Geldwäsche und sperren das Konto. Ein Institut gehe dabei ziemlich weit, kritisiert Wilhelm Wolf, Präsident des Landgerichts Frankfurt.

Gerichtspräsident ruft nach Augenmaß bei Geldwäscheverdacht

Ruf nach Augenmaß bei Geldwäscheverdacht

Präsident des Landgerichts Frankfurt kritisiert lange Kontosperrung nach Bargeldeinzahlung

jsc Frankfurt

Die lange Sperrung von Bankkonten bei Verdacht auf Geldwäsche alarmiert das Landgericht Frankfurt. Immer wieder komme es vor, dass eine Bank nicht etwa nur für drei Tage, sondern auch darüber hinaus nach hoher Bargeldeinzahlung das Konto eines Kunden sperre, sagte Gerichtspräsident Wilhelm Wolf am Donnerstag auf einer Pressekonferenz in Frankfurt. Ungefähr 40 Streitfälle seien ihm dazu bekannt. Oft sei die Sperrung dabei erst nach zwei bis drei Wochen aufgehoben.

Der Landgerichtspräsident, der zugleich auch Präsident des hessischen Staatsgerichtshofs ist, warnte vor einer zu weitreichenden Auslegung des Geldwäschegesetzes. Wenn eine Bank über die Frist von drei Tagen hinausgehe, weil sie nach der ursprünglichen Meldung weitere Aufträge für Transaktionen auf dem Bankkonto erneut als Verdachtsfall einstufe, bringe sie Kunden in Schwierigkeiten. „Ich tue mich schwer, eine solche Lösung unmittelbar aus dem Gesetz herauszulesen“, sagte er. Der Gesetzgeber habe die Frist von drei Tagen „nicht aus Jux und Tollerei“ eingeführt. Die Praxis einer langen Kontosperrung falle dem Gericht allerdings nur bei einer einzigen Bank auf, sagte Wolf, ohne den Namen des Instituts zu nennen.

Wolf untermauerte seine Kritik mit einem Beispiel: So zahlte ein Kunde nach dem Verkauf von zwei Motorrädern mehrfach hohe Bargeldsummen ein, so dass die Bank das Konto sperrte. Auch als der Kunde die Herkunft des Bargelds offenlegte, lenkte das Institut nicht ein, wie Wolf darlegte. Dabei sei der Verkauf eines Fahrzeugs gegen Bargeld nicht ungewöhnlich. In begründeten Verdachtsfällen könne aber eine längere Kontosperrung angemessen sein.

Meldeflut in Köln

Banken müssen Verdachtsfälle der Financial Intelligence Unit (FIU) in Köln melden. Sofern die Behörde daraufhin binnen drei Tagen nicht eine weitere Sperrung anordnet, können Banken das Konto wieder freigeben. In der Praxis melden Kreditinstitute nach einer Empfehlung der Finanzaufsicht BaFin regelmäßig einen Verdachtsfall auf Geldwäsche an, sofern ein Kunde mehr als 10.000 Euro als Bargeld einzahlt. Mit insgesamt 298.507 verschiedenen Meldungen im jüngsten Berichtsjahr 2021 ist die FIU allerdings gefordert. Gerade die Kreditwirtschaft meldet Verdachtsfälle rege.

Nicht nur die Bank, sondern auch das Gericht teile einer Person die Gründe für eine Kontosperrung nicht mit, sagte Wolf. Das sei problematisch, denn die Rechtsprechung lebe von der Transparenz über die genauen Entscheidungsgründe. Die Verfahrenskosten lägen meist bei den Betroffenen und nicht bei der Bank, monierte er. All das hänge mit den Vorgaben des Geldwäschegesetzes zusammen.

Massenklagen nach AGB-Urteil

Ein weiteres Phänomen, über das Wolf sprach, sind Massenklagen: Nicht nur nach Verspätungen im Flugverkehr oder bei Spielschulden, sondern auch im Gebührenstreit mit Banken sei es zuweilen üblich, Forderungen an spezialisierte Anwaltsfirmen abzutreten. An verschiedenen Amtsgerichten sei insgesamt eine vierstellige Zahl an Forderungen zusammengekommen. Dahinter stehe das AGB-Urteil des Bundesgerichtshofs von April 2021. Demnach sind AGB-Klauseln unwirksam, wenn sie die Zustimmung des Kunden „ohne inhaltliche Einschränkung“ voraussetzen (Az. XI ZR 26/20).

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