Strukturelle und konjunkturelle Probleme

Die erhoffte Konsumwende bleibt vorerst aus

Der Konsum gilt eigentlich als Triebfeder der deutschen Konjunktur. Neue Zahlen wecken Zweifel, ob dies in diesem Jahr der Fall sein wird. Und auch darüber hinaus sind die Aussichten für die deutsche Wirtschaft eher trübe.

Die erhoffte Konsumwende bleibt vorerst aus

Die erhoffte Konsumwende bleibt vorerst aus

Einzelhandelsumsätze brechen unerwartet ein – Wachstumshoffnungen verpuffen

mpi Frankfurt

Viel Hoffnung ruht bei Ökonomen auf dem privaten Konsum. Eine steigende Kaufkraft durch deutliche Lohnerhöhungen und eine weiter nachlassende Inflation sollte die schwächelnde deutsche Wirtschaft ab der zweiten Jahreshälfte wieder stärken, so die Projektionen. Die neuesten Umsatzzahlen des deutschen Einzelhandels wecken Zweifel an diesem Szenario.

Inflationsbereinigt (real) sanken die Umsätze gegenüber dem Vormonat um 1,9%. Der vierte Rückgang in Folge kam für Ökonomen völlig unerwartet. Sie hatten im Schnitt eine leichte Zunahme prognostiziert. Zudem ist es der größte Rückgang seit Oktober 2022. Beim Blick auf die Jahresrate fällt die Bilanz sogar noch düsterer aus. Hier schlägt real ein Minus von 2,7% zu Buche – dreimal so hoch wie vorhergesagt. „Das ist eine kalte Dusche für jegliche Konsumhoffnungen“, ordnet Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank, die Umsatzzahlen ein.

Strukturelle Probleme

Hoffnung könnte machen, dass einigen Verbrauchern noch kräftige Lohnerhöhungen ins Haus stehen, die den Konsum wieder ankurbeln könnten. Doch sicher ist das nicht. Angesichts der „geopolitischen, aber auch innenpolitischen Unsicherheiten sowie der allmählichen Wende am Arbeitsmarkt ist die Wahrscheinlichkeit jedoch hoch, dass sich deutsche Verbraucher eher für das Vorsorgesparen entscheiden“, meint ING-Chefökonom Carsten Brzeski.

Die deutsche Wirtschaft muss zudem einige strukturelle Herausforderungen bewältigen. Der demografische Wandel am Arbeitsmarkt, Rückstand bei der Digitalisierung, eine zu geringe Produktivität und fehlende Investitionen sind ein Auszug aus der langen Liste der Baustellen. Diese strukturellen Probleme gepaart mit der mauen Konjunktur führen daher dazu, dass Deutschland in diesem Jahr wohl höchstens stagnieren dürfte.

Zarte Lichtblicke

Auch am insgesamt weiter robusten Arbeitsmarkt geht die schwache Konjunktur nicht mehr spurlos vorbei. Die übliche Frühjahrsbelebung fällt in diesem Jahr schwach aus, räumt die Bundesagentur für Arbeit (BA) enttäuscht ein. Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung sind höher als um diese Jahreszeit üblich, meldete die BA am Donnerstag.

Doch es gibt auch zarte Lichtblicke für die deutsche Wirtschaft. Die anstehende Zinswende der Europäischen Zentralbank dürfte die Konjunktur wieder etwas ankurbeln und auch den Spielraum für dringend benötigte Investitionen erhöhen. Die erwartete Lockerung der Geldpolitik wirft bereits ihre Schatten voraus. Wie aus EZB-Daten vom Donnerstag hervorgeht, erholt sich die Kreditvergabe im Euroraum langsam – vor allem die an Unternehmen.

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