Politik überschattet Bankenkonsolidierung in Spanien
Politik überschattet Bankenkonsolidierung
Märkte sehen feindliche Übernahme von Sabadell durch BBVA skeptisch – Regierung nimmt sich Bedenkzeit
Brüssel begrüßt einen Zusammenschluss der zweiten mit der viertgrößten Bank Spaniens mit Blick auf die Bankenunion. Die Aufsichtsbehörden und auch die Hauptkonkurrenten Santander und Caixabank sehen keine wesentliche Bedrohung für den Wettbewerb durch die Übernahme. Doch die Regierung hegt andere Pläne.
ths Madrid
Für BBVA geht es bei der feindlichen Übernahme von Banco Sabadell auf die Zielgerade. Doch das letzte Stück gestaltet sich für die spanische Großbank als steiler Weg bergauf. Die Linksregierung in Madrid hat sich bis zum 27. Juni Zeit genommen, um über mögliche weitere Auflagen im Sinne des „öffentlichen Interesses“ zu befinden. Durch eine Fusion entstünde ein neuer Bankriese mit einer Bilanzsumme von gut 1 Bill. Euro.
Skeptische Märkte
An den Märkten ist Skepsis zu spüren. Nach Börsenschluss am Donnerstag lag die Aktien von Sabadell 6,4% über dem Kaufangebot von BBVA. Zum einen rechnen offenbar viele Anleger mit einem Scheitern des Übernahmeversuchs wegen zu hoher Hürden für den Käufer oder einer Ablehnung durch die Aktionäre von Sabadell. Andere kalkulieren, dass BBVA das Angebot noch verbessern wird, obwohl die Großbank dies schon mehrfach ausgeschlossen hat. „Die Aktionäre sprechen bereits“, frohlockte der CEO von Sabadell, César González-Bueno, am Mittwoch.
Das Wirtschaftsministerium von Carlos Cuerpo hatte in einem ungewöhnlichen Schritt zuvor eine öffentliche Anhörung zu der Übernahme durchgeführt, bei der jeder über ein Online-Formular seine Bedenken äußern konnte. Die Ergebnisse der Umfrage sind nicht bekannt, auch nicht, inwiefern sie das abschließende Urteil der Regierung beeinflussen werden.
Widerstand in Barcelona
Die Wettbewerbsbehörde CNMC hatte die Transaktion genehmigt, aber mit erheblichen Auflagen. So muss sich BBVA zur Beibehaltung von Filialen in strukturschwachen Gegenden verpflichten und die Kreditbedingungen für Kunden von Sabadell, vor alle Unternehmen, drei Jahre garantieren. Doch der Nationale Gerichtshof prüft gerade die Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Wettbewerbsaufsicht. Denn rund 80 Organisationen klagen, dass ihre Anliegen von der CNMC nicht berücksichtigt worden seien, darunter Gewerkschaften und die Handelskammer von Barcelona. Besonders in Katalonien stößt die Übernahme auf große Ablehnung, da Sabadell dort eine Institution ist. Ministerpräsident Pedro Sánchez muss bei der Entscheidung über die Operation Rücksicht auf die katalanischen Separatisten von Junts nehmen, deren Stimmen seine Minderheitsregierung braucht.
Die EU-Kommissarin für Finanzdienstleistungen, Maria Luís Albuquerque, traf sich Anfang der Woche mit Wirtschaftsminister Cuerpo und den Spitzen der CNMC und der spanischen Notenbank. In einem Interview mit der Wirtschaftszeitung „Expansión“ äußerte sich die Portugiesin nicht konkret zu der Transaktion. Sie betonte jedoch die Bedeutung der Konsolidierung der Bankbranche in Europa mit Blick auf die unvollständige Bankenunion. „Wir sollten mit den USA und China und der globalen Welt konkurrieren“, sagte Albuquerque. In Brüssel sieht man die Einmischung Madrids sehr kritisch und behält sich ein Verfahren gegen Spanien vor.
Hilfe von den großen Wettbewerbern
Von den beiden großen Mitbewerbern, Santander und Caixabank, bekommt BBVA Unterstützung. Der CEO von Caixabank, Gonzalo Gortázar, wiederholte am Mittwoch, dass es in Spanien noch „Spielraum“ für eine weitere Konsolidierung der Finanzbranche gebe. Das sieht offenbar auch die Regierung so, allerdings auf andere Art. Statt das Feld auf drei große Banken – Santander, Caixabank und BBVA mit Sabadell – zu reduzieren, bevorzugt Madrid einen Zusammenschluss von Sabadell mit einer kleineren Bank, um einen starken vierten Anbieter zu schaffen.
Die Blicke richten sich vor allem auf Unicaja, die zum Ibex 35 gehört. González-Bueno dementierte Kontakte, doch gab es in letzter Zeit zahlreiche Berichte in verschiedenen nationalen und internationalen Medien. Auch die Analysten sehen eine solche Alternative positiv. „Sollte das Angebot von BBVA letztlich scheitern (eine reale Möglichkeit, da die Aktien von Sabadell über dem Angebot notieren und die Aktionäre keinen Verlust akzeptieren werden), wäre eine Fusion zwischen Sabadell und Unicaja die strategisch beste Lösung“, kommentierte Joan Esteve vom Fondmanager Gesinter.