Listed Fintech macht als Benchmark Hoffnung für IPOs
LISTED FINTECH
Benchmark für künftige Transaktionen
Durststrecke von über drei Jahren – Kein Mangel an Vergleichswerten bei Payment
bg Frankfurt
Es ist ja nicht so, als ob es noch nie Fintech-Börsengänge gegeben hätte – es ist nur schon eine Weile her. Das letzte Fintech-IPO fand vor drei Jahren statt, als die ehemalige Transferwise (heute: Wise) ihr Listing durchzog. Zu 800 Pence mit einer Bewertung von 8 Mrd. Pfund gelistet, notiert die Aktie heute nur leicht höher. Da hätte es bessere Investments gegeben, aber immerhin lief der erste Handelstag mustergültig ab: Die Aktie legte 10% zu, was den Zeichnern der IPO-Tranche die Chance für schnelle Gewinnmitnahmen gab.
Die Paypal-Story
Listings aus dem Segment Payment sind Investoren vermittelbar, ist der Umbruch hier doch mit der Digitalisierung des Zahlungsverkehrs gut nachzuvollziehen. Paypal war ja quasi das erste Fintech, das den Weg an die Börse fand. Bei Paypal lief es zuletzt aber lahm: die Aktie hatte einen jahrelangen Niedergang, der erst kürzlich vom neuen CEO Alex Chriss gestoppt wurde. Als Fintech der ersten Generation wirkt Paypal gesättigt.
Da sieht es für Adyen schon sehr viel besser aus. Mitte 2018 zu 240 Euro zugeteilt, notiert die Aktie heute an der Euronext bei 1.429,00 Euro. Eine Vervielfachung, die von einer rasanten Geschäftsentwicklung untermauert wird. Stark steigende Abwicklungsvolumina münden in höhere Gewinne, obwohl sich die Niederländer über die letzten Jahre durchaus kostenintensiv dem weiteren Aufbau ihrer globalen Plattform sowie insbesondere dem US-Markt gewidmet haben. Die Prognosen wurden beim Zwischenbericht zum Halbjahr geschlagen, die bereits gut gelaufene Aktie legte trotzdem zweistellig zu. Trotz einer Marktkapitalisierung von 44 Mrd. Euro hat man das Gefühl, dass Adyen mit ihrer operativen Performance – der Markteinstieg in Indien steht bevor – auch weitere Kurssteigerungen rechtfertigen kann.
Hoch und runter
Dass es bei Fintech-Börsengängen ganz schön wild zugehen kann, zeigt das Beispiel des „Buy Now Pay Later“-Spezialisten Affirm. Zu 49 Dollar Anfang 2021 an der Nasdaq platziert, ging die Aktie ab wie eine Rakete und kletterte nach einer Schwächephase auf ein Hoch über 150 Dollar. Heute notiert das Papier bei 44 Dollar unter dem Ausgabepreis – und ist mit einer Marktkapitalisierung von 11,8 Mrd. Dollar aber einen Blick wert. Denn CEO Max Levchin hat Affirm Stück für Stück ausgebaut und über Vereinbarungen wie mit Shopify und Apple den Grundstein gelegt für weiteres Wachstum.
Und deshalb ist es wichtig bei den anstehenden Fintech-IPOs einen Blick auf bereits börsennotierte Fintechs zu werfen: Sie dienen zum einen als Benchmark für die Bewertung (Kennzahlen & Strategie) und weiten zum anderen den Blick darauf, dass es sich bei Fintech um ein „long term game“ handelt: Der Aufbau von Ökosystemen kann Jahre dauern – und wenn gewachsene Start-ups sich verbünden (so wie Shopify und Affirm) dann tun sich Wege des Wachstums auf.
Neobanken suchen Vergleichswerte
Während es bei Payment-Fintechs nicht an Vergleichswerten mangelt, so müssen für den ersten Neobanken-Börsengang zunächst die Geschäftsbanken herhalten: Und da werden die Deutsche Bank mit 31,5 Mrd. Euro Marktkapitalisierung und die Commerzbank mit 19,3 Mrd. Euro von Revolut mit ihren 45 Mrd. Dollar abgehängt. Zwar müsste eine solche Bewertung im Listing bestätigt werden, aber es liegt doch auf der Hand, dass Revolut mit einem globalen Geschäftsmodell mehr rausholen kann – wenn die Umsetzung stimmt und dann perspektivisch ein Gewinn steht, der auch Ausschüttungen erlaubt.
Zum anderen gibt es mit der brasilianischen Nubank eine an der Nyse notierte Neobank, die als direkter Peer gelten kann, wenn auch mit einem anderen geographischen Fokus auf Süd- und Mittelamerika. Mehr als 100 Millionen Kunden hat Nubank und erzielte allein im zweiten Quartal bei operativen Erträgen von 2,8 Mrd. Dollar einen Nettogewinn von 487 Mill. Dollar. Die Eigenkapitalrendite beträgt 28%. Revolut kam im Gesamtjahr 2023 auf Erträge von 2,2 Mrd. Dollar und dürfte in diesem Jahr die Marke von 3 Mrd. Dollar (bei gut 50 Millionen Kunden) knacken. Der 2023er Nettogewinn ist mit 428 Mill. Dollar nahezu auf Augenhöhe mit einem Quartalsgewinn von Nubank. Dass die Nubank mit einer Marktkapitalisierung von 69 Mrd. Dollar höher bewertet wird als Revolut erscheint angesichts des Kennzahlenvergleichs gerechtfertigt.