Wirecard

Insiderverdacht bei der BaFin

Der Fall Wirecard treibt immer bizarrere Blüten. Wie die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) am Donnerstag mitteilte, hat ein Mitarbeiter der Wertpapieraufsicht einen Tag vor dem Bekanntwerden des 1,9-Milliarden-Lochs in der...

Insiderverdacht bei der BaFin

lee Frankfurt

Der Fall Wirecard treibt immer bizarrere Blüten. Wie die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) am Donnerstag mitteilte, hat ein Mitarbeiter der Wertpapieraufsicht einen Tag vor dem Bekanntwerden des 1,9-Milliarden-Lochs in der Bilanz des Zahlungsdienstleisters mit strukturierten Produkten auf Wirecard-Aktien gehandelt. Nachdem sie das entdeckt hatte, stellte die Behörde den Beschäftigten nach eigenen Angaben sofort frei, eröffnete ein Disziplinarverfahren und erstattete Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart.

Wie zu erfahren war, war der Verdächtige dienstlich nicht mit dem Fall Wirecard befasst. Da es sich um einen Beschäftigten des Frankfurter Standorts der Behörde handelte, an dem das Thema bearbeitet wurde, sei jedoch nicht auszuschließen, dass er Insiderinformationen aufgeschnappt hat und diese für verbotene Insidergeschäfte nutzte. Die BaFin hat einen zweiten Standort in Bonn.

Die Aufarbeitung des Wirecard-Skandals hat deutlich gemacht, dass der Verdächtige keineswegs der einzige BaFin-Beschäftigte war, der mit Wirecard-Aktien oder damit verbundenen Finanzinstrumenten Geschäfte getätigt hat. So meldeten insgesamt 85 BaFin-Mitarbeiter in der Zeit von Anfang 2018 bis zum 30. September nach Angaben des Bundesfinanzministeriums knapp 500 private Aktiengeschäfte mit Wirecard-Aktien. Davon seien 106 Transaktionen im Juni 2020 erfolgt, dem Monat, in dem Wirecard Insolvenz anmeldete. Auch mit verschiedenen Zertifikaten mit dem Basiswert Wirecard sowie weitgehend unregulierten Differenzkontrakten handelten die BaFin-Beschäftigten demnach.

Vor diesem Hintergrund hat die wegen der Versäumnisse im Fall Wirecard schwer unter Druck geratene Behörde in den vergangenen Wochen eine Sonderauswertung der Wirecard-Finanzgeschäfte ihrer Mitarbeiter durchgeführt. Erst bei der Untersuchung von insgesamt 510 Transaktionen wurde die Finanzaufsicht nach eigenen Angaben auf den Verdachtsfall aufmerksam, den sie nun zur Anzeige gebracht hat.

Der Beschäftigte hatte demnach am 17. Juni 2020 strukturierte Produkte mit dem Basiswert Wirecard verkauft, nachdem er dies regelkonform bei seinem Vorgesetzten gemeldet habe. Einen Tag später gestand Wirecard ein, dass über die Existenz von Bankguthaben auf Treuhandkonten in Höhe von insgesamt 1,9 Mrd. Euro keine ausreichenden Prüfungsnachweise zu erlangen waren.

Wie die BaFin in ihrer Mitteilung unterstrich, hat sie ihre Compliance-Regeln inzwischen verschärft. Seit Mitte Oktober dürfen ihre Mitarbeiter demnach keine spekulativen Finanzgeschäfte tätigen. Darunter versteht die Behörde das kurzfristige Handeln mit derivativen Finanzinstrumenten oder Aktien.

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