Im GesprächAlexander Wüerst und Thomas Pennartz, Kreissparkasse Köln

Kreissparkasse Köln appelliert an Investitionsbereitschaft in der Gruppe

Zum Jahreswechsel kommt es an der Spitze der Kreissparkasse Köln nach 20 Jahren zu einem Wechsel. Doch auch für den designierten Vorstandschef Thomas Pennartz bleiben die Herausforderung die Gleichen: mit den rasanten Veränderungen Schritt halten.

Kreissparkasse Köln appelliert an Investitionsbereitschaft in der Gruppe

Im Gespräch: Alexander Wüerst und Thomas Pennartz

„Frontalangriff auf unser klassisches Geschäftsmodell“

Kreissparkasse Köln appelliert an Investitionsbereitschaft in der Gruppe – Kleinbankenregime wird für Großsparkassen zur Herausforderung

Von Annette Becker, Köln

Mit dem Vorstandwechsel an der Spitze schlägt die Kreissparkasse Köln im kommenden Jahr ein neues Kapitel auf. An den Herausforderungen hat sich jedoch wenig geändert, außer dass die Geschwindigkeit der Veränderungen zunimmt. Der alte und der neue Chef der größten kommunalen Sparkasse erläutern im Gespräch, warum das Kleinbankenregime zur Herausforderung für die Gruppe wird und warum es in der Transformationsfinanzierung stockt.

Zweimal umgedreht und schon sind 20 Jahre vorbei. Ganz so wird es sich für Alexander Wüerst natürlich nicht anfühlen, wenn er Ende des Jahres als Vorstandsvorsitzender der Kreissparkasse (KSK) Köln abtritt. Immerhin hat der 64-Jährige sein gesamtes Berufsleben bei der größten kommunalen Sparkasse der Republik verbracht. Über Langeweile konnte er sich dabei nicht beklagen. „Für mich ist das Bemerkenswerteste, dass es die Sparkassen trotz der gigantischen Veränderungen – Stichwort: Digitalisierung – immer noch gibt", sagt Wüerst im Gespräch der Börsen-Zeitung. "Das war und ist ja ein Frontalangriff auf unser klassisches Geschäftsmodell.“

Designierter Nachfolger erwartet keinem Spaziergang

Tatsache ist aber auch, dass sich das Rad weiterdreht und dabei Geschwindigkeit aufnimmt. „Die größte Herausforderung wird auch in der Zukunft sein, mit den Veränderungen Schritt zu halten. Dafür haben wir gute Voraussetzungen geschaffen“, ist Thomas Pennartz, Wüersts designierter Nachfolger an der Vorstandsspitze, überzeugt. Ein Spaziergang wird es gleichwohl nicht, auch wenn der 60-Jährige hervorhebt, dass die Sparkasse im Gegensatz zu manchem Wettbewerber auf allen Kanälen – ob online, telefonisch oder stationär – unterwegs ist.

Die Qualität sei kanalübergreifend gut, doch an der ein oder anderen Stelle gebe es durchaus noch Potenzial: „Heute sind unsere Wettbewerber nicht mehr die klassischen Banken aus Deutschland und Europa. Die Wettbewerber kommen aus der ganzen Welt und sind häufig nicht einmal mehr Banken. Hier müssen wir uns bewegen“, fordert er.

Kleinbankenregime als Herausforderung

Pennartz geht es dabei vor allem um Investitionen innerhalb der Finanzgruppe. Dass die Kreissparkasse angesichts ihrer Größe individuell noch etwas draufsetzen muss, steht für den einstigen Geschäftsführer des Rheinischen Sparkassen- und Giroverbands (RSGV) außer Frage. Doch das Grundgerüst muss aus der Gruppe kommen. „Es könnte allenfalls dann schwierig werden, die Herausforderung zu bewältigen, wenn wir keine Investitionsbereitschaft mitbringen. Das sehe ich jedoch nicht“, sagt Pennartz.

Ein weiterer Aspekt, der sich für die Finanzgruppe als Herausforderung am Horizont abzeichnet, ist das von der Bankaufsicht angedachte Kleinbankenregime. In einem gemeinsamen Papier haben BaFin und Bundesbank drastische Vereinfachung der regulatorischen Vorgaben für Institute mit einer Bilanzsumme von weniger als 10 Mrd. Euro und risikoarmen Geschäftsmodellen vor. Die Gefahr dabei: Die Teilung der Gruppe in kleine und große Institute. „Die Herausforderung ist der Umgang mit der neuen Regulatorik. Die hierfür notwendigen Veränderungen in allen genutzten System, muss gewährleisten, dass diese weiterhin von kleinen und großen Häusern nutzbar sein müssen“, umreißt Pennartz den Problemkreis.

Bilanzsumme nimmt 30-Mrd.-Euro-Hürde

Dahinter steht, dass die Kreissparkasse ihre IT wie auch das Meldewesen hat auf den zentralen IT-Dienstleister Finanz-Informatik ausgelagert hat. „Die Systeme müssen auch künftig so weiterentwickelt werden, dass sie auch für die großen Institute geeignet bleiben“, fordert Pennartz. Das könnte insofern Diskussionsbedarf geben, als von den bundesweit 342 Sparkassen nur knapp 10% eine Bilanzsumme von mehr als 10 Mrd. Euro aufweisen.

Die Bilanzsumme spielt für die Kreissparkasse allerdings auch in einer ganz anderen Dimension eine Rolle. Denn seit Jahren bewegen sich die Kölner knapp unter der Aufgreifgrenze von 30 Mrd. Euro, ab der die EZB die Aufsicht an sich zieht. Sollte nichts mehr Außergewöhnliches passieren, wird es zum Bilanzstichtag 2025 soweit sein. Aktuell beläuft sich die Bilanzsumme auf 30,3 Mrd. Euro. Mit den Vorbereitungen für den Aufsichtswechsel hat die Kreissparkasse allerdings schon vor Jahren begonnen. „Es ist gut, wenn wir jetzt bald unter die Aufsicht der EZB kommen, schließlich bereiten wir uns seit vier Jahren darauf vor. Sonst erlahmt der Schwung“, sagt Wüerst. Mittlerweile arbeiteten mehr als 40 Leute nur an diesem Thema, perspektivisch sollen es 60 werden.

Kundengeschäft hat Vorrang

Dass die Kreissparkasse so erpicht darauf ist, als erste kommunale Sparkasse unter die Kuratel der Europäischen Zentralbank (EZB) gestellt zu werden, stößt bei anderen Großsparkassen auf Verwunderung. Doch Wüerst macht eine andere Rechnung auf. Angesichts des starken Wachstums vor Zinswende, Corona und Ausbruch des Ukrainekriegs hielt er es für dringend geboten, sich mit dem Aufsichtswechsel vertieft auseinanderzusetzen: „Alternativ hätten wir nur auf Kundengeschäft verzichten können. Weder der Vorstand noch unsere Träger wollten das.“ Dass das Wachstum nach den diversen exogenen Schocks erlahmte, sei so nicht vorhersehbar gewesen.

Mit den Folgen der Entscheidung muss allerdings Pennartz zurechtkommen. Das Haus sei klug vorbereitet, auch wenn am Ende mit den Aufsehern noch viele Details abgestimmt werden müssten, macht sich Pennartz Mut. Wichtig sei, dass die EZB-Aufseher das Geschäftsmodell verstünden. „Ich hätte die Entscheidung zu 100% genauso getroffen, weil unsere Bilanz geprägt ist von Kundengeschäft“, gibt er Wüerst Rückendeckung. Das Wachstum der Bilanzsumme zu begrenzen, hätte gegen die ureigene Aufgabe der Sparkasse verstoßen, sind sich die beiden Banker einig. „Wenn wir Kundengelder einsammeln, möchten wir sie auch im Kreditgeschäft ausleihen und nicht am Kapitalmarkt anlegen“, veranschaulicht Pennartz und Wüerst ergänzt: „Unsere Eigenanlagen sind reine Liquiditätsreserve. Wir haben kein strategisches Investmentdepot.“

Privatwirtschaft wartet ab

Doch was tun, wenn die Unternehmen auf die Investitionsbremse treten?  „Alle Regionalinstitute haben im Kreditgeschäft hohe Erwartungen in die Transformation gesteckt. Bislang hat man davon wenig gesehen“, stellt Wüerst fest. Doch die Hoffnung stirbt zuletzt. „Wir sehen, dass vor allem bei Kommunen und kommunalnahen Unternehmen erheblicher Transformationsbedarf besteht“, sagt Pennartz. Dort würden in den nächsten Jahren Finanzierungen in großem Volumen erforderlich. „Die möchten wir innerhalb der Gruppe stemmen.“

Anders sieht es dagegen bei den Unternehmen aus. „In der Privatwirtschaft gibt es auch Transformationsbedarf. Dort gibt es aber zurzeit noch großen Attentismus“, weiß Pennartz. Das hat nach Einschätzung von Wüerst vor allem politische und regulatorische Gründe: „Es wurde versäumt, mit dem Thema ESG Aufbruchsstimmung zu erzeugen, stattdessen ist eine Verbotsstimmung entstanden. Jetzt laufen wir den Zielen und Ansprüchen hinterher“, analysiert Wüerst. Jetzt gelte es abzuwarten, bis mehr Klarheit über die künftige gesetzgeberische und aufsichtsrechtliche Lage herrsche.

Konsens besteht seiner Einschätzung Dass der begonnene Transformationsweg fortgesetzt werden muss, darüber gibt es seiner Einschätzung nach Konsens. Doch am Ende kommt es auf die Rahmenbedingungen an. „Ich würde es begrüßen, wenn wir auch wieder intrinsische Motivation bekommen und nicht nur aufsichtsrechtlich getriebene Motivation“, sagt Pennartz.