SERIE: BANKEN IM DIGITALEN WANDEL (10)

IT-Marathon bringt KfW an Grenzen

Großprojekte sollen Förderbank stärker machen - 80 000 Personenarbeitstage im Jahr

IT-Marathon bringt KfW an Grenzen

Von Jan Schrader, FrankfurtAm Ende zählen Zahlen: Auf 500 Mill. Euro taxierte die KfW die Modernisierung der Bank, gestreckt über mehrere Jahre. Bereits im Februar 2012 skizzierte KfW-Chef Ulrich Schröder dieses Sportprogramm, das der Förderriese über mehrere Jahre absolvieren muss. Verordnet hat sich die von Bund und Ländern getragene Bank dabei unter anderem, die Geschäftsprozesse zu verbessern, die IT-Systeme zu vereinheitlichen und die KfW auf das Kreditwesengesetz (KWG) vorzubereiten, das ab 2016 in vielen Punkten auch für die Förderbank gilt.Dreieinhalb Jahre später steckt die Anstalt des öffentlichen Rechts mitten im Umbau. Besonders stolz zeigt sich das Institut über das Projekt “Bankdurchleitung Online 2.0” (BDO). Kreditkunden, die über eine gewöhnliche Bank oder Sparkasse ihre Förderdarlehen beziehen, sollen nicht auf eine Zusage durch die KfW warten müssen. Die Kreditzusage verläuft heute oft noch nach dem alten Verfahren, bei dem ein Antrag mit der Post oder auch elektronisch eingereicht wird, eine automatische Antwort aber nicht direkt gegeben werden kann. Das Cappuccino-ProjektIn der Baufinanzierung ist die KfW schon einen Schritt weiter. Mittlerweile können Kunden der Postbank, Commerzbank und Deutschen Bank im Beratungsgespräch binnen Minuten eine Zusage der KfW erhalten. Seit Juli sind auch die ING-DiBa und Sparkassen über die LBBW mit im Boot. Bis zum Jahresende sollen weitere Sparkassen über verschiedene Landesbanken und die genossenschaftlichen Banken über ihre Zentralinstitute DZ Bank und WGZ Bank folgen. Der Zeitplan hat sich etwas verschoben, denn ursprünglich sollten Sparkassen und Kreditgenossen bereits “ab dem ersten Halbjahr” dazustoßen. Im Herbst klinken sich auch Plattformen wie Europace ein.Werbewirksam spricht die KfW von einem “Cappuccino-Effekt”. Im Zeitalter der Digitalisierung braucht ein freundlicher Bankberater seinem Kunden also nur ein koffeinhaltiges Heißgetränk servieren, um die kurze Zeit bis zur Kreditzusage durch die KfW zu überbrücken. Neben der Förderbank muss aber auch noch die Hausbank des Kunden grünes Licht geben, denn sie übernimmt das Kreditausfallrisiko.Die schnellen Zusagen gelten bislang für Privatkunden, die sich über die KfW-Programmgruppen “Energieeffizient Bauen und Sanieren”, “Wohnungseigentum” und “Altersgerecht umbauen” mit Förderdarlehen eindecken. Ab Mitte 2016 sollen nach und nach die Programme für Gründer und mittelständische Unternehmen folgen. Manch einer dürfte sich fragen, warum die flotte Zusage noch nicht überall möglich ist. Die Kooperation mit vielen Partnern sei aufwendig, sagt Jörg Hebbering, der als Direktor für Kundenkommunikation verantwortlich ist. Bei großen Partnern aus der Kreditwirtschaft müsse etwa eine andere Lösung gefunden werden als bei kleinen Akteuren. Auch seien Budgets in der Bankenwelt knapp, denn IT-Projekte im Privatkundengeschäft stehen in Konkurrenz zu den Vorhaben, die auf Geheiß der Aufseher umgesetzt werden müssten. Darüber hinaus stellt die KfW für das Digitalisierungsprojekt auch die Kreditprogramme auf den Prüfstand. In der Programmgruppe “Energieeffizient Bauen und Sanieren” etwa kam es darauf an, das Okay der Energieberater, die das Vorhaben wie etwa eine Hausdämmung abnehmen, auch für die Bankberater einsehbar zu machen.Durch die Standardisierung der Kreditvergabe entfallen bei der KfW in dem Bereich im Laufe mehrerer Jahre rund 300 Stellen, wie KfW-Chef Schröder im Februar 2014 erklärte. Betriebsbedingte Kündigungen werde es nicht geben. Daran hält die Bank weiter fest, denn die Mitarbeiter können für andere Aufgaben eingesetzt werden.Der zweite große Treiber der Modernisierung der KfW sind die Prozesse im Haus. Immer komplexer werden die Aufgaben, immer altbackener wirken selbstentwickelte Prozesse. Andreas Fichelscher, Leiter des Bereichs Informationstechnologie, skizziert vier wesentliche Aufgaben, vor denen die KfW steht. Beim Rechnungswesen stellt die Förderbank erstens auf Standardsoftware aus dem Hause SAP um und mustert Programme der Marke Eigenbau aus. Damit hängt zweitens in der Bilanzierung auch eine neue Methode bei der Berechnung von Kreditrisiken zusammen. Künftig müssen etwa erwartete Verluste für den Kreditbestand (Lifetime Expected Losses) kalkuliert werden und nicht nur tatsächlich eingetretene Verluste. Auch stellt die KfW drittens die Berechnung ihrer Marktpreisrisiken auf neue Füße.Viertens baut die KfW ihr Meldewesen aus, worunter ein bunter Strauß an neuen Vorschriften fällt, wie Fichelscher sagt. Andere Banken sind der KfW bereits voraus. “Wir müssen einen besonders großen Schritt machen, weil wir aus der weniger regulierten KfW-Welt kommen.” Die Kreditanstalt gilt per Gesetz nicht als gewöhnliche Bank, doch dieses Privileg büßt sie nun mit der weitgehenden Anwendung des Kreditwesengesetzes (KWG) ein, was sich eben auch im Meldewesen bemerkbar macht. Allerdings hat die Tochter Ipex-Bank, die im KfW-Konzern die Export- und Projektfinanzierung betreut und wie eine Geschäftsbank agiert, ein breit aufgestelltes Meldewesen. Davon kann sich die Konzernmutter einiges abschauen. Nicht immer im PlanOb die KfW die Kostenvorgabe von 500 Mill. Euro tatsächlich halten wird? Die Zielgröße stimme ungefähr, sagt Fichelscher. Die genaue Zuordnung von Kosten zu den Projekten sei aber schwierig. Heute rechne die KfW mit bis zu 150 Mill. Euro im Jahr für die Modernisierung, wovon aber, wie schon bei der Vorgabe von 500 Mill. Euro der Fall, nicht allein die IT-Systeme betroffen sind.Ärger mit ihren Vorhaben hat die KfW schon erlebt. Im vergangenen Jahr hieß es in Medienberichten, dass die Kosten vieler Projekte aus dem Ruder liefen. Im Herbst 2014 wurde der geplante Weggang von Vorstandsmitglied Edeltraud Leibrock Ende September dieses Jahres bekannt. Als Kritik an der IT-Expertin lassen sich auch die Worte von KfW-Chef Schröder deuten – und zugleich als Eingeständnis, dass tatsächlich vieles nicht reibungslos lief in der Zentrale am Frankfurter Palmengarten. “Ich glaube, dass wir die Governance der Projekte deutlich stabiler aufgestellt haben, als das bis Mitte des letzten Jahres der Fall war”, sagte er zur Bilanzpressekonferenz im April. “Auch das Erreichen von Milestones, das Einhalten von Budgetvorgaben, ist inzwischen in einem deutlich entspannteren Bereich.”Entspannt geht es bei der KfW aber mitnichten zu, wie Vorstandsmitglied Bernd Loewen deutlich machte. Auf mittelfristig bis zu 80 000 Personenarbeitstage pro Jahr beziffert er den Aufwand für die Modernisierungsvorhaben – das entspricht rund 400 Vollzeitstellen, eine Menge Hirnschmalz also bei einer Bank mit rund 5 500 Mitarbeitern. Die interne und externe fachliche Unterstützung kommt noch hinzu. Die Kosten der Bank sollen aber jährlich um maximal 3 % wachsen, wie das Programm “Omega” vorschreibt – noch eine Zielgröße also. Kein leichter Lauf für die KfW.—-Zuletzt erschienen:- Fintechs sind für Banken eine große Chance (28. August)- Vermögensverwalter stehen vor Umbruch (27. August)