Nachhaltige Investments weiter vorantreiben
Das Thema Nachhaltigkeit erfährt in der Finanzdienstleistungsbranche eine stetig zunehmende Bedeutung. In dem Ende 2015 unterzeichneten Pariser Klimaabkommen zur Begrenzung der Erderwärmung wurde insbesondere auch die wesentliche Rolle des Finanzsektors bei der Bekämpfung des Klimawandels hervorgehoben. Vor diesem Hintergrund hat die EU-Kommission im Jahr 2017 eine Expertengruppe eingesetzt, um Empfehlungen für ein Finanzsystem auszuarbeiten, das nachhaltige Investitionen fördert.Wiederum aufbauend auf deren Vorschlägen wurde im März 2018 der “Financing Sustainable Growth”-Aktionsplan verabschiedet, der unter anderem die Erstellung eines Klassifikationssystems (“EU-Nachhaltigkeitstaxonomie”) vorsieht. Damit sollen EU-weit einheitliche Standards und Labels für grüne Anleihen entwickelt werden, um so einerseits das Vertrauen in nachhaltige Finanzprodukte zu stärken. Andererseits wird es damit Investoren erleichtert, verstärkt Investitionsmittel in Projekte zu lenken, die klima-, umwelt- und sozialpolitische Ziele verfolgen. Erstes Teilergebnis vorgelegtAls erstes Teilergebnis dieses Aktionsplans hat die zuständige Arbeitsgruppe Anfang 2019 ihren Vorschlag für einen EU-weiten Green-Bond-Standard vorgelegt. Hierbei handelt es sich um ein für die Emittenten freiwilliges Rahmenwerk, um die Transparenz, Integrität sowie Vergleichbarkeit grüner Anleihen zu verbessern. Dabei sind Green Bonds schon längst am Kapitalmarkt angekommen und gewinnen stetig an Bedeutung: Wurden 2013 gemäß Bloomberg grüne Anleihen im Gesamtvolumen von unter 10 Mrd. Euro emittiert, waren es 2018 bereits 110 Mrd. Euro. Für 2019 erwartet die LBBW eine weitere Erhöhung des Volumens an Green Bonds auf 150 bis 175 Mrd. Euro.Das Wachstum dieses Marktsegments bietet in einem Marktumfeld, das seit 2018 durch den schrittweisen Ausstieg der Europäischen Zentralbank (EZB) aus den Nettokäufen geprägt ist, große Chancen: Bedingt durch den gesellschaftlichen Wandel und die zukunftsorientierte Ausrichtung von Investments – speziell bei Investoren in Skandinavien, aber auch bei anderen europäischen Pensionskassen und institutionellen Anlegern – übersteigt die Nachfrage nach grünen Assets regelmäßig das Angebot. Darüber hinaus sind Investoren auch in zunehmendem Maß für mögliche Reputationsrisiken sensibilisiert, die in der Zukunft schlagend werden könnten, weshalb Nachhaltigkeitsemissionen zusätzliche Attraktivität erlangen.Führende Emittenten aus Deutschland, Skandinavien und Benelux haben sich frühzeitig darauf eingestellt und dem Drängen von Investoren nach Nachhaltigkeitsemissionen entsprochen. Banken wie DNB Bank oder die Berlin Hyp haben 2018 beispielsweise knapp 25 % ihres Euro-Kapitalmarktfundings in Green Bonds emittiert. Insbesondere im Bereich der Förderbanken bieten Emittenten wie die KfW oder die NRW.Bank regelmäßig Anleihen in grünen Formaten am Markt an, da sie nachhaltigen Wohnungsbau fördern.Einen weiteren großen Mehrwert bei der Entwicklung des Marktes für nachhaltige Anleihen bieten Nachhaltigkeitsratingagenturen oder Industrieinitiativen wie EeMAP (Energy efficient Mortgages Action Plan). Diese erstellen gemeinsam mit potenziellen Emittenten Grundkonzepte zu Strukturierung und Selektion geeigneter Assets, um zukünftig Green Bonds emittieren zu können. Damit gehen oft organisatorische Anpassungen bei den Emittenten einher, um den Einklang mit Nachhaltigkeitskriterien über die gesamte Wertschöpfungskette sicherzustellen, und die Anforderungen von Nachhaltigkeitsagenturen und Investoren erfüllen zu können (beispielsweise Festlegung Kreditvergabestandards, Einrichtung interner Nachhaltigkeitsgremien, Klassifizierung von geeigneten Assets etc.). Grundsätzlich gilt nämlich, dass Green Bonds “grüne” Assets finanzieren müssen. Der sogenannte “Use of Proceeds” muss daher von der Originierung bis zur Refinanzierung gesichert sein.Die Intensität des weiteren Marktwachstums wird vor allem davon abhängen, wie schnell Banken nachhaltige Aktiva akquirieren beziehungsweise auf ihrer Bilanz identifizieren können, um diese im gedeckten oder ungedeckten Format als grüne Anleihe emittieren zu können. Letztlich ist damit der Endkunde ein unverzichtbarer Treiber der Marktentwicklung, trifft er doch die Entscheidung über die nachhaltige Darlehensverwendung. Im Segment der gewerblichen Immobilienfinanzierung funktioniert dieses Prinzip bereits sehr gut, da Nachhaltigkeit aufgrund von Marktstandards und Marktreife bereits fest verankert ist.Dahingegen waren bei wohnwirtschaftlichen Darlehen sehr unterschiedliche Standards in Europa lange Zeit ein Hindernis für Endkunden und damit für Banken. An dieser Stelle setzen zahlreiche Initiativen an, um Standards zu setzen und die Vergabe von nachhaltigen Krediten im Segment “Wohnwirtschaft” zu beschleunigen. In jedem Fall gilt: Nachhaltige Anleihen folgen aus Kundengeschäft, das auf Nachhaltigkeitsstandards basiert, und schaffen damit wiederum die Voraussetzung für nachhaltiges Wachstum.Die LBBW verfolgt das Thema Nachhaltigkeit bereits seit Anfang der 1990er Jahre und arbeitet seit 2017 intern mit einer konkreten Nachhaltigkeits-Taxonomie im Rahmen ihres Green Bond Frameworks. Über dieses Programm selektiert die Bank Portfolien aus gewerblichen Immobilienfinanzierungen, die energieeffizient sind. Damit setzt sie neue Standards im Markt: Durch die Einführung einer Kohlenstoffbenchmark für den gewerblichen Immobiliensektor, die auf der Energieeinsparverordnung (ENEV) in Deutschland basiert und in Zusammenarbeit mit dem externen Immobilienexperten Drees & Sommer entwickelt wurde, kann in großem Umfang Transparenz zur Energieeffizienz von Immobilienportfolien geschaffen werden. Dieser Ansatz ermöglicht es, die Kohlenstoffintensität gewerblicher Immobilien (Carbon Benchmark) messbar zu machen. Standardisiertes ReportingFerner greift die LBBW auf ein standardisiertes und von führenden Investoren anerkanntes Reporting zurück, welches es institutionellen Investoren und anderen interessierten Marktteilnehmern erleichtert, verfügbare Informationen schnell zu konsolidieren. Andere Marktteilnehmer haben das Green Bond Framework der LBBW in einem vereinfachten Verfahren bereits aufgegriffen und auf dieser Basis Green Bonds emittiert.Mit der ersten grünen Emission der LBBW – einer unbesicherten 750 Mill. Euro Anleihe im Dezember 2017 – wurden energieeffiziente gewerbliche Immobilien finanziert – ebenso wie mit der Folgetransaktion, einem 500 Mill. Euro grünen Pfandbrief. Beide Transaktionen sind durch die Climate Bonds Initiative (CBI) nach dem Climate-Bonds-Standard zertifiziert. Das bedeutet, dass die finanzierten Aktiva Kriterien erfüllen, die dem Erderwärmungsziel von weniger als 2 Grad nach dem Pariser Abkommen entsprechen. Die LBBW ist die erste europäische Geschäftsbank, die diese Zertifizierung erhalten hat. Mit CBI arbeitet die Bank außerdem im Rahmen einer Partnerschaft zusammen, um die Marktentwicklung zu unterstützen. Im Fokus steht dabei die Vereinfachung, Standardisierung und Erfassung kohlenstoffarmer Aktiva.Für 2019 plant die LBBW, die Emissionsfähigkeit ihres Green-Bond-Programms von 2,7 Mrd. Euro Ende 2017 auf ca. 5,5 Mrd. Euro zu erhöhen. Dies soll über die Erfassung weiterer grüner Assets im Bereich erneuerbarer Energien und gewerblicher Immobilien in Großbritannien erfolgen. Dabei setzt die Bank weiterhin auf die Entwicklung robuster Methoden, die der Erhöhung der Transparenz zur Erreichung der Klimaziele und der Erfassung von Klimarisiken auch im regulatorischen Kontext dienen sollen. Das Marktpotenzial ist signifikant: Regierungen, Regulatoren, Finanzwirtschaft und sonstige Stakeholder kooperieren über verschiedene, teils globale Initiativen miteinander, um Sustainable-Finance-Lösungen zu skalieren. Dies wird das Emissionspotenzial bei vielen Emittentengruppen stark erhöhen. So hat die Bundesregierung kürzlich angekündigt, die Begebung von grünen Staatsanleihen zu untersuchen.Neben dem Segment der “grünen” Anleihen entwickeln einige wenige Banken derzeit ein Social-Bond-Programm. Auch in diesem Programm werden spezifische Finanzierungen, die in diesem Falle der Erfüllung der Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen dienen, zusammengefasst. Sie sollen dem Ziel der Sicherung einer nachhaltigen Entwicklung auf ökonomischer, sozialer und ökologischer Ebene dienen. Social Bonds finanzieren gesellschaftliche und soziale Projekte vielfältiger Art, wie zum Beispiel im Bereich Bildung oder dem Gesundheitssektor. Als Landesbank und öffentlich-rechtliche Anstalt möchte die LBBW Investoren damit die Möglichkeit bieten, speziell in diesen Bereichen zu investieren. Eine Debüttransaktion ist für 2019 geplant. Vorreiterrolle für LBBWFür Emittenten wie Investoren bieten sich kontinuierlich neue Chancen, an einem nachhaltigen Wachstum teilzunehmen. Während das Marktsegment der “grünen” Anleihen nicht zuletzt aufgrund dem von der High Level Expert Group vorgeschlagenen EU-Green-Bond-Standard bereits recht weit entwickelt ist und zunehmend an Bedeutung gewinnt, sind die Social-Bond-Programme noch ein recht junges Feld, das noch viel Raum zur weiteren gemeinsamen Entwicklung durch die Marktteilnehmer bietet. Die LBBW sieht es als ein wichtiges Element ihrer Strategie im Kapitalmarktgeschäft an, das Feld der nachhaltigen Investments für ihre Kunden weiter voranzutreiben, und wird daher auch künftig den Anspruch verfolgen, eine Vorreiterrolle unter den europäischen Geschäftsbanken wahrzunehmen.—-Christian Ricken, Kapitalmarktvorstand der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW)