Grüße aus Nimmerland
Antony Jenkins ist sich voll darüber im Klaren, dass er für das, was er macht, sehr gut bezahlt wird. Zumindest hat der CEO von Barclays das so gesagt. Nachdem er 2012 und 2013 auf seinen Bonus verzichtet hat, kann man ihm kaum verdenken, dass er nun zugreift. Es ist ohnehin nur eine von vielen Leistungen, die einem als Chef einer Großbank so zustehen. Und andere große Steuermänner der Branche haben weit weniger Zurückhaltung an den Tag gelegt. Der Zustand des britischen Instituts spricht allerdings nicht dafür, Sonderzahlungen zu leisten – es sei denn, man begibt sich in die Welt des Paranormalen.Auf der Insel Nimmerland, wo die Kinder niemals erwachsen werden, kommt man vermutlich problemlos damit davon, wenn man behauptet, man habe einen dicken Gewinn gemacht, obwohl unterm Strich ein Minus steht. Nach Jahren der Finanzkrise ist man auch in Europa so weit, dass nicht mehr allzu vehement protestiert wird, wenn Banker ihre Erfolge mit Als-ob-Gewinnen zu belegen suchen.Der Kontinent befindet sich nach wie vor in einer schweren Bankenkrise, sonst wären die Notstandsmaßnahmen der Zentralbanken kaum erforderlich. Die Aufarbeitung des Fehlverhaltens der Vergangenheit wird die Institute auch in Zukunft noch teuer zu stehen kommen. Verluste sind da unvermeidlich. Wenn man es nur zugeben könnte. Angenehm beruhigend ist, wenn man dagegen so tun kann, als ginge es allein um das selbst gewählte Kerngeschäft und man hätte mit allem, was in “Non-Core” verschoben wurde, eigentlich nichts mehr zu tun. Zumindest das um alles Schlechte bereinigte “Core”-Ergebnis sollte in keinem Fall unter null sinken. Barclays hat nach einem Milliardenverlust im Schlussquartal für das abgelaufene Geschäftsjahr rote Zahlen geschrieben. Auf Basis der Rechnungslegung von Nimmerland hat das Institut dagegen die Markterwartungen übertroffen.Die Bank steckt mitten in einem für die gewöhnlichen Beschäftigten schmerzhaften Umbau. Filialen werden geschlossen, Geschäfte aufgegeben, Stellen gestrichen. Für den Skandal um Wechselkursmanipulationen legte Barclays allein im Schlussquartal 750 Mill. Pfund zurück. Hinzu kamen 200 Mill. Pfund zur Entschädigung von Kunden, denen missbräuchlich Restschuldversicherungen verkauft wurden. Macht zusammen knapp 1 Mrd. Pfund. Eine Wertberichtigung in ähnlicher Höhe auf ein “Non Core”-Kreditportfolio belegt, dass hier noch Überraschungen drohen könnten. Die gestrigen Kursverluste lassen hoffen. Wenn nicht einmal mehr die Börse an Als-ob-Zahlen glaubt, ändert sich vielleicht etwas.