Nachhaltige Multi-Faktor-Strategien auf dem Vormarsch

Diversifikation der Faktoren ermöglicht Reduzierung des Portfoliorisikos - Nachhaltige Titelselektion gewinnt an Bedeutung

Nachhaltige Multi-Faktor-Strategien auf dem Vormarsch

Bei der Suche nach Ertragsquellen sowie deren Erklärung blickt die Kapitalmarktforschung auf eine lange Historie zurück. Ausgehend von der Identifikation von Risikoprämien, die eine Kompensation für die Übernahme eines Investmentrisikos darstellen, wird zwischen traditionellen und alternativen Risikoprämien unterschieden. Bei einem Aktieninvestment lässt sich die Rendite in die traditionelle Marktrisikoprämie und die aktive Rendite aufteilen. Dabei wurde die ursprünglich als Alpha bezeichnete aktive Rendite als Managerleistung anerkannt. Studien zeigen, dass die aktive Rendite in Teilen erklärbar ist und sich bestimmten Faktoren zuordnen lässt. Residual verbleibt ein unerklärbarer Teil – das Alpha. Bis heute sind über 240 Faktoren bekannt, die gegenüber einer marktkapitalisierungsgewichteten Benchmark eine aktive Rendite erklären. Zu den bekanntesten zählen Low Volatility, Value, Quality, Size und Momentum.Anleger investieren bereits seit Langem in Faktoren und dies aus unterschiedlichen Motiven. So kann der Grund zum Beispiel in der gezielten Auswahl einer bestimmten Single-Faktor-Strategie oder einem Style-Investment bestehen. Dividenden-Konzepten liegt beispielsweise der Faktor Value zu Grunde. Gegebenenfalls weisen Dividenden-Konzepte aber auch ein Exposure in weiteren Faktoren auf (z. B. Size oder Momentum). Wichtig aus Sicht des Anlegers ist, gewünschte aber auch unerwünschte Faktor Exposures zu kennen, um dies entsprechend auf Ebene des Gesamtportfolios steuern zu können. Höhere Renditen Das Wissen um die Faktoren und deren Exposure ermöglicht eine systematische Investition in unterschiedliche Faktorprämien. Empirische Studien zeigen, dass sich durch systematisches Factor Investing höhere risikoadjustierte Renditen erzielen lassen. Da einzelne Faktoren zueinander unterschiedlich korreliert sind, lässt sich durch die Diversifikation der Faktoren das Portfoliorisiko reduzieren.Aus diesem Grund erfreuen sich Multi-Faktor-Strategien derzeit einer erhöhten Nachfrage. Der Markt insbesondere im ETF-Bereich ist bereits vielfältig. Ein aktiver Ansatz sollte daher so ausgestaltet sein, dass die Investmentphilosophie und damit die Managerleistung vollständig zum Tragen kommen. Eine Kernfrage zielt daher auf die Rolle der Benchmark bzw. des Anlageziels ab: Wie “anfällig” darf eine Multi-Faktor-Strategie gegenüber der Benchmark sein? In diesem Zusammenhang ist das Abweichungsrisiko gemessen als Tracking Error nicht unbedingt das geeignete Maß. Denn durch den symmetrischen Tracking Error werden die Abweichungsrisiken in der Regel unterschätzt. Es empfiehlt sich vielmehr, ein verstärktes Augenmerk auf den relativen Drawdown des Multi-Faktor-Portfolios zur Benchmark beziehungsweise zum Markt zu lenken. Der relative Drawdown gibt eine gute Einschätzung zu den eigentlichen (relativen) Tail-Risiken des Portfolios. Timing gelingt nur bedingtGrundsätzlich herrscht in Studien kein eindeutiges Bild darüber, inwieweit ein Timing von Faktoren beziehungsweise Faktorperformance möglich ist. Zu beobachten ist, dass sich Faktoren in verschiedenen Marktphasen unterschiedlich verhalten. Beispielsweise ist eine Korrelation der Entwicklung von Faktoren in Abhängigkeit von Konjunkturzyklen sowie des makroökonomischen Umfelds festzustellen.So konnte sich in der zweiten Jahreshälfte 2018 insbesondere der Faktor Low Volatility in einem sich zuspitzenden Handelsstreit, der Erwartung einer restriktiveren Geldpolitik der Notenbanken und der damit einhergehenden erhöhten Volatilität an den Kapitalmärkten deutlich besser entwickeln als die “Wettbewerber”. In der ersten Jahreshälfte 2019 war hingegen eine ausgeprägte Schwäche des Value-Faktors (gegenüber dem Markt) zu beobachten. Sinkende Renditen und erwartete Zinssenkungen führten zu einem deutlichen Rückstand des Value-Faktors gegenüber der traditionellen Marktrisikoprämie.Insgesamt lässt sich festhalten, dass ein Faktor-Timing allenfalls mit Blick auf mittel- bis langfristige Marktzyklen erfolgversprechend ist. Vielmehr ist es erstrebenswert, eine Multi-Faktor-Strategie so robust aufzustellen, dass die Anfälligkeit des Portfolios in unterschiedlichen Marktzyklen möglichst gering ausfällt.Auch bei Multi-Faktor-Strategien gewinnt eine nachhaltige Titelselektion zunehmend an Bedeutung. Insbesondere die Aspekte Ausschluss von Kontroversen, Risikomanagement auf Basis von ESG-Ratings sowie Klimaschutz stehen im Fokus. Hinsichtlich der Verwendung von Benchmarks und der Beurteilung des Anlageerfolgs ist vieles in Bewegung, zum Beispiel auf Seiten der Regulatorik sowie der Indexanbieter. Ein hohes Maß an Transparenz bezüglich des nachhaltigen systematischen Investmentprozesses ist dabei entscheidend. Baustein der Asset AllocationNicht zuletzt bleibt die Frage, warum ein Aktieninvestment, ob Multi- oder Single-Faktor, nachhaltig oder nicht, zum jetzigen Zeitpunkt noch in Frage kommt. Die Einschätzungen zur Entwicklung der Aktienmärkte im nächsten Jahr mögen vor dem Hintergrund der aktuellen Konjunkturlage differieren. Im Umfeld negativer Renditen bleiben Aktien jedoch ein wesentlicher Baustein der Asset Allocation. Viel wichtiger ist die Frage, wie sich die Aktieninvestments gegen Rückschläge schützen lassen. Hier ist der flankierende Einsatz von Wertsicherungs- und Risiko-Overlay-Strategien ratsam, die sich einer steigenden Nachfrage erfreuen.Im Rahmen des faktorbasierten Managements von Aktienportfolios bietet Helaba Invest mit dem HI-DividendenPlus-Fonds einen auf substanzwertorientierte und dividendenstarke Titel aus Euroland konzentrierten Ansatz, sowie mit HI-Aktien Low Risk Euroland-Fonds ein gezielt auf schwankungsarme Aktien ausgerichtetes Konzept an. Darüber hinaus wird der Bereich Multi-Faktor Anfang Dezember dieses Jahres mit der Auflegung des HI-Sustainable Multi-Faktor Aktien Euroland-Fonds ausgebaut. Christian Schwarz, Abteilungsleiter Multi Asset, Aktien & Overlay bei Helaba Invest und Detlef Byallas, Produktspezialist bei Helaba Invest