Nach geldpolitischen Lockerungen

New Yorks Börsenchefin optimistisch für Fintech-IPOs

Der Markt für Börsengänge zieht nach einer schwachen Phase an, doch bisher tragen einige große Namen die Erholung. Nyse-Chefin Lynn Martin ist aus mehreren Gründen aberzuversichtlich, ab dem kommenden Jahr wieder mehr innovative Finanzdienstleister aufs Parkett locken zu können.

New Yorks Börsenchefin optimistisch für Fintech-IPOs

New Yorks Börsenchefin optimistisch für Fintech-Listings

Geldpolitische Lockerung und positiver Konjunkturausblick als Treiber für verstärkte Aktivität – US-Präsidentschaftswahl liefert wichtige Signale

xaw zzt. Las Vegas

Die Chefin der weltgrößten Wertpapierbörse sieht die Märkte vor einer Welle an Finanztechnologie-Startups, die an die öffentlichen Märkte streben. Sie könne „dazu kein Datum nennen“, da der gesamte IPO-Markt nach einer schwierigen Phase erst wieder auftaue, sagte Lynn Martin, Präsidentin der New York Stock Exchange (Nyse), im Rahmen der Branchenkonferenz „Money 20/20“ in Las Vegas. Doch das verbesserte konjunkturelle Gesamtumfeld und die große Zinssenkungen der Federal Reserve aus dem Dezember machten Mut, dass der Andrang auf dem Parkett bereits im kommenden Jahr deutlich stärker ausfallen werde als im laufenden.

Erholung nach Einbruch

In den ersten neun Monaten 2024 haben Initial Public Offerings in den USA bereits deutlich mehr eingespielt als im gesamten Jahr 2022 oder 2023: Die Beratungsgesellschaft EY beziffert die Einnahmen auf 27,3 Mrd. Dollar, Martin nennt gar 37 Mrd. Dollar – im Vorjahr waren es 22,2 Mrd. Dollar. Die Analysten von Bank of Montreal Capital Markets gehen davon aus, dass der Wert im kommenden Jahr zwischen 40 und 50 Mrd. Dollar liegen dürfte.

„Bisher sind es vor allem große Namen mit einer starken Historie bei Wachstum und Profitabilität, die den Frühling bei IPOs ausnutzen und in den Markt eintreten“, betonte Martin. Fintechs hätten dagegen stärker unter konjunkturellen Verwerfungen gelitten und schwebten deshalb noch in größerer Unsicherheit. Bis sich diese lege, müsse die Konjunkturstärke noch anhalten. Dabei befinde sich die US-Wirtschaft in einer besseren Verfassung, als bei vielen Verbrauchern ankomme. „Wir zahlen im Supermarkt immer noch viel zu hohe Preise, doch Schlüsselsektoren wie Banking und Industrie haben sich trotz tiefer makroökonomischer Schocks in guter Verfassung gezeigt“, sagte Martin.

Das Umfeld helle sich derzeit weiter auf, zugleich befänden sich die Märkte in einer Phase ungeheurer disruptiver Innovation. Künstliche Intelligenz (KI) steht auch auf der „Money 20/20“ als einer der Schlüsseltrends für die Finanzbranche im Mittelpunkt, die sich vom Einsatz der Technologie massive Vorteile in Know-Your-Customer-Prozessen und bei der Betrugsprävention sowie Effizienzgewinne zum Beispiel im Kredit-Underwriting verspricht. Laut Martin ist KI für die Nyse bereits seit zehn Jahren ein entscheidendes Hilfsmittel, um die 750 Mrd. täglich bei der Börse eingehenden elektronischen Nachrichten, darunter Buy- und Sell-Orders, auf unrechtmäßige Aktivitäten zu durchforsten.

Handelszeiten ausgeweitet

Unterdessen sei es immer wieder schwer verständlich, wie ineffizient viele Teile des Kapitalmarkts arbeiteten. Dabei verwies Martin darauf, dass Wertpapiertransaktionen in den Vereinigten Staaten erst seit Mitte des Jahres einen Tag nach dem Trade abgewickelt werden (T+1), zuvor dauerte es wie auch aktuell noch in Europa zwei und bis 2017 sogar drei Tage. Martin hebt mit Blick auf eine stärkere Funktionsfähigkeit auch die Ende der vergangenen Woche angekündigten Pläne der New Yorker Börse hervor, die Handelszeiten auf ihrer digitalen Plattform Nyse Arca an fünf Tagen pro Woche auf 22 Stunden auszuweiten.

Dabei folge der Marktbetreiber dem amerikanischen Zentralverwahrer und Kontrahenten DTCC (Depositary Trust and Clearing Corporation), der in diesem Zeitraum ein vollständiges Clearing aller Trades anbieten könne. „Irgendwann könnten wir uns ins Richtung des Handels rund um die Uhr bewegen, vorerst wollen wir aber sicherstellen, dass das neue System funktioniert“, unterstrich Martin.

Kapitalmarkt als Motor

Neben technologischen Innovationen ermöglicht die Tiefe und Liquidität des amerikanischen Kapitalmarkts eine deutliche Ausweitung der Handelszeiten. Letztere Faktoren sieht Martin auch als entscheidenden Grund für Fintechs, sich den öffentlichen Märkten zu stellen. Wer seine Aktie liste, schaffe die Voraussetzungen für ein nachhaltigeres Wachstum und einen langfristig effizienteren Kapitaleinsatz durch Rückkäufe oder Fusionen und Übernahmen. Für die weitere IPO-Aktivität von Fintechs seien der Ausgang der US-Wahlen und die Folgen für den gesamtkonjunkturellen Ausblick indes ein wichtiger Faktor.

Von Alex Wehnert, zzt. Las Vegas