"Manager werden an ihren Fortschritten gemessen"

Deutsche Bank integriert ESG-Kriterien in ihr Vergütungssystem - EU soll "Vorsprung halten und ausbauen"

"Manager werden an ihren Fortschritten gemessen"

Von Bernd Neubacher, FrankfurtDie Deutsche Bank macht sich an die Integration ihrer Ziele für Nachhaltigkeit (Environment, Social, Governance) in das Vergütungssystem ab kommendem Jahr. “Mit Blick auf unser Ziel, bis 2025 ein nachhaltiges Finanzierungsvolumen von 200 Mrd. Euro zu erreichen, haben wir die Maschinerie voll in Gang gesetzt”, erklärt Gerald Podobnik, Finanzchef der Unternehmensbank und Mitglied des Sustainable-Finance-Beirats der Bundesregierung, der Börsen-Zeitung.Wie er berichtet, setzen die drei Kerndivisionen Unternehmensbank, Investmentbank und Privatkundenbank bereits eine entsprechende Sechs-Jahres-Planung um. “In den Divisionen wird nun ein Reporting anhand von Scorecards aufgesetzt. Im kommenden Jahr kommen dann die Ziele hinsichtlich Sustainable Finance drauf”, erläutert Podobnik: “Die Manager werden an ihren Fortschritten gemessen. Die Scorecards sind vergütungsrelevant.”Wie die Bank dieser Tage mitgeteilt hat, zählen zu den Kriterien Volumenziele für nachhaltige Finanzierungen und ESG-Anlagen, ein Index aus Einstufungen entsprechender Ratingagenturen sowie eine Vorgabe für die Reduktion des Energieverbrauchs in den Gebäuden der Bank.Mit der Integration von ESG-Kriterien in die Vergütung folgt das Institut den Vorgaben der Aufsicht. Im Mai hatte die Europäische Zentralbank (EZB) Leitlinien zu Klima- und Umweltrisiken vorgelegt, denen zufolge die Großbanken Eurolands mit ihrer Vergütung ein Verhalten fördern sollen, das mit der Steuerung von Klima- und Umweltrisiken vereinbar ist. Schon ab Ende dieses Jahres müssen die Institute die EZB informieren, wenn sie von den aufsichtlichen Erwartungen abweichen. “Im Rahmen von aufsichtsrechtlichen Gesprächen haben die großen Banken somit ab dem Jahresende 2020 unter anderem Rede und Antwort zur Nachhaltigkeit ihrer Vergütungssysteme zu stehen”, sagt Werner Klein, Inhaber des Beratungshauses Compgovernance.Im laufenden Jahr will die Bank ein Volumen von mehr als 20 Mrd. Euro an nachhaltigen Finanzierungen und Kundenanlagen erreichen und zeigt sich zuversichtlich, die Marke zu übertreffen. Dabei berücksichtigt sie Kredite, Anleiheemissionen sowie Anlageprodukte in ihrer Privatbank einschließlich des Wealth Managements. Zur Frage, welche Division dabei welchen Anteil zu übernehmen hat, äußert sich Podobnik nicht. Auch die regionale Verteilung bleibt offen. Da die EU der größte Markt der Bank ist, gehört nicht viel Fantasie zur Annahme, dass auf sie der Löwenanteil entfällt. Enorme SteuerungswirkungDie Ziele brächten eine enorme Steuerungswirkung mit Blick auf die Allokation von Ressourcen mit sich, meint Podobnik. Umsteuern muss die Deutsche Bank, wenn sie sich als nachhaltig positionieren will: In den Jahren 2016 bis 2019 lag sie mit einem Finanzierungsvolumen von insgesamt knapp 70 Mrd. Dollar entlang des fossilen Lebenszyklus weltweit an 19. Stelle, wie aus dem von Nichtregierungsorganisationen erstellten Bericht “Banking on Climate Change” hervorgeht. Das Volumen ging dabei indes von 2016 bis 2019 bereits von 21,7 Mrd. auf 11,9 Mrd. Euro zurück. Keines der vor ihr platzierten, fleißiger finanzierenden Häuser hat sein Volumen im Vier-Jahres-Vergleich derart reduziert. Dahinter steht allerdings auch eine generelle Verkürzung der Bilanz im selben Zeitraum um 18 % im Zuge der Restrukturierung.Der Megatrend Nachhaltigkeit bringt für die Deutsche Bank freilich nicht nur Aufwand durch Umsetzung aufsichtlicher Vorgaben mit sich, sondern bietet auch Geschäftschancen. So beobachtet Podobnik eine Standardisierung von Green Bonds. Zudem hätten soziale Aspekte in der Pandemie an Bedeutung gewonnen, berichtet er. Dabei unterscheidet die Bank Produkte wie Green Sustainability Loans, die an bestimmte Zwecke gebunden sind, und Finanzierungen, die sich an ESG-Zielen orientieren und dem Schuldner Zinsersparnis bringen, wenn er diese erreicht. Seinen Angaben zufolge befasst sich die Bank schon seit längerem mit der Frage, welche Produktfamilie am besten zum Geschäft mit Anleihen, Krediten, Handelsfinanzierungen, Einlagenprodukten sowie Supply-Chain-Finance passt.In Sachen Nachhaltigkeit habe Europa in vielerlei Hinsicht die Nase vorn und besitze etwa im Falle von Green Bonds, mit denen es ein Drittel des 750 Mrd. Euro schweren Corona-Aufbaufonds refinanzieren wolle, die Chance, ihrem Standard zu weltweiter Geltung zu verhelfen, sagt Podobnik: “Wir müssen schauen, dass wir den Vorsprung halten und ausbauen.”