IM GESPRÄCH: REINHARD BERBEN, FRANKLIN TEMPLETON

In Deutschland ist die Wende geschafft

Global leidet die US-Fondsgesellschaft weiter unter Milliardenabflüssen - Hierzulande stützt das institutionelle Geschäft - Schwellenländer als Hoffnungsträger

In Deutschland ist die Wende geschafft

Dank treuer Profianleger hat es die deutsche Tochter der US-Fondsgesellschaft Franklin Templeton nach drei Jahren geschafft: Die Mittelabflüsse sind gestoppt. Die Hoffnungen ruhen nun auf Multi Asset und Schwellenländern.Von Silke Stoltenberg, FrankfurtNach drei Jahren mit Abflüssen kann sich die Deutschland-Tochter der US-Fondsgesellschaft Franklin Templeton Investments 2017 erstmals wieder über mehr Anlegergelder freuen. Der Aderlass im Privatkundengeschäft ist weitestgehend gestoppt. Dank eines Zustroms von institutionellen Mitteln verbleibe per Ende Oktober 2017 ein Nettomittelplus von 400 Mill. Euro, berichtet Reinhard Berben, Geschäftsführer der deutschen Tochter, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.Seit 2014 hatte sich der Abfluss der Mittel immer mehr beschleunigt und sich auf fast 2,5 Mrd. Euro kumuliert. Dank der Trendwende bei den Nettozuflüssen und vor allem dank florierender Märkte erholte sich nunmehr das verwaltete Vermögen wieder auf den Stand von vor drei Jahren auf 23,35 Mrd. Euro. Weltweit dagegen sieht die Situation bei Franklin Templeton weniger rosig aus, aber immerhin hat sich der Abfluss der Anlegergelder zuletzt verlangsamt.Seit 2014 hat die schon 1947 gegründete Gesellschaft weltweit mehr als 150 Mrd. Dollar eingebüßt, per Ende September 2017 belief sich das verwaltete Vermögen auf nur noch 753 Mrd. Dollar nach fast 900 Mrd. Dollar drei Jahre zuvor. Hintergrund sind unter anderem Missgriffe des Star-Fondsmanagers Michael Hasenstab in den Portfolien der großen Anleihefonds von Franklin Templeton. Ebenso gab es Probleme bei den großen Aktienprodukten des Hauses wie auch im Schwellenländerangebot. Ursächlich ist der Value-Ansatz des Hauses, der in den jetzigen Zeiten der boomenden Technologietitel mit der Performance deutlich hinterherhinkt, weil man bei diesem Ansatz auf unterbewertete Unternehmen setzt, deren Werte sich aber im derzeit boomenden Aktienumfeld nicht so stark entwickeln wie zu “normalen” Zeiten.”Wir bleiben dennoch unserem Ansatz treu, auch wenn wir deswegen mit unserer aktuellen Performance nicht die Lichter ausschießen, aber wenn es an den Aktienmärkten deutliche Korrekturen gibt, wird sich zeigen, welche Portfoliostrategie Erfolg hat”, zeigt sich Berben selbstbewusst. In der Rekordjagd an den Aktienmärkten der Vorjahre, die geprägt war durch massive Kursgewinne bei den großen Technologietiteln wie Facebook, Apple, Netflix und Google sowie auch stark angetrieben war durch den Zustrom der Anleger in Indexfonds, sei es erklärbar, warum der Value-Ansatz seines Hauses nicht habe funktionieren können. Stattdessen habe aktuell der Growth-Ansatz mehr Erfolg, der also auf Wachstumstitel setzt. Das sei bereits in der Zeit der Euphorie um die Technologietitel zur Jahrtausendwende der Fall gewesen. “Zeit der Stock Picker kommt”2017 sei der Growth-Zyklus noch intakt gewesen. Aber: “Schon in diesem Jahr wird der Aufwärtswind an den Börsen nachlassen und die Volatilität zunehmen, dann wird wieder die Zeit der Stock Picker kommen: In der Flut steigen alle Boote, in der Ebbe aber sieht man, wer nackt badet”, gibt sich Berben kämpferisch.Der Erfolg des institutionellen Geschäfts der vergangenen Monate fußte vor allem auf Angeboten rund um das Thema Schwellenländer, sowohl bei Renten als auch bei Aktien. Dies ist für die Gesellschaft umso erfreulicher, als dieser Bereich unter der zu zögerlichen Abnabelung vom früheren Schwellenländerguru und Star-Fondsmanager, Mark Mobius, der sich jetzt erst mit 81 Jahren endgültig in den Ruhestand verabschiedet, gelitten hat. Das neue Team, das seit einiger Zeit vom Chief Investment Officer Stephen Dover geleitet wird, mache sich aber nun langsam als Schwellenländer-Experten einen Namen, betont Berben.Als eine weitere Neuerung hat Franklin Templeton im Herbst 2017 nun auch in Europa Indexfonds eingeführt, um dem wachsenden Zuspruch der Anleger bei passiven Anlagelösungen ein Angebot bieten zu können. Diese sind eine Mischung aus aktiven und passiven Anlagestrategien, indem auf Faktorstrategien wie Volatilität oder Momentum gesetzt wird. Nachhaltigkeit ausbauenUnter den neuen ETF (Exchange Traded Funds) der Gesellschaft ist auch ein Angebot, das sich mit Nachhaltigkeit beschäftigt. In Kooperation mit dem Indexanbieter MSCI hat Franklin Templeton hierfür einen eigenen Index aufgesetzt und bildet diesen nun ab. Dies ist aber für Franklin Templeton erst der Anfang, was das Thema Nachhaltigkeit angeht, das sich zunehmender Beliebtheit bei den Fondsgesellschaften erfreut. In diesem Jahr soll es zwei aktiv gemanagte Produkte geben. Das eine soll das Thema Klimawandel im Zentrum haben, das andere Investments in soziale Infrastruktur, zum Beispiel Krankenhäuser.Insbesondere freut sich Berben darüber, dass im deutschen Retailbereich der Mittelabfluss beinahe zum Erliegen kam. Per Ende Oktober belief sich das Minus lediglich noch auf rund 19 Mill. Euro. Denn die Gelder der Privatanleger seien in jedem Fondsportfolio der eigentliche Motor.”Wenn sich in diesem Jahr die Rendite unserer Produkte im Aktienbereich und der Fonds von Hasenstab wieder normalisiert, sind wir zuversichtlich, dass auch das Geschäft mit Privatkunden wieder Zuflüsse bekommt”, so Berben, der seit 2004 Geschäftsführer der Deutschland-Tochter ist und seit Mitte 2010 zugleich die Verantwortung für Zentral- und Nordeuropa trägt.Insbesondere auf den Schwellenländerprodukten und den Multi-Asset-Angeboten ruhen die Hoffnungen für das neue Jahr. “Wenn 2018 die Volatilität an den Aktienmärkten zurückkommt, wird das Interesse an Multi-Asset-Fonds zunehmen”, prognostiziert Berben, der 2001 von Sal. Oppenheim zu Franklin Templeton wechselte. Auf 1,5 Mrd. Euro verwaltetes Vermögen hat es etwa der “Franklin Global Fundamental Strategies Fund” in Deutschland bereits gebracht. Dies ist allerdings im Vergleich zu den Flaggschifffonds – “Templeton Growth Fund” mit hierzulande 6,5 Mrd. Euro und “Templeton Global Bond Fund” mit 2,8 Mrd. Euro – trotz Abflüssen bei diesen Aushängeschildern immer noch wenig. Rückenwind durch Mifid IIIm Multi-Asset-Bereich ruhen die Hoffnungen auch weiterhin auf der Fondsreihe “Diversified” von Fondsmanager Matthias Hoppe. Dieser hat feste Ertrags- und Volatilitätsziele, vereint aber erst rund 220 Mill. Euro in seinen drei Produkten. Doch Berben erwartet durch die neue Regulierung im Vertrieb durch die seit Anfang 2018 geltende EU-Richtlinie Mifid II Rückenwind.”Wegen der Vorgaben durch Mifid II, die eine Geeignetheitsprüfung der Produkte für den jeweiligen Anleger vorschreibt, glauben wir, dass sich ein Produkt mit einer festen Schwankungsbandbreite gut verkaufen lässt”, so der 59-jährige Vater von zwei Söhnen. Denn die “Diversified”-Fonds hätten seit 2008 die Volatilitätsbänder eingehalten und damit ihre Risikobudgets. “Produkte mit limitierten Abwärtsrisiken wie die Diversified-Fonds lassen sich mit den neuen Aufklärungs- und Haftungsregeln im Vertrieb durch die Mifid II leichter platzieren”, glaubt Berben.Diese Hoffnung auf Wachstum im Multi-Asset-Segment war einer der Gründe, warum das Team weltweit auf 50 Personen aufgestockt wurde, darunter in Frankfurt Lutz Morjan als Senior Solutions Portfolio Manager EMEA (Europa, Naher Osten und Afrika). Auch insgesamt stieg die Zahl der Frankfurter Mitarbeiter von 139 auf 141. Im Multi-Asset-Bereich erhofft sich Berben zudem weiteres Geschäft als White-Label-Portfolioberater für Fonds anderer Anbieter wie von Versicherern.Klar ist aus Sicht von Berben aber auch, dass durch Mifid II der Wettkampf der Assetmanager bei den Vertriebsstellen härter wird. Die großen Vertriebsorganisationen hätten bereits ihr Fondsuniversum mit Blick auf die neue Richtlinie eingedampft, berichtet er. Denn die verschärfte Haftung wie auch der gestiegene Aufwand insgesamt bei der Dokumentation hätten dazu geführt, dass die Vertriebsstellen einige Assetmanager aussortiert hätten aus ihren Empfehlungslisten. Insgesamt aber ist Berben, trotz des enormen Umstellungsaufwands, den neuen Mifid-Regeln gegenüber positiv eingestellt wegen der sich bietenden Chancen für die “Diversified”-Fonds. Einfacher durch SteuerreformDamit fällt Berben durchaus aus der Reihe, war doch das Klagelied der Fondsbranche über die Mifid-Änderungen seit vielen Monaten nicht zu überhören. “Jammern hilft doch nicht, wir müssen damit umgehen. Der Umstellungsaufwand hat uns zwar allen wehgetan, aber jetzt können wir damit leben – in der Hoffnung, dass wir jetzt erst einmal Ruhe vor neuen Regulierungsvorhaben haben”, fügt er noch hinzu.Eher positiv gestimmt ist Berben auch – im Gegensatz zu vielen anderen Fondshäusern – mit Blick auf die Investmentsteuerreform. Natürlich sei es ein großer Umstellungsaufwand gewesen. “Aber wenn das alles jetzt so richtig anläuft, ist das allemal besser als das alte Regime, in dem es um Stückzinsen ging und ausschüttungsgleiche Erträge. Das neue Steuerregime ist da vergleichsweise einfach.”—– Personen Seite 12