Julius Bär will behutsamer wachsen
Der neue Verwaltungsratspräsident von Julius Bär, Romeo Lacher, setzt ein Signal: Seit Monatsbeginn nimmt das Haus keine Risikokunden aus besonders korruptionsgefährdeten Ländern mehr an.dz Zürich – Julius Bär nimmt seit Monatsanfang keine neuen Risikokunden aus besonders korruptionsgefährdeten Ländern mehr an. Eine Sprecherin der Zürcher Vermögensverwaltungsbank hat die Information gestern auf Anfrage bestätigt. Konkret zieht Julius Bär den Strich bei jenen Ländern, die im aktuellen Korruptionsindex von “Transparancy International” im untersten Viertel rangieren. Es handelt sich um 48 Länder, darunter befinden sich so große Staaten wie Bolivien, Nigeria oder Iran. Auch die zentralasiatischen Länder Tadschikistan, Kirgistan und Turkmenistan sowie der erdölreiche Staat Aserbaidschan, mit denen die Schweiz im Internationalen Währungsfonds (IWF) eine Stimmrechtsgruppe bildet, liegen unterhalb des Trennstriches. Dasselbe gilt für verschiedene afrikanische Staaten wie Kamerun, deren Präsident Paul Biya mit langen und kostspieligen Langzeitaufenthalten im Genfer Hotel Intercontinental jüngst für Schlagzeilen sorgte.Unter Risikokunden versteht Julius Bär Personen in besonderer Stellung. Es handelt sich typischerweise um politisch exponierte Personen. Für diese Personengruppe führen die Überwachungsbehörden weltweit zwar einschlägige Listen, die von den Banken üblicherweise auch beachtet werden. Aber die Listen sind meist unvollständig und im Urteil von Fachleuten für eine wirkungsvolle Geldwäscherei-Prävention nicht ausreichend.Die prominentesten Vertreter in dem von Julius Bär definierten im Hochrisikofeld sind Mexiko und Russland. Für diese beiden Länder, die auch im internationalen Vergleich als wirtschaftliche Schwergewichte gelten, macht Julius Bär eine Ausnahme von der Regel. So betreibt die Bank in Moskau seit Jahren eine Repräsentanz, die im Dezember sogar in ein Investment Advisory Office aufgewertet wurde. Eine Ausnahme gilt auch für den Libanon, wo Julius Bär über eine eigene Niederlassung Finanzdienstleistungen für die lokale Kundschaft erbringt. In Mexiko hat Julius Bär im März die Übernahme einer Mehrheitsbeteiligung von 70 % am lokalen Vermögensverwalter NSC Asesores bekannt gegeben. Die Gruppe betreut in der zweitgrößten Volkswirtschaft Lateinamerikas Kundenvermögen im Gesamtwert von 3,5 Mrd. Dollar. Mexiko und Russland gelten bei Julius Bär als Kernmärkte.In den von der neuen Regel ausgenommenen Ländern verfüge man über “profunde Kenntnis” der bestehenden und auch der potenziellen Klientel. Die Bank habe sich auf diese Märkte spezialisiert, heißt es bei Bär. Zur Wirkung der Maßnahme auf das Kundengeldwachstum macht die Bank keine Angaben. Auch lässt sie offen, wie viele bestehende Kunden unter dem neuen Regime hinauskomplimentiert werden könnten. Diese würden nun “systematisch überprüft”.Der Schritt kommt zu einem Zeitpunkt, in dem Julius Bär Mühe hat, die eigenen Wachstumsvorgaben zu erfüllen. Das Ziel eines Neugeldwachstums von 4 bis 6 % jährlich wurde zuletzt verfehlt. Bei kurzfristig orientierten Investoren, die auf eine rasche Zunahme der Kundengelder spekulieren, gewinnt der neue Verwaltungsratspräsident Romeo Lacher mit einer vorsichtigeren Wachstumspolitik kaum neue Freunde. Längerfristig ist die Strategieänderung aber ein Gebot der Vernunft. Aufräumarbeiten nach einer wilden Expansion haben die Bank viel Geld gekostet und die Risiken erhöht.