IM GESPRÄCH: THOMAS KRAUS

Indexfonds machen Invesco zu schaffen

Investoren schichten große US-Aktienmandate in passive Produkte um - Mittelabflüsse im Deutschlandgeschäft

Indexfonds machen Invesco zu schaffen

Die US-Fondsgesellschaft Invesco hat im vergangenen Jahr hierzulande einen leichten Rückschlag verkraften müssen. Der Grund: die zunehmende Konkurrenz für die Fondsgesellschaften bei den Produkten für die großen liquiden Aktienmärkte durch Indexfonds.Von Silke Stoltenberg, FrankfurtDie wachsende Konkurrenz der kostengünstigen Indexfonds setzt den Anbietern aktiver Investmentfonds immer stärker zu. Dies musste die Deutschlandtochter der US-Fondsgesellschaft Invesco im vergangenen Jahr am eigenen Leib erfahren. Da deutsche Investoren große Aktienmandate zu großen US-Unternehmen, die im Aktienindex S & P 500 versammelt sind, zurückgaben, gab es hierzulande Mittelabflüsse. Somit ging das verwaltete Vermögen im Vergleich zum Vorjahr von 16 auf 15 Mrd. Euro zurück, davon im institutionellen Geschäft von 11,5 auf 11 Mrd. Euro. “In den effizienten Märkten wie der S & P 500, der zudem noch einen hohe Technologielastigkeit vorweist, ist es als aktiver Fondsmanager schwer, erfolgreicher zu sein als die Konkurrenz der passiven Investmentfonds, daher haben deutsche institutionelle Kunden von uns in passive Mandate umgeschichtet”, sagt Thomas Kraus, Leiter Institutionelles Geschäft in Deutschland, Österreich und der Schweiz, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.Der 48-Jährige hat vorübergehend zu seiner Funktion auch die Leitung des deutschen institutionellen Geschäfts übernommen, nachdem Vorgänger Bruno Schmidt-Voss im vergangenen Oktober überraschend verstorben war (vgl. BZ vom 20.10.2017). “Die Position soll definitiv wiederbesetzt werden, denn dadurch, dass wir im Vergleich zu vielen ausländischen Wettbewerbern in Deutschland nicht nur als Vertriebsstelle aufgestellt sind, sondern auch Produkte managen, ist die Leitung des deutschen institutionellen Geschäfts für Invesco in Europa von herausragender Bedeutung”, so Kraus, der seit 2002 für die amerikanische Gesellschaft arbeitet und seit 2012 das institutionelle Geschäft in den drei deutschsprachigen Ländern verantwortet. Invesco managt von Deutschland aus quantitativ ausgerichtete Aktienstrategien sowie Immobilieninvestments. 245 Personen arbeiten für den Assetmanager in Deutschland und damit vergleichbar viel wie für eine mittelgroße deutsche Fondsgesellschaft. 2018 geht es wieder aufwärtsFür das institutionelle Geschäft sind in Deutschland sieben Personen zuständig sowie für Österreich und die Schweiz zusammen weitere sieben Mitarbeiter. “In diesem Jahr läuft das institutionelle Geschäft wieder gut”, berichtet Kraus. Es gebe wieder Mittelzuflüsse, und das Halbjahresziel bei den Gebühreneinnahmen sei bereits schon im Monat Mai erreicht worden. Genauere Zahlen veröffentlicht Invesco für seine Landestöchter nicht. Konzernweit waren die Assets under Management per Ende April auf rund 973 Mrd. Dollar gestiegen.Zuspruch der Investoren bekämen insbesondere die illiquiden Investments, die aufgrund ihrer Illiquidität höhere Renditen zum Ausgleich versprechen. Immobilien, vorrangig besicherte Unternehmenskredite (Senior Secured Loans) und komplexe Anleiheprodukte seien insbesondere gefragt. Allerdings schrumpfte das weltweit verwaltete Vermögen in Immobilien von 68 auf 66 Mrd. Dollar. Demgegenüber wuchs die globale Loan-Plattform von knapp 40 auf 43,7 Mrd. Dollar. Wie Kraus berichtet, wächst auch wieder das Interesse deutscher Profianleger an Mortgage Backed Securities (MBS), also hypothekenbesicherten Wertpapieren. Denn diese Produkte böten wegen ihrer komplizierten Struktur eine Komplexitätsprämie. Die MBS waren indes die Wertpapiere gewesen, die im Zentrum der Finanzkrise gestanden hatten, als sich herausstellte, dass wertlose Ramsch-Hypotheken mitverpackt worden waren. “Wir hatten in der Krise bei unseren MBS-Produkten keine Ausfälle, lediglich Bewertungsabschläge, weil wir diese Produkte selbst sehr gründlich und gewissenhaft prüfen”, versichert Kraus, der vor Invesco für die Bawag-Fondsgesellschaft, für GAM und die Erste Bank gearbeitet hat. Passend zu VerbindlichkeitenZudem stellt Invesco eine steigende Nachfrage deutscher Investoren nach US-Kommunanleihen (Municipal Bonds) fest, die durch ihre lange Laufzeit gut in die Struktur der langfristigen Verbindlichkeiten der deutschen Kunden passten. Zudem böten auch diese Papiere eine Komplexitätsprämie. Weiter gefragt sind auch die Produkte zum Management der strategischen Liquidität der Unternehmen, da sie Bankeneinlagen derzeit einen Negativzins von 0,4 % kosten. Produkte wie der “Euro Liquidity Portfolio”, der mehr als 2 Mrd. Euro verwaltet, setzen auf Sicherheit wie regelmäßige Erträge und kommen auf längere Sicht nach Darstellung von Kraus auf eine Rendite von 1 bis 1,5 % nach Kosten. Ursprünglich war dieser Fonds für das Liquiditätsmanagement von kirchlichen Institutionen und Stiftungen entwickelt worden. Ein wachsendes Interesse der Investoren verzeichnet Invesco wie alle anderen Assetmanager auch nach Investments, die nach ökologischen, ethischen und sozialen Kriterien als nachhaltig eingestuft werden. Weltweit wuchs das so klassifizierte Vermögen von Invesco binnen Jahresfrist um 12 % auf 57 Mrd. Dollar. Nur ein kleiner Teil davon, 2,6 Mrd. Euro, stammt aus Deutschland. Diese sind in quantitativen Aktienstrategien angelegt, deren faktorbasierter Ansatz auch ESG-Kriterien (Environment Social Governance) ermöglicht. Auch in Immobilienprodukten wie dem “Invesco Real Estate – European Fund” mit mehr als 3 Mrd. Dollar Assets under Management kommen solche Auswahlkriterien (etwa bei der Energieeffizienz der Häuser) zum Einsatz. Darüber hinaus gibt es den “Fonds für Stiftungen Invesco”. Der Kunde bestimmtDie Vorgaben, was exakt unter Nachhaltigkeit zu verstehen ist, kommen bei den ESG-Mandaten vom Kunden, so der zweifache Familienvater Kraus. Das Verständnis ist von Kunde zu Kunde unterschiedlich, unterscheidet sich aber auch zwischen deutschen Investoren und Investoren anderer Länder. So sehen Franzosen zum Beispiel Atomenergie gelassen, während Deutsche hier besonders kritisch sind. Genau das Fehlen einheitlicher Kriterien ist eines der Hintergründe, weswegen die Brüsseler EU-Kommission im Rahmen ihrer Nachhaltigkeitsinitiative für den Finanzsektor ein europaweit einheitliches Klassifikationsschema für nachhaltige Finanzanlagen entwickeln will (vgl. BZ vom 25. Mai).