IM GESPRÄCH: BASTIAN GRIES UND NICOLAS JACOB

Nachhaltigkeit setzt sich auch bei Bonds immer stärker durch

Oddo BHF berücksichtigt ESG-Ansatz bei Unternehmensanleihen - Zusätzliche Ebene in der Risikoanalyse

Nachhaltigkeit setzt sich auch bei Bonds immer stärker durch

Von Christiane Lang, FrankfurtNachhaltige Anlagen werden oft noch vor allem mit Aktien assoziiert, weniger mit Anleihen. So dominieren im Publikumsfondsbereich denn auch vor allem Aktienprodukte beim Thema ESG (Environment, Social, Governance). “Laut Report der UN Initiative Principles of Responsible Investment entfallen zwei Drittel aller Assets, auf die ESG-Kriterien angewendet werden, auf Aktien und nur ein Drittel auf Renten, obwohl viele Renten-Publikumsfonds deutlich größer als Aktienfonds sind”, erläutert Nicolas Jacob, Leiter ESG-Research bei der Vermögensverwaltungssparte der deutsch-französischen Oddo BHF Gruppe. Mangel an InformationDies liegt an den Mitbestimmungsmöglichkeiten der Aktionäre, die es leichter machen, Einfluss zu nehmen, und dem leichteren Zugang zu Unternehmensinformationen. Die Hauptversammlung bietet einen direkten Zugang zum Unternehmen. Den haben Anleihebesitzer nicht. “CEOs gehen eventuell zu Investorenkonferenzen für Anleihegläubiger, sie gehen aber ganz sicher zu Aktionärsversammlungen”, unterstreicht Bastian Gries, Leiter Credit Investment Grade bei der Oddo BHF Asset Management (Oddo BHF AM).Ein weiterer Punkt ist nach den Worten Jacobs die begrenzte Laufzeit der Anleihen. Denn ESG-Risiken treten möglicherweise erst langfristig zu Tage, während die Anleihen oft vorher fällig sind.Die Einsicht, dass auch bei Anleiheinvestitionen berücksichtigt werden muss, inwieweit in den emittierenden Unternehmen Risiken schlummern, die sich erst auf lange Sicht negativ auswirken, setzt sich aber immer mehr durch. Welche Maßnahmen des Unternehmens stellen ein Umweltrisiko dar, gibt es Defizite auf der sozialen Ebene, oder wie wird das Unternehmen geführt? Diese Informationen sind auch für die Bondanalyse unerlässlich.Vor allem spezialisierte Assetmanager wie zum Beispiel die britische Insight Investment oder die Bank für Kirche und Caritas legen schon seit vielen Jahren einen ESG-Filter über ihre Anleiheinvestments. Vor zwei Jahren hat auch der zur Allianz gehörende Anleihespezialist Pimco einen eigenen Ansatz entwickelt sowie eine ESG-Plattform etabliert und beschäftigt auf die ESG-Faktoren spezialisierte Kreditanalysten.Aber auch bei den breiter aufgestellten Häusern wird das Thema ESG bei Bonds immer virulenter. In diesem Jahr hat nun die deutsch-französische Oddo BHF AM die ESG-Analyse in den Investmentprozess für Investment-Grade-Unternehmensanleihen integriert. Bislang bezog sich der ESG-Ansatz nur auf Aktienstrategien.Die Gesellschaft startet mit dem vor 16 Jahren aufgelegten und rund 290 Mill. Euro schweren Luxemburger Fonds “Oddo BHF Euro Corporate Bond”. Er ist der erste Rentenfonds des Assetmanagers, in dessen Investmentprozess ESG-Faktoren einfließen. Die dafür notwendige Prospektänderung ist vor kurzem erteilt worden. Inklusive diesem Rentenfonds verwaltet Oddo BHF AM nun 7,5 Mrd. Euro unter Berücksichtigung von ESG-Faktoren. Das entspricht 12 % des gesamten verwalteten Vermögens.”Dieser Fonds ist einer der ersten Corporate Bonds-Publikumsfonds in Deutschland, der eine ESG-Strategie implementiert hat”, erklärt Gries. Die Integration der Nachhaltigkeitskriterien solle sich hier langfristig auszahlen. “Das Ziel ist es, den risikoadjustierten Return zu steigern und die Volatilität des Fonds zu senken”, erläutert der Manager.Hauptziel der Integration der ESG-Faktoren in den Investmentprozess von Anleihen ist es laut Gries, den Investmentprozess breiter aufzustellen und robuster zu machen, ohne ihn komplett zu verändern. “Die ESG-Analyse ist damit ein zusätzlicher Input für die Investitionsentscheidung”, so der Manager.Die ESG-Bewertung ist kein Alleinläufer, sondern bildet eine zusätzliche Ebene in der Risikoanalyse. Grundlage der Portfolioanalyse bleibt die Kreditanalyse. “Aber bei gleichen Credit Ratings gibt die ESG-Bewertung bei der Selektion der Bonds den Ausschlag”, so Gries. “Denn ein schlechteres ESG-Rating kann mittelfristig ein Zusatzrisiko bedeuten, welches der Markt heute noch nicht eingepreist hat.”Gries verweist hier auf das Beispiel Volkswagen: “Das Governance-Problem des Unternehmens war lange bekannt, bis es an einem bestimmten Punkt offen zu Tage getreten ist und die Credit Spreads explodiert sind. Deshalb ist der ganzheitliche Blick auf die Emittenten so wichtig.” Berücksichtige man die ESG-Kriterien im Portfolio, könne man Risiken frühzeitig eliminieren, die der Markt bislang noch nicht berücksichtigt habe. Dialog mit UnternehmenDurch den Dialog mit den Unternehmen will Oddo BHF AM Verbesserungen hinsichtlich spezifischer ESG-Kriterien erreichen. Im Gespräch mit den Unternehmen werden problematische Themen besprochen: “Wir lassen den Unternehmen 18 bis 24 Monate Zeit, entsprechende Verbesserungen durchzuführen”, sagt Jacob.Die Integration von ESG in Anleihen ist jedoch nicht mit Green Bonds zu verwechseln. Green Bonds werden speziell zur Finanzierung klimabezogener Projekte aufgelegt. “Die meisten dieser Emissionen stammen von Regierungen oder öffentlichen Institutionen, weniger kommen von Unternehmen”, so Jacob.