Pfandbriefbanken kontern Kritik der EZB-Aufsicht
Pfandbriefbanken kontern Kritik der EZB-Aufsicht
Verband warnt vor Angleichung an angelsächsische Bewertungspraxis für Immobilien
wbr/fed Frankfurt
Der Verband deutscher Pfandbriefbanken (VDP) warnt davor, die angelsächsische Bewertungspraxis für den deutschen Immobilienmarkt zu übernehmen. „Das würde zu extremen Schwankungen führen“, sagt VDP-Präsident Gero Bergmann im Interview der Börsen-Zeitung. Deutschland sei mit der hierzulande üblichen Glättung seit vielen Jahren besser gefahren als die meisten internationalen Märkte.
Bergmann, der hauptberuflich Vorstandsmitglied der BayernLB ist, bricht eine Lanze für die Trägheit des deutschen Marktes. „Das deutsche Bewertungssystem hat uns 2008 geholfen, gut durch die Krise zu kommen“, sagte er und appellierte an die Europäische Zentralbank (EZB), sich am deutschen System zu orientieren.
„Ist es wirklich gut und wird es dem betrachteten Markt gerecht, dass die Preise in London oder anderswo so nach oben schießen und dann wieder stark einbrechen?“, so Bergmanns rhetorische Frage. Die EZB scheine hingegen eine möglichst große Amplitude zu bevorzugen. „Manchmal denke ich, die EZB ist regelrecht überrascht, dass der Immobilienmarkt nicht der gleichen Dynamik folgt wie der Kapitalmarkt.“
Kein „blinder Fleck“
Bergmann verwahrte sich gegen den Vorwurf, die Bewertung von Gewerbeimmobilien sei ein blinder Fleck in den Bankbilanzen. Die EZB-Bankenaufsicht hat sich das Thema vorgeknöpft, weil sie befürchtet, dass die Bilanzen den Preisverfall infolge der abrupten Zinswende nicht korrekt abbilden. „Natürlich ist eine Nervosität am Markt da“, räumte er ein. Aber die Bewertungen würden laufend angepasst und flössen in die Berechnung der Kapitalanforderungen ein.
Trotz des Preisverfalls infolge des historischen Zinsanstiegs lägen die Beleihungsquoten der deutschen Immobilienfinanzierer über alles gesehen weiterhin unter 60%, unterstrich Bergmann: „Die Gaps zwischen Kreditbetrag und Immobilienwert sind nach wie vor komfortabel.“ Was die Banken vor Herausforderungen stelle, sei der Einbruch der Transaktionen. Daraus die Konsequenz zu ziehen, die Preise so niedrig wie möglich anzusetzen, hält Bergmann nicht für zielführend: „Es ist doch nicht der richtige Weg, Risiken zu unterstellen, von denen man gar nicht weiß, ob es sie gibt.“
Hoffnung auf eine rasche Markterholung macht Bergmann nicht: „Ich rechne damit, dass wir Mitte 2024 an den Punkt gelangen werden, an dem es nicht weiter runtergehen wird.“ Gegen Ende des zweiten Halbjahres erwartet er eine erste leichte Zinssenkung, die den Transaktionsmarkt wieder in Gang setzen wird.