Rente

Neuer Anlauf bei privater Altersvorsorge

Die Ampel-Regierung will die Reform der privaten Altersvorsorge angehen und die Konsenssuche an Experten delegieren. Bis Sommer 2023 soll das Ergebnis stehen.

Neuer Anlauf bei privater Altersvorsorge

Von Angela Wefers, Berlin

Eine „Fokusgruppe“ aus Anbieterverbänden, Sozialpartnern, Verbraucherschützern und Wissenschaftlern soll mit Staatssekretären von drei Bundesministerien – Finanzen, Wirtschaft und Soziales – Vorschläge für eine Reform der privaten Altersvorsorge entwickeln. Nach Informationen der Börsen-Zeitung will das Bundeskabinett am 30. November einen Beschluss zu Zielen und Arbeitsauftrag der Fokusgruppe fassen.

Ihr Vorsitz wird beim Bundesfinanzministerium liegen. Finanzstaatssekretär Florian Toncar (FDP) hatte dort schon die Aktienrente in der gesetzlichen Rentenversicherung verhandelt. Beim Bundesfinanzministerium ist auch die Geschäftsstelle der Fokusgruppe aufgehängt. Vom Wirtschafts- und vom Sozialministerium kommen die Staatssekretäre Sven Giegold (Grüne) und Rolf Schmachtenberg (SPD) hinzu. Auf der Anbieterseite dürften der Versicherungsverband GDV und der Fondsverband BVI dabei sein. Die Verbraucherschützer sind in solchen Fällen durch den Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) vertreten. Bundesbank, BaFin und die Deutsche Rentenversicherung sind als ständige Gäste mit dabei.

Das Ampel-Bündnis hatte im Koalitionsvertrag angekündigt, das „bisherige System der Altersvorsorge grundlegend zu reformieren“. Ge­prüft werde das Angebot eines öffentlich verantworteten Fonds mit einem effektiven und kostengünstigen Angebot mit Abwahlmöglichkeit, heißt es im Koalitionsvertrag. „Daneben werden wir die gesetzliche Anerkennung privater Anlageprodukte mit höheren Renditen als Riester prüfen.“ Für eine neue Förderung hat die Ampel besonders untere Einkommensgruppen im Visier.

Darauf stützt sich der Prüfauftrag der Fokusgruppe. Sie soll zum einen die Möglichkeit eines öffentlich verwalteten Fonds mit den im Koalitionsvertrag beschriebenen Kriterien prüfen, zum anderen die gesetzliche Aner­kennung privater Produkte. Eine Reihe von Prüfkriterien gibt die Bundesregierung der Fokusgruppe mit an die Hand (siehe Kasten). Bis Sommer 2023 soll der Abschlussbericht stehen, der Empfehlungen und Minderheitsvoten enthalten darf. Die Bundesregierung bindet sich aber nicht an das Votum. Die Empfehlungen können in die politische Entscheidung einfließen.

Längst überfällig

Die Reform der privaten Altersvorsorge drängte mindestens schon in der vergangenen Legislaturperiode, ohne dass die schwarz-rote Regierung zur Tat schritt. Die Initiative hätte beim heutigen Kanzler und damaligen Finanzminister Olaf Scholz (SPD) liegen müssen. In der SPD gibt es indessen wenig Ambition, die private Altersvorsorge zu stärken. Das Interesse liegt dort auf der ersten Säule, der gesetzlichen Rentenversicherung.

Die Riester-Rente gilt als tot. Die Anbieter beklagen, dass die Rendite wegen der Beitragsgarantie nur gering sei. Einige haben das Neugeschäft beendet. Ein gemeinschaft­licher Vorschlag der Verbände, darunter BVI und GDV, mit konkreten Punkten zur Reform der Riester-Rente fiel in der vergangenen Legislaturperiode nicht auf fruchtbaren Boden.

Verbraucherschützer sehen das Problem der Riester-Rente dagegen in den hohen Kosten der Anbieter. Eine Allianz aus dem Bund der Versicherten (BdV), VZBV und der Bürgerbewegung Finanzwende hatte vor einem Jahr das Ende der Riester-Rente gefordert, genau 20 Jahre nach ihrem Start. Sie sei nicht reformierbar. Ein Neustart sei nötig.

An Vorschlägen mangelt es auch dort nicht. Der VZBV hat als staatlich organisiertes Standardprodukt die „Extrarente“ entwickelt. Sie sei einfach und kostengünstig. Die Grünen sind mit dem ähnlich konzipierten Modell des „Bürgerfonds“ in den Bundestagswahlkampf 2021 gezogen. Die privaten Anbieter sehen darin einen staatlich organisierten neuen Wettbewerber.

Nach Jahren des Diskurses und Disputs zwischen Anbietern und Verbrauchervertretern ist fraglich, wie der neue Anlauf in der Fokusgruppe zum Konsens führen soll. Die Zeit drängt für die Ampel, wenn sie in dieser Regierungsperiode etwas be­wegen will. Denn auch die Vorstellungen in der Ampel weichen stark voneinander ab.