Kein schneller Deal bei Credit Suisse
Von Daniel Zulauf, Zürich
Ausländische Banken und Finanzkonzerne stehen Schlange, um sich Teile der schlingernden Credit Suisse einzuverleiben. Begehrt ist ausgerechnet das Assetmanagement, also jenes Geschäft, mit dem die Großbank im März tief in den Sumpf des inzwischen insolventen britisch-australischen Lieferkettenfinanzierers Greensill geraten ist.
In den vergangenen Tagen fiel in Marktkreisen so ziemlich jeder große Name aus der globalen Fondsindustrie als Kaufinteressent. Angefangen beim amerikanischen Marktführer BlackRock über die DWS, die Fondstochter der Deutschen Bank, bis hin zu Pegasus Europe, eine eben erst gegründete Mantelfirma des früheren Unicredit-Chefs Jean-Pierre Mustier, der seine Special Purpose Acquisition Company mit Hilfe des Fondsgeschäfts der 165-jährigen Schweizer Traditionsbank an der Börse profilieren möchte.
Eine Bestätigung dieser Informationen ist am Zürcher Paradeplatz freilich nicht zu bekommen. Dort sitzt vielmehr ein Sprecher mit dem Auftrag, die Spekulationen abzukühlen: „Die Credit Suisse hat keine Pläne, ihr Assetmanagement-Geschäft oder Teile davon zu verkaufen“, sagt er auf Anfrage. Schon in der Mitte März kommunizierten Neuorganisation, die das Assetmanagement wieder zu einer separaten Konzerndivision aufwerten will, habe man die „strategische Bedeutung des Geschäfts für die Bank und ihre Kunden“ unterstrichen, fügt der Sprecher an.
Die Größe zählt
Doch vom Tisch ist die Verkaufsoption damit noch lange nicht. „Das Assetmanagement ist zwar ein klares Wachstumsgeschäft, aber die Größe ist ein extrem wichtiger Wettbewerbsfaktor, der auch laufend an Bedeutung gewinnt“, sagt ein Branchenkenner im Schweizer Markt. Bei der Credit Suisse geht die Entwicklung seit Jahren in die falsche Richtung. 2007 betrugen die vom Assetmanagement verwalteten Vermögen noch knapp 600 Mrd. sfr, Ende 2020 waren es nur mehr 440 Mrd. sfr. „Wäre ich ein ausländischer Fondsanbieter, würde ich alles tun, die Chance zum Kauf der Assetmanagement-Sparte der Credit Suisse zu nutzen“, sagt der Marktbeobachter.
Die Aussage erstaunt, angesichts der schwachen Langfristperformance und der beiden kolossalen Debakel, mit denen sich die Bank innerhalb weniger Wochen zum Gespött der ganzen Branche gemacht hat. Doch das Geschäft der Schweizer Banken bleibt für ausländische Konkurrenten ein Objekt der Begierde. Das hat mit dem Umstand zu tun, dass die Schweizer Institute so viele Reiche und Ultrareiche aus aller Welt zu ihren Kunden zählen. „Der direkte Zugang zu einem global führenden Vermögensverwalter wie die Credit Suisse ist für jeden Assetmanager äußerst attraktiv“, erklärt der Branchenkenner.
Credit Suisse Assetmanagement verkauft rund 45% der selbst entwickelten und verwalteten Fonds an gut betuchte Vermögensverwaltungskunden im eigenen Konzern. Das ist ein extrem potenter und lukrativer Vertriebskanal, den sich ein Käufer mit geeigneten vertraglichen Abmachungen offenhalten kann. So ist auch der hohe Preis von rund 4 Mrd. Dollar zu erklären, den Marktbeobachter dem Fondshaus der Credit Suisse bereits zuschreiben.
„Einen solchen Betrag hätte ich selbst auch genannt“, sagt der Schweizer Branchenfachmann mit langer Großbankenerfahrung. „Ein richtig betriebenes Assetmanagement bringt stabile Erträge und Wachstum – vorausgesetzt, man kommt mit dem ständigen Kostendruck zurecht.“
Genau das benötigt die Credit Suisse in der gegenwärtigen Krise dringender denn je. Trotzdem könnte sie sich gezwungen sehen, ein weiteres Stück ihres Tafelsilbers zu veräußern. Die Bank verfügt zwar immer noch über genügend Kapital, um weitermachen zu können, ohne die Aktionäre erneut zur Kasse zu bitten. Doch mit einem weiteren Unfall à la Archegos oder Greensill wäre eine Kapitalerhöhung wohl unumgänglich.
Mit anderen Worten: Die Risikotragfähigkeit der Credit Suisse ist durch die beiden Pleiten so stark eingeschränkt, dass der Konzern das Wachstum drosseln muss. Das kann für die Aktionäre ebenso frustrierend werden wie der Zwang, weiteres Geld einzuschießen.