Institutionelle stürzen sich auf Kreditfonds
Von Thomas List, Frankfurt
Immobilienkreditfonds werden bei institutionellen Investoren immer beliebter. Sie sehen sich coronabedingt allerdings auch zunehmenden Problemen gegenüber. Das gilt zumindest für Nutzungsarten wie Einzelhandel – Lebensmittel ausgenommen – und Hotels. „Seit Ende Dezember, Anfang Januar steigt die Zahl der Insolvenzen täglich“, sagte Torsten Hollstein, Geschäftsführer von CR Investment Management, einem auf Immobilien spezialisierten Asset- und Investmentmanager, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. „Das sind unsere Mieter. Irgendwann werden wir das in der Immobilienwirtschaft merken.“ Dazu gehören beispielsweise Textil-Filialisten. Im Bürobereich werden große Nutzer wie Wirtschaftsprüfer ihre Flächenplanungen überdenken, sprich reduzieren. „Das macht den Markt aber auch wieder interessanter. Denn Risiko wird jetzt wieder unterschiedlich bepreist, anders als in einer Boomphase.“
Weiterhin normal laufen werden nach Hollsteins Einschätzung Wohnen-Kreditfonds, die bis zu 97% Kreditauslauf finanziert haben – zumindest jene, die sich auf normalpreisiges Wohnen konzentriert haben. Auf diese Nutzungsart dürfte auch der volumenmäßig größte Teil der Kreditfonds entfallen. „Am ehesten betroffen, vermutlich schon im Laufe des ersten Quartals 2021, werden einerseits Fonds sein, die sich auf Developments im Einzelhandel und von Hotels spezialisiert und bei den Beleihungsausläufen die Lücke zwischen 65% und etwa 90% ausgefüllt haben.“
Das sind nach Hollsteins Beobachtung häufig angelsächsische Assetmanager, die in riskantere Segmente – en vogue sind im Moment gerade Shoppingcenter – gehen wollten, um die höhere Rendite, die sie ihren Anlegern versprochen haben, auch erwirtschaften zu können. „Das sind 15 bis 20% inklusive Erfolgselementen wie Exit Fees, während deutsche Geldgeber, die in risikoärmere Segmente wie Wohnen investieren, 6 bis 8%, bei etwas riskanteren Investments inklusive Erfolgsbeteiligung etwas über 10% erwarten.“ Investiert werden von einzelnen Versicherern oder Versorgungswerken in einem Separate Account durchaus dreistellige Millionenbeträge. Bei Fonds sind es bei kleineren und mittelgroßen Adressen jeweils zwischen 20 und 50 Mill. Euro.
Konservative Konzepte
„Gesucht sind eher konservative, ausbalancierte Konzepte mit einer Erstrangkomponente oder gedeckelten Beleihungsausläufen“, beobachtet Manuel Köppel, Geschäftsführer des Immobilien-Assetmanagers BF Capital im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Neulinge auf dem Feld der Immobilienkreditfonds investierten im Moment auch in Dachfonds. Er betonte den Unterschied zwischen Finanzierungen durch Banken und Fonds. Kreditfonds würden häufig einen höheren Beleihungsauslauf bis 80 oder 85% akzeptieren, also in eine Tranche die Erstrangfinanzierung und einen Mezzanine-Teil packen. Solche Whole-Loan-Darlehen liegen bei BF Capital im Rahmen eines Mandats eines großen deutschen Versicherers oder auch des für mehrere institutionelle Investoren aufgelegten „BF Real Estate Debt Fund“ zwischen 10 und 30 Mill. Euro. „Unter 10 Mill. Euro lohnt sich die etwas aufwendigere Darlehensdokumentation nicht.“
Kreditfonds haben laut Köppel größere Spielräume bei der Bewertung. „So finanzieren wir Geschäftspläne und nicht nur reine Objekte.“ Ein Bürogebäude mit einem Jahr Restnutzungsdauer, das danach teilweise wohnwirtschaftlich genutzt werden soll, könne der Fonds auf dieses Ziel hin (höher) bewerten. „Eine Bank kann aufgrund der aufsichtsrechtlichen Vorschriften die Bewertung meist nur auf das Bürogebäude mit einem Jahr Restnutzungsdauer, also den Ist-Zustand, abstellen.“
Die Corona-Pandemie hat gerade bei Hotels zu großen Problemen geführt. Allerdings gelte es hier zu differenzieren, sagte Köppel. „Es kommt darauf an, in welcher Phase so etwas finanziert wurde. Ein Hotelprojekt, das wir in einer frühen Entwicklungsphase begleitet haben, konnte von Hotel in eine andere Nutzungsart umgeplant werden.“
Nachhaltigkeitsaspekte spielen für Köppel im Tagesgeschäft zwar noch keine Rolle. „Auf mittlere Sicht wird das aber ganz anders sein.“ Die komplette Immobilienbranche beschäftige sich damit. „Unsere Investoren sind ausschließlich Institutionelle, die je nach Größe von der ESG-Regulierung betroffen sind. Mit diesen Anforderungen werden wir konfrontiert, weil wir mit institutionellem Geld arbeiten. Deshalb befassen wir uns damit, befinden uns aber erst am Anfang des Weges.“
Zusammenspiel knirscht
Da viele dieser Fonds noch keine Krise erlebt hätten, dürfte es im Zusammenspiel zwischen Erstrang- und Nachrangfinanzierern knirschen. „Bei einer Insolvenz des Mieters beziehungsweise Kreditnehmers wendet sich der Kreditfonds, da eigenkapitalnah, häufig zuerst an den Eigenkapitalgeber und geht auf dessen Alternativplan – Umbau, Restrukturierung – ein“, beobachtet Hollstein. „Er will das Problem des Kreditnehmers lösen helfen, um ihn am Leben zu erhalten, kann aus den ergriffenen Maßnahmen aber auch noch Provisionen erwirtschaften.“ Die Bank hingegen werde auf die Verwertung der Immobilie drängen. „Da müssen die Kreditfonds umdenken. Denn sie sind auch Finanzierer und nicht Eigenkapitalgeber. Deshalb sollten sie zur Wertstabilisierung schnell, früh im Zyklus, verwerten, sprich das Objekt verkaufen“, empfiehlt Hollstein.