Biowissenschaften

Life Science wertet Immobilien auf

Nur zehn Monate dauerte es, um einen ersten Impfstoff gegen das Coronavirus zu entwickeln. Ein Rekordtempo, das kaum ein Experte für möglich gehalten hatte. Im Kampf gegen die globale Gesundheitskrise bekommt eine Branche starken Aufwind: Life...

Life Science wertet Immobilien auf

Nur zehn Monate dauerte es, um einen ersten Impfstoff gegen das Coronavirus zu entwickeln. Ein Rekordtempo, das kaum ein Experte für möglich gehalten hatte. Im Kampf gegen die globale Gesundheitskrise bekommt eine Branche starken Aufwind: Life Science. Ein Faktor für den Erfolg ist die enge Zusammenarbeit zwischen Unternehmen aus verschiedenen Feldern wie Biotechnologie, Pharma, biomedizinische Technik, Laborspezialisten oder den Herstellern medizinischer Geräte.

Die Forschung nimmt mehr und mehr Raum ein – und das im wahrsten Sinn des Wortes. Für institutionelle Investoren bieten sich die Chance, früh in diesen Sektor einzusteigen. Handelt es sich doch bei Life Science um eine der wachstumsstärksten Branchen weltweit. In den vergangenen fünf Jahren hat die technologische Revolution für einen Boom gesorgt. Weltweit wurden in diesem Zeitraum 2,5 Bill. Dollar in Life-Science-Projekte investiert. Das ist mehr als doppelt so viel wie in den fünf Jahren zuvor. Entsprechend stark ist die Nachfrage nach Mitarbeitern und geeigneten Immobilien. In Europa stieg die Zahl der Mitarbeiter allein im pharmazeutischen Sektor zwischen 1990 und 2019 um 59%.

Solides Fundament

Für Investoren bieten sich viele Vorteile: Die Gebäude werden meist kapitalkräftigen Mietern mit positiver Wachstumsdynamik langfristig überlassen. Solche Cluster lassen sich schwer oder überhaupt nicht verlagern, da der Erfolg der Forschung entscheidend vom Netzwerk vor Ort abhängt. Die Mieter investieren meist große Summen in Labore und die technische Ausstattung der Gebäude. Auch aus diesem Grund ist ein Umzug und die Verlagerung an einen anderen Standort nicht attraktiv.

In einer Welt des Wandels wird bei der Gestaltung von Arbeitsplätzen immer mehr Wert auf die Zusammenarbeit von Teams über Abteilungsgrenzen hinweg gelegt. Das zeigt sich in der Biotechnologie, die mit Ausgaben von durchschnittlich 25,7% des Umsatzes die forschungsintensivste Branche überhaupt ist. Die Bedeutung von Life-Science-Immobilien wird auch dadurch unterstrichen, dass ein Labormitarbeiter nicht einfach von zu Hause arbeiten kann.

Die Wachstumsaussichten für den Life-Science-Bereich sind intakt. Er profitiert von einem weltweiten Megatrend: der demografischen Entwicklung. Zum einen haben mehr Menschen Zugang zu einer besseren medizinischen Versorgung, wie die stark wachsende Mittelschicht in Schwellenländern. Außerdem steigt die Zahl der Menschen, die älter als 65 Jahre sind. Ihr Bedarf an medizinischer Behandlung ist deutlich größer als bei jungen Menschen.

In Europa steigt das Interesse an Life Science. Ein Zeichen dafür sind die größer werdenden Kapitalflüsse, die für Unternehmen in unterschiedlichen Wachstumsphasen zur Verfügung stehen. So sind die Venture-Capital-Investitionen in die europäische Life-Science-Branche seit 2016 um 79% gestiegen, allein 2019 nahmen sie um 23% gegenüber dem Vorjahr zu. Das ist ein guter Frühindikator für die weitere Entwicklung der Branche und damit auch für den steigenden Bedarf an Immobilien. Studien zeigen, dass mit Venture Capital finanzierte Start-ups und Wachstumsunternehmen 12 bis 18 Monate nach Sicherung der Finanzierung eine Immobilie suchen.

Großbritannien war zweifellos einer der Nutznießer der EU-Mitgliedschaft, zumindest mit Blick auf die Finanzierung von Forschung und Entwicklung. Eine Analyse der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC zeigt, dass das Vereinigte Königreich rund 16% der Mittel aus dem Forschungsprogramm „Horizon 2020“ mit einem Umfang von 80 Mrd. Euro erhalten hat. Diese Mittel werden nun den anderen EU-Mitgliedstaaten zugutekommen.

In der Europäischen Union zeichnen sich im Life-Science-Sektor besonders die Benelux-Staaten durch großes Potenzial aus. In den Niederlanden und Belgien sind viele Life-Science-Firmen dank einer hervorragenden Infrastruktur, gut ausgebildeter Experten und der strategisch günstigen Lage ansässig. Laut einer Studie der Beratungsgesellschaft McKinsey sind die Benelux-Staaten nach Großbritannien die zweitgrößte Region für Start-ups im Biotechnologiebereich in Europa. 20% aller Zulassungen der U.S. Food and Drug Administration (FDA) für europäische Biotechfirmen stammen von dort, das sind genauso viele wie in den traditionell wichtigen Pharmastandorten Schweiz und Großbritannien. Vor allem in den wachstumsstarken Bereichen Autoimmun- und Krebserkrankungen sind die Unternehmen aus den Benelux-Staaten engagiert.

Chance für „Early Mover“

Trotz des positiven Umfelds sind Investoren bei Life-Science-Immobilien in Europa zurückhaltender als bei Gewerbeobjekten. Der Sektor wird noch immer als Nische eingestuft. Der Markt wird vor allem von nicht börsennotierten Immobiliengesellschaften dominiert, bisher gibt es kaum Aktivitäten institutioneller Investoren in diesem Sektor. Das ist eine Chance für „Early Mover“.

Die Basis für ein weiter anhaltendes Wachstum im Life-Science-Sektor ist in Europa gegeben. Dazu tragen weltweit führende Universitäten, gut ausgebildete Spezialisten und günstige Rahmenbedingungen bei wie auch der Zugang zu einem der größten Verbrauchermärkte weltweit. Dies wird die Nachfrage nach Life-Science-Immobilien fördern und den Weg für eine erhöhte Investitionstätigkeit ebnen.

Im Vergleich zu traditionellen Immobiliensektoren steckt der europäische Life-Science-Sektor noch in den Kinderschuhen. Größe und Transparenz sind gering, Gebäude auf geografischer Ebene weiter verstreut als beispielsweise in den Vereinigten Staaten. Nichtsdestotrotz verringert all das nicht den Investitionsappetit derer, die nach Alternativen zu klassischen Immobiliensektoren suchen. Thematic Investments gewinnen weiterhin an Wichtigkeit und werden auch in dieser Assetklasse in Zukunft in aller Munde sein.

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