In Österreich schießen Banken Eigentore
Als ob es nicht schon genug juristische Auseinandersetzungen im Finanzsektor gäbe. Nun überziehen sich auch noch die Hypo Alpe Adria und die BayernLB gegenseitig mit Gerichtsverfahren. Die Zeit der vagen Drohungen sei zu Ende – so entspannt und doch kämpferisch leitete Landesbanken-Chef Gerd Häusler seinen Vortrag zu den Forderungen der einstigen Tochter ein. Die Klagenfurter wollen gut 4 Mrd. Euro einklagen. Mit Blick auf die dürftige Anspruchsgrundlage dürfte aber eigentlich kein Gericht dieser Welt ein Verfahren in der Angelegenheit eröffnen.Denn was die Hypo Alpe da vorbringt, erscheint wirr und nicht zu Ende gedacht. Bei der Verstaatlichung für den symbolischen Euro vor drei Jahren hatte das Österreichische Finanzministerium alle Risiken für die Fortführung der Bank übernommen und dafür zwei Gegenleistungen erhalten: Die Bayern leisteten einen letztmaligen Eigenkapitalzuschuss von 825 Mill. Euro und beließen ein Darlehen zur Refinanzierung von gut 2 Mrd. Euro in der Bank. Im Vertragswerk wurden die Rückzahlungsbedingungen verbindlich festgelegt, sie sind auch Grundlage für den Entscheid im EU-Beihilfeverfahren.Doch in Wien hat man sich nun entschlossen, die Büchse der Pandora zu öffnen. Neben der Neuauflage solch einer unangenehmen EU-Prüfung droht der Hypo Alpe und ihren Wirtschaftsprüfern aber eine Flut von Investorenklagen, behaupten die Klagenfurter doch nun, dass ihre Bilanzen falsch sind. Das wiederum tun sie wohl, um ihre Bedürftigkeit zu demonstrieren: Schaut her, die Bank erfüllt die Mindestkapitalanforderungen nicht – und dann könne die Zahlung nach dem dortigen Eigenkapitalgesetz verweigert werden. Es ist erstaunlich, dass die österreichische Finanzaufsicht diesen Unsinn nicht unterbindet. Mit der Selbstanzeige zur Bilanzfälschung durch die Hypo Alpe wird en passant ja auch die Aufsicht desavouiert, hat sie doch all die Jahre die Hypo geprüft.Bemerkenswert ist auch, dass der im Hintergrund die Fäden ziehende Wolfgang Peschorn, Leiter der Finanzprokuratur, im Untersuchungssausschuss zum Untergang der Hypo Alpe im Sommer 2011 noch ausgesagt hatte, besagtes Eigenkapitalgesetz zur Wandlung von Liquidität in Kernkapital könnte nicht angewendet werden. Und nun die Kehrtwende.Da liegt der Verdacht nahe, dass mit dem Rückzahlungsstopp höhere politische Ziele verfolgt werden. Wien läuft Gefahr, seine Defizitziele zu reißen, wenn mehr als 2 Mrd. Euro für die Hypo-Rekapitalisierung die Schuldenquote in die Höhe treiben. Wer klagt, der kann sich immerhin Zeit kaufen – bis zur nächsten Katastrophe. Aber vorher, so das Kalkül, wird gewählt.