HSBC bekennt sich zu London
Reuters/dpa-afx London – Die britische Großbank HSBC hat trotz der Gefahr eines EU-Austritts Großbritanniens (Brexit) ein Bekenntnis zum Finanzplatz London abgelegt. Die mit Spannung erwartete Entscheidung im HSBC-Direktorium, den Konzernsitz nicht nach Hongkong zu verlagern, sei einstimmig getroffen worden, teilte Europas größte Bank am Montag mit. Verwaltungsratschef Douglas Flint sagte, dass es sich um eine langfristige Entscheidung für mehrere Jahrzehnte handele.HSBC hat zehn Monate lang geprüft, ob sie ihren Hauptsitz in London aufgeben soll, und dies unter anderem mit der britischen Bankenabgabe begründet. Der Druck zeigte Wirkung: Im Sommer kündigte Finanzminister George Osborne eine Halbierung der Abgabe an. Die Entscheidung, die sich zuletzt bereits abzeichnete, stärkt den Finanzplatz London. Die Stadt sei ein führendes internationales Finanzzentrum mit vielen Talenten, erklärte HSBC.Für London steht jedoch schon bald eine weitere richtungsweisende Entscheidung an. Sollten sich die Briten in einem Referendum für einen Austritt des Königreichs aus der EU aussprechen, haben mehrere Banken mit einem Abzug von Arbeitsplätzen und Geschäften gedroht. Die unklare Zukunft von Großbritannien in der Europäischen Union spielte für HSBC bei der Entscheidung zugunsten Londons aber keine große Rolle. Sollte das Land aus der EU austreten, werde die Bank nur einige Aufgaben und Jobs von London nach Paris verlagern, erklärte Verwaltungsratschef Flint. Der britische Premier David Cameron will seine Landsleute möglicherweise noch in diesem Sommer über einen Brexit abstimmen lassen. Ex-Kolonie bleibt wichtigDie Hongkong and Shanghai Banking Corporation (HSBC) wurde 1865 in der einstigen britischen Kronkolonie Hongkong gegründet, um den Handel zwischen Asien und Europa zu finanzieren. Nach der Übernahme der britischen Midland Bank verlegte HSBC ihren Hauptsitz 1993 nach London. Die Bedeutung Hongkongs ist jedoch weiter groß. Für die Bank arbeiten dort mehr als 20 000 Mitarbeiter. Zum Vergleich: In Großbritannien sind es rund 45 000. Zuletzt steuerte der Standort Hongkong 46 % zum Vorsteuergewinn des Konzerns bei. Konkurrenten wie die Deutsche Bank, die ebenfalls Hoffnungen auf Asien setzen, können davon nur träumen.HSBC betonte, sie wolle weiter in der Volksrepublik investieren. Gegen eine Rückverlagerung der Firmenzentrale nach Hongkong sprachen laut einem Insider auch die politischen Vorgänge in der chinesischen Sonderverwaltungszone. Ende vergangenen Jahres waren dort mehrere Buchhändler verschwunden. Im Februar erklärte die chinesische Polizei, dass gegen sie wegen “illegaler Aktivitäten” in China ermittelt werde. Es gebe Zweifel, ob Hongkong der richtige Sitz für ein weltweit führendes Finanzinstitut sei, das unabhängig im Denken sei, sagte der HSBC-Insider. Auch wirtschaftlich wäre ein Umzug ein Wagnis gewesen. Analysten äußerten sich skeptisch, dass auf die Bank dort tatsächlich weniger Abgaben zugekommen wären.