Quantensprung im Risikomanagement
Martin WeinrauterGeschäftsführer bei Grohmann & WeinrauterGeprägt vom Aktiencrash im Herbst 1987 haben sich Thomas Grohmann und Martin Weinrauter 1991 mit ihrer Firma G&W als Vermögensverwalter selbstständig gemacht. Im Unterschied zu den meisten Vermögensverwaltern, die ihnen später mit diesem Schritt in die Unabhängigkeit folgten, haben sie ihre Motivation weniger mit einem “weg von den Banken” begründet, sondern immer mit einem “hin zu einem krisensicheren Risikomanagement”. Viel Zeit ist vergangen, und was damals eine Innovation war, ist heute vielfach zur Selbstverständlichkeit geworden. Vielleicht liegt es daran, vielleicht auch an der Zinspolitik der Europäischen Zentralbank oder der fortschreitenden Technisierung der Fondsmanagementprozesse – der große Vorteil unserer ursprünglich verwendeten Algorithmen gegenüber dem undisponierten Markt ist geschrumpft. Umso interessanter wurden die Ergebnisse einer Forschungseinheit (AIRC), die G&W mit Partnern bereits im Frühjahr 2014 gegründet hatte. Die Ziele der vollständig unabhängig von bestehenden Fondsmanagementstrukturen arbeitenden Einheit waren Antworten auf die Fragen, wie den beiden größten, aber systemimmanenten Schwachstellen jedes prozyklisch trendfolgenden Risikomanagements begegnet werden kann: Underperformance in Aufwärtstrends und vor allen Dingen in den sogenannten Seitwärtsbewegungen der Märkte.Es gibt nur einen Weg. Wer im fallenden Markt weniger verlieren will als der Markt, muss verkauft haben. Fällt der Markt dann weiter, ist alles gut. Fällt er nicht weiter, ist gar nichts gut, denn es ist eine Illusion, anzunehmen, ein Risikomanager könne das Risiko von Kapitalanlagen eliminieren. Er kann es nicht. Er kann es nur verlagern auf ein anderes Risiko. In diesem Fall das Risiko, im steigenden Markt nicht dabei zu sein. Laien sagen uns häufig, das Risiko, nicht zu gewinnen, sei doch weniger schlimm als das Risiko, zu verlieren. Aber so ist es nicht. Jeder professionelle Anleger muss früher oder später in den Markt zurückkehren und dann ist das gleiche Risiko unverändert wieder da. Der Lösungsansatz lag für AIRC zunächst in einer Antwort auf die Frage nach der Underperformance in Aufwärtstrends. Jeder Verkauf muss in Aufwärtstrends wieder zu höheren Preisen zurückgekauft werden und da die Risikomanagement-Algorithmen in Aufwärtstrends gegen den Markttrend handeln müssen, addieren sie Kleinverlust auf Kleinverlust. Der Lösungsansatz liegt auf der Hand. Wer als Risikomanager im steigenden Markt mithalten will, braucht ein Portfolio, das stärker steigt als der Markt. Wir haben also als Risikomanager das Chancenmanagement für uns entdeckt und gemerkt, dass ein Management von Chancen derart nah verwandt ist mit dem Management von Risiken, dass wir nicht das geringste Problem mit dem Setup von entsprechenden Fondsmanagementprozessen hatten. Die große Frage war allerdings, ob die deutlich höheren Handelskosten – der folgerichtig notwendigen Verlagerung der Risikomanagementprozesse vom Futures Overlay der Portfolioebene auf die Ebene jedes einzelnen Assets – nicht den möglichen Vorteil egalisieren würden.Es war unsere Vermutung, dass es so sein musste. Wir haben Datenbanken aufgebaut. Wir haben getestet. Wir haben die These der zu hohen Handelskosten aber nicht nachweisen können, denn die Ergebnisse zeigten das Gegenteil und wir sind als Quants über die Hürde unserer Effizienz-Überzeugungen gesprungen. Es war gut, dass wir gesprungen sind, denn die Ergebnisse der seither erzielten Realzahlen sprechen mit einer überzeugenden Sprache.