Ostdeutscher Sparkassenverband erwartet keine Insolvenzwelle
sp Berlin
– Die Sparkassen aus den Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt haben im zurückliegenden Jahr ihre Vorsorge für Kreditrisiken angehoben und rechnen in der zweiten Jahreshälfte wegen der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie mit steigenden Unternehmensinsolvenzen. Die Gefahr einer Insolvenzwelle wird beim Ostdeutschen Sparkassenverband (OSV), der 44 Sparkassen in den vier Ländern vertritt, dennoch als gering eingeschätzt. Deutlich stärker treiben den OSV die Folgen der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) um, die im zurückliegenden Jahr erneut am Zinsüberschuss der Institute geknabbert hat und bereits das dritte Jahr in Folge zu einem rückläufigen operativen Ergebnis führte. Auch im neuen Turnus rechnet der OSV mit einem Ergebnisrückgang bei seinen Mitgliedsbanken.
„Die Liquidität der Unternehmen bietet noch keine Anzeichen, um von flächendeckend drohenden Insolvenzen zu sprechen“, sagte OSV-Geschäftsführer Wolfgang Zender bei der Jahrespressekonferenz des Verbandes zur Gefahr einer Insolvenzwelle. „Es wird Insolvenzen geben, wir haben einen Bug aus dem letzten Jahr. Aber ich bin überzeugt, dass wir keine große Insolvenzwelle bekommen werden“, ergänzte Verbandspräsident Michael Ermrich. Über Kredite, Stundungen und staatliche Zuschüsse sei die mittelständische Wirtschaft aktuell mit ausreichend Eigenkapital ausgestattet.
Die ostdeutschen Sparkassen haben im vergangenen Jahr nach Angaben des OSV insgesamt 33000 Anträge auf Stundungen von Krediten mit einem Gesamtvolumen von 4,2 Mrd. Euro gewährt, wovon rund drei Viertel auf Geschäftskunden zurückgingen. Das gesamte Kreditvolumen stieg zuletzt um gut 7% auf 65,5 Mrd. Euro, wovon rund die Hälfte auf Unternehmen und Selbständige entfiel. Der ohnehin hohe Einlagenbestand der Ostsparkassen kletterte um knapp ein Zehntel auf rekordhohe 120,3 Mrd. Euro.
Je länger der Zwangsstillstand von Teilen der Wirtschaft in der Coronakrise dauere, umso unsicherer werde die Situation, räumte Zender mit Blick auf die Firmenbilanzen ein. Zudem seien die großen Sorgen etwa im Einzelhandel oder der Gastronomie berechtigt. „Wir sehen die Not insbesondere einzelner Branchen infolge des fortgesetzten Lockdowns und dass ausbleibende Hilfen zu Schwierigkeiten führen“, sagte Zender. Insgesamt haben die 44 Institute aus dem OSV-Gebiet für Wertberichtigungen im Kreditgeschäft per Ultimo 103 Mill. Euro und damit 15 Mill. Euro mehr als 2019 vorgesehen. Das Bewertungsergebnis im Wertpapiergeschäft fällt mit minus 123 Mill. Euro ebenfalls negativ aus.
Die Sparkassen selbst seien 2020 mit den Auswirkungen der Pandemie gut klargekommen, erklärte OSV-Präsident Ermrich. Die größte Herausforderung seien auch 2020 die seit nunmehr sechs Jahren niedrigen und teilweise negativen Zinsen gewesen, die zusammen mit den Belastungen aus der Regulierung für ein um 45Mill. Euro geringeres operatives Ergebnis von 1,15 Mrd. Euro sorgten, das 0,85% der durchschnittlichen Bilanzsumme (DBS) der Institute entspricht.
Zinserträge bröckeln ab
Seit 2018 ist das Ergebnis vor Bewertung der 44 Ostsparkassen um 166 Mill. Euro gesunken, wie Ermrich vorrechnete. Dabei haben die Institute ihr Provisionsgeschäft seit 2014 fast um 30% gesteigert. „Der Zinsüberschuss bröckelt und bröckelt“, sagte Zender. Die Erträge der Eigenanlagen der Mitgliedsinstitute des OSV seien seit 2016 infolge der Niedrigzinspolitik der EZB um insgesamt 1 Mrd. Euro eingebrochen. „Es wäre blauäugig zu glauben, dass so ein über Jahre anhaltender Rückgang der Erträge ohne Auswirkungen bleibt“, sagte Ermrich. Weil der Zinsüberschuss, der größte Ertragsbringer der Sparkassen, wegen der Niedrigzinspolitik auch im laufenden Turnus rückläufig erwartet wird, schließt der OSV nicht aus, dass Kunden für Sparkassen-Leistungen künftig mehr zahlen müssen.
OSV | ||
Betriebsvergleichszahlen angelehnt an HGB | ||
in Mill. Euro | 2020 | 2019 |
Zinsüberschuss | 2 048 | 2 118 |
Provisionsüberschuss | 902 | 894 |
Betriebsergebnis vor Bewertung | 1 147 | 1 191 |
Bewertungsergebnis Wertpapiere | – 123 | 112 |
Bewertungsergebnis Kredite | – 103 | – 88 |
Jahresergebnis | 167 | 141 |
Cost Income Ratio (%) | 61,4 | 60,8 |
Bilanzsumme * | 142 439 | 130603 |
Kundeneinlagen * | 120330 | 109795 |
Kundenkredite * | 65464 | 60 985 |
*) Stichtagswerte per 12.12.2020Börsen-Zeitung |