Capital One kauft Discover

Großübernahme als Einschnitt im US-Kreditkartenmarkt

Der US-Kreditkartenanbieter Capital One will die Konkurrentin Discover für mehr als 35 Mrd. Dollar übernehmen. Damit sichert sich die neuntgrößte Bank der Vereinigten Staaten Zugriff auf ein Zahlungsnetzwerk, mit dem sie Mastercard und Visa Konkurrenz machen könnte.

Großübernahme als Einschnitt im US-Kreditkartenmarkt

Milliardendeal als Einschnitt im Kreditkartenmarkt

Capital One übernimmt Konkurrentin Discover – US-Anbieter erhält Zugriff auf strategisch wichtige Zahlungsinfrastruktur – Druck auf Mastercard und Visa

Der US-Kreditkartenanbieter Capital One will die Konkurrentin Discover für mehr als 35 Mrd. Dollar übernehmen. Damit sichert sich die neuntgrößte Bank der Vereinigten Staaten Zugriff auf ein Zahlungsnetzwerk, mit dem sie Mastercard und Visa Konkurrenz machen könnte.

xaw New York

Im US-Finanzsektor steht ein einschneidender Deal an: Capital One hat angekündigt, die Konkurrentin Discover Financial für mehr als 35 Mrd. Dollar zu übernehmen – damit schließen sich zwei der größten Kreditkartenanbieter des Landes zusammen. Geplant ist ein Deal per Aktientausch, in dessen Rahmen Discover-Anteilseigner einen Aufschlag von 27% auf den Schlusskurs vom vergangenen Freitag erhalten würden. Entsprechend deutlich zog das Papier im frühen New Yorker Handel am Dienstag an, nachdem die US-Börsen am Montag feiertagsbedingt geschlossen waren.

Mastercard und Visa unter Druck

Dagegen fielen die Aktien von Mastercard und Visa nach Eröffnung an der Wall Street. Denn Discover stand zuletzt zwar wegen Gebührenberechnungen auf falscher Grundlage und anderer mutmaßlicher Compliance-Verstöße unter Druck – verfügt aber über ein eigenes Zahlungsnetzwerk und zählt damit zu den wenigen Konkurrenten der beiden Payment-Riesen.

Durch die Übernahme sichert sich Capital One also nicht nur einen Zugang zu einer größeren Zahl an Kartenkunden mit hohen Bonitätsscores – sondern auch einen Zugriff auf strategisch wertvolle Infrastruktur. Diese weckte in den vergangenen Jahren wiederholt das Interesse großer Banken und Technologieunternehmen, das Discover-Management wollte das Zahlungsnetz allerdings nicht von der Kreditvergabe abspalten und blockte entsprechende Angebote deshalb ab.

Hohe Gebühren lösen Kritik aus

Capital One, die nach Bilanzsumme neuntgrößte Bank des Landes und an der Börse rund 52 Mrd. Dollar schwer, will nun zumindest einige ihrer Karten auf das Discover-Netzwerk umstellen und für andere weiterhin Mastercard und Visa nutzen. Denn diese stoßen bisher bei einer größeren Zahl von Händlern auf Akzeptanz. Die Marktmacht der beiden Zahlungsriesen stößt immer wieder auf Kritik von Verbraucherschützern und Händlervertretern, die sich über hohe bestehende Gebühren und die wiederholte Einführung neuer Raten beschweren.

Dies hat zuletzt in mehreren Rechtsräumen Regulatoren auf den Plan gerufen. In Großbritannien ist eine Deckelung der Interchange-Gebühren im Gespräch, die bei Kartentransaktionen an die Banken fließen. In den USA hat die Federal Reserve einen ähnlichen Vorschlag für die verbreiteten Debitkarten gemacht.

Die Discover-Übernahme würde Capital One verstärkt in der Lage versetzen, wie Mastercard und Visa direkt mit Händlern über Interchange-Gebühren und andere Bedingungen für die Nutzung des Zahlungsnetzwerks zu verhandeln. Der in Virginia ansässige Anbieter dürfte die eigene Position damit in einer Boomzeit für die Kartenbranche ausbauen. Denn Amerikas Verbraucher kaufen wieder deutlich mehr auf Pump. So sind die Kreditkartensalden bei großen US-Banken nach einem Rückgang während der Corona-Pandemie wieder massiv gestiegen, Ende September des vergangenen Jahres beliefen sie sich laut der Fed auf 864,34 Mrd. Dollar.

Zwar stützt die Verfügbarkeit lukrativer Bonusprogramme und mitunter niedriger Kosten – Institute wie Bank of America und Wells Fargo locken Kunden mit Karten, bei denen sie für die ersten 18 bis 21 Abrechnungszyklen keine Zinsen erheben – die Konsumlaune. Doch trägt das Ausgabeverhalten zu steigenden Kreditrisiken bei: Der Anteil der rückständigen Zahlungen fiel mit nahezu 3% zuletzt so hoch aus wie seit Anfang 2012 nicht.

Banken sorgen weniger für Risiken vor

Der Anstieg erfolgt, während Krisen in anderen Bereichen wie dem Gewerbeimmobilienmarkt Sorgen um die Finanzstabilität befeuern. Doch während die Branchenriesen J.P. Morgan, Bank of America und Citigroup ihre Vorsorge im Schlussquartal 2023 ausbauten, hat der Großteil der US-Geldhäuser laut der Ratingagentur S&P Global geringere Rückstellungen gebildet oder Reserven abgebaut.

Capital One hat zuletzt dickere Polster angelegt, im Schlussquartal 2023 jedoch auch schon Kredite im Volumen von 2,53 Mrd. Dollar abgeschrieben – im Vorjahreszeitraum waren es noch 1,43 Mrd. Dollar. Voraussetzung dafür, dass das Institut nun eine der größten bisher angekündigten Übernahmen des laufenden Jahres stemmen kann, ist die Freigabe kritischer Kartellregulatoren. Das harte Vorgehen des US-Justizministeriums und der Wettbewerbsaufsicht FTC gegen Deals trug im vergangenen Jahr im Zusammenspiel mit hohen Zinsniveaus zu einem Einbruch der M&A-Aktivität bei.

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