Einkaufsmanagerindex

Dienstleister treiben Euro-Wirtschaft an

Im April kehrt Frühlingsstimmung in die Euro-Wirtschaft ein: Der Einkaufsmanagerindex legt unerwartet kräftig zu. Allerdings nur wegen des guten Geschäfts der Dienstleister, denn die Industrie erleidet einen Rückschlag. Unter den Ländern sticht indes Deutschland hervor, das erstmals seit zehn Monaten wächst.

Dienstleister treiben Euro-Wirtschaft an

Dienstleister ziehen Euro-Wirtschaft

Einkaufsmanagerindex signalisiert Erholung – Industrie verharrt in Krise – Deutschland übersteigt Wachstumsschwelle

Im April kehrt Frühlingsstimmung in die Euro-Wirtschaft ein: Der Einkaufsmanagerindex legt unerwartet kräftig zu. Allerdings nur wegen des guten Geschäfts der Dienstleister, denn die Industrie erleidet einen Rückschlag. Unter den Ländern sticht indes Deutschland hervor, das erstmals seit zehn Monaten wächst.

ba Frankfurt

Die Wirtschaft im Euroraum nimmt im April Fahrt auf: Dank der besseren Geschäfte der Dienstleister ist sie so stark gewachsen wie seit fast einem Jahr nicht mehr. Zudem ist auch die größte Euro-Volkswirtschaft, Deutschland, auf den Wachstumskurs eingeschwenkt. Ökonomen erwarten daher, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) nicht nur im ersten Quartal leicht zugelegt hat, sondern dass sich die Erholung auch fortsetzt. Im dritten und vierten Quartal 2023 schrumpfte das BIP noch um je 0,1% im Quartalsvergleich, wie die jüngste Revision von Eurostat ergab. Für eine kräftigere Konjunkturdynamik müsste sich allerdings der Welthandel stärker erholen und die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen senken – Letzteres wird für Juni erwartet.

„Guter Start ins zweite Quartal“

Der Industrie und Dienstleister zusammenfassende Einkaufsmanagerindex (PMI) Composite für den Euroraum kletterte vorläufigen Daten zufolge im April um 1,1 auf 51,4 Punkte, wie der Finanzdienstleister S&P Global mitteilte. Dies ist nicht nur nach neun Monaten des Rückgangs der zweite Anstieg in Folge, sondern auch der höchste Wert seit Mai vergangenen Jahres. Ökonomen hatten mit einem etwas geringeren Zuwachs auf 50,7 Zähler gerechnet. Mit Werten über 50 Zählern signalisiert das Stimmungsbarometer Wachstum. „Die Eurozone hat einen guten Start ins zweite Quartal hingelegt“, kommentiert Cyrus de la Rubia, Chefökonom des S&P-Partners Hamburg Commercial Bank. Er rechnet mit einem Wirtschaftswachstum von je 0,3% in den ersten beiden Quartalen des laufenden Jahres. Das europäische Statistikamt Eurostat veröffentlicht am kommenden Dienstag die erste Schnellmeldung zur konjunkturellen Entwicklung im Startabschnitt.

Ausschlaggebend für das unerwartet starke PMI-Plus war der Dienstleistungssektor, „in dem die Aktivität weiter an Fahrt gewonnen hat“. Der entsprechende Indikator legte um 1,4 auf 52,9 Punkte zu. Die Prognose lag hier bei 51,8 Zählern. Die Dienstleister profitieren von der schwindenden Inflation und den steigenden Löhnen, die den privaten Haushalten mehr Kaufkraft lassen. Das Verbrauchervertrauen erholt sich allerdings nur langsam.

Zu viele Bremsfaktoren

Gebremst hat die PMI-Entwicklung hingegen das unerwartet schwache Abschneiden der Industrie. Der Teilindex für das verarbeitende Gewerbe fiel von 46,1 auf 45,6 Punkte. Ökonomen hatten jedoch einen neuen Zählerstand von 46,5 auf dem Zettel. „Die Hoffnungen auf eine Stabilisierung der Lage in der Industrie haben damit einmal mehr einen Dämpfer erhalten“, kommentierte Commerzbank-Ökonom Christoph Weil. Das Beste, das man über die Euro-Industrie sagen könne, sei, „dass im April die Produktion mit der langsamsten Rate seit einem Jahr gesunken ist und dass der Beschäftigungsabbau etwas nachgelassen hat“, urteilt de la Rubia.

Ansonsten bleibe das Bild recht trübe – Neugeschäft und Auftragsbestände würden weiter rasant sinken, die Nachfrageschwäche offenbare sich auch in der erneut kräftig sinkenden Menge an eingekauften Vormaterialien und der fehlenden Wende im Lagerzyklus. Dem Sektor würden strukturelle Gründe zusetzen: „Unter anderem dürfte hier China verantwortlich zeichnen, dessen Unternehmen mehr und mehr zu einem Konkurrenten für die hiesigen Hersteller werden, auch und besonders bei Hightech-Produkten.“ Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank, benennt weitere Bremsfaktoren: „Die geopolitischen Unsicherheiten, der in Europa schwierige Umstieg auf die Elektromobilität und die hohen Zinsen lasten auf der Investitionstätigkeit.“

Frankreich kratzt an der Wachstumsschwelle

Der Blick auf die Länder zeigt, dass das derzeit angesichts seiner Wachstumsschwäche gescholtene Deutschland für den Auftrieb gesorgt hat. Der PMI Composite für die größte Euro-Volkswirtschaft legte um 1,8 auf 50,5 Punkte zu und überstieg damit erstmals seit zehn Monaten wieder die Wachstumsschwelle. „Die deutsche Wirtschaft zeigt Frühlingsgefühle“, kommentierte dies Robin Winkler, Chefvolkswirt für Deutschland der Deutschen Bank. „Und es ist klar, wer die Herzen höher schlagen lässt: der Dienstleistungssektor.“ Aber auch der Industrie-Index legte leicht zu. Frankreichs PMI Composite stieg getrieben vom Servicesektor um 1,6 auf 49,9 Zähler. In den übrigen von der Umfrage erfassten Ländern, für die es keine Vorabschätzung gibt, dürfte es indes abwärts gegangen sein.

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