Im GesprächNikola Steinbock, Rentenbank

Rentenbank werkelt an Vermessung der Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft

Wenn die Landwirtschaftliche Rentenbank Finanzierungen an Landwirte ausreicht, übermitteln ihr die Hausbanken sehr unterschiedliche nichtfinanzielle Kennziffern über die Endkreditnehmer. Vorstandssprecherin Nikola Steinbock sondiert gerade mit Bankenverbänden und Vertretern der Branche, wie sich das Datenset vereinheitlichen lässt.

Rentenbank werkelt an Vermessung der Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft

Im Gespräch: Nikola Steinbock

„Standardisierung braucht Regulierung“

Die Chefin der Rentenbank über ESG-Daten, nachhaltige Transformation in Zeiten des Fleischkonsums und die schwierige Messbarkeit von Biodiversität

Noch werden bei der Landwirtschaftlichen Rentenbank von den Hausbanken sehr unterschiedliche Datenpunkte über die Nachhaltigkeitskennziffern der Landwirte und anderer Endkreditnehmer eingeliefert. Deshalb sondiert die Förderbank, wie sich dieses Datenset vereinheitlichen lässt.

Von Detlef Fechtner, Frankfurt

Die Landwirtschaftliche Rentenbank bemüht sich um eine Standardisierung der nichtfinanziellen Daten, die ihr die Hausbanken über landwirtschaftliche Höfe und andere Endkreditnehmer weiterreichen. „Wir sind gerade dabei, gemeinsam mit den Bankenverbänden und Vertretern der Branche sowie der Wissenschaft und von Bundesinstituten zu überlegen, wie wir dieses Datenset vereinheitlichen können“, berichtet die Vorstandssprecherin der Rentenbank, Nikola Steinbock, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.

Der nächste Schritt werde dann sein, mit der Bundesregierung zu sprechen. „Denn für die Datensets gilt: Standardisierung braucht Regulierung“, erklärt Steinbock, die zugleich anfügt: „An vielen anderen Stellen brauchen wir sie nicht.“ Bislang fragten die Hausbanken sehr unterschiedliche Daten in puncto Nachhaltigkeit ab – sowohl was die Intensität und den Umfang als auch die Qualität betreffe.

Nikola Steinbock

Die Rentenbank hat darüber hinaus auch ihren eigenen Fußabdruck im Blick. Das Institut strebe an, 50% der Daten, die es für die Nachhaltigkeitsberichts-Richtlinie CSRD brauche, Ende 2024 zusammenzuhaben. „Das halten wir für realistisch“, sagt Steinbock. „Ende 2025 sollten wir dann auch die andere Hälfte zusammenhaben – das trauen wir uns zu.“

Anspruchsvoll werde dabei die Messung von Scope 3, also die Treibhausgasemissionen entlang der Wertschöpfungskette der Bank. Die Rentenbank versuche, so viele Daten zusammenzusammeln, dass sie den Scope 3 genauer messen könne – und dass diese Messung auch wirklich dem gerecht werde, was im Portfolio der Bank drin sei. „Wir werden jedoch auf keinen Fall beginnen, massenweise Erhebungen bei unseren Endkreditnehmern, also den Landwirten, zu machen.“

Nicht nur „grün“ und „braun“

Steinbock hat Vorbehalte gegen die pauschale Einteilung in „grün“ und „braun“. Die Bank habe mit 25% ihrer Kredite Nachhaltigkeit adressiert. Davon lasse sich aber nicht ableiten, dass der Rest „braun“ sei. Die Vorstandssprecherin tritt der Erwartung entgegen, Kapital nur noch in dunkelgrüne Investments zu lenken. „Wir bräuchten ja keine nachhaltige Transformation, wenn wir nur in nachhaltigen Themen unterwegs wären.“ Vielmehr gehe es um Transformation. „Das bedeutet auch, nach wie vor Dinge zu finanzieren, die nicht per se nachhaltig sind.“

Steinbock veranschaulicht dieses Argument anhand eines Beispiels: „Sie werden ja, wenn Sie weiterhin Fleisch konsumieren wollen in Deutschland – und danach sieht es ja aus, dass das viele Menschen wollen – sich damit befassen müssen, Ställe umzubauen, aber es bleibt ein Stall. Und da sind Tiere drin, und diese Tiere haben eine wie auch immer geartete Treibhausgasemission, die man reduzieren kann, aber die man nicht vollständig wegbekommt.“

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Transformation bedeute, dort den Hebel anzusetzen, wo man per heute große Effekte erzielen kann. Ziel sei es, die Schadstoffe so zu verringern, dass „insgesamt unser Fußabdruck neutral oder null wird“. Aber das werde erst in 20 Jahren so sein. Transformation heiße daher, „dass wir nicht morgen Riesenschritte gehen können“, denn „wir müssen alle mitnehmen, sonst machen wir keine Transformation.“

„Nicht jeder Betrieb ist sich bewusst, was auf ihn zukommen wird“

Mit Blick auf die Endkunden der Rentenbank hebt Steinbock hervor, dass das Bewusstsein für die Notwendigkeit von Klimaschutz in der Landwirtschaft immens sei. Schließlich beeinflusse der Klimawandel die Landwirtschaft nachhaltig, da die Bauern umgehen müssten mit Starkregen, mit Trockenheit und mit dem Verlust von Biodiversität. Nicht überall vorhanden sei indes das Bewusstsein, welches Ausmaß an Daten bei der Hausbank abgeliefert werden muss: „Nicht jeder Betrieb ist sich bewusst, was auf ihn zukommen wird.“

In den landwirtschaftlichen Betrieben gebe es zweifelsohne Zielkonflikte, da die Höfe nicht nur nachhaltig, sondern auch ertragreich wirtschaften wollten. „Angesichts dieser Zielkonflikte bemühen wir uns, mit den Landwirten auszuloten, wie wir das gemeinsam hinkriegen“, betont Steinbock und gibt einige Hinweise, wie die Bank dabei vorgeht: „Wir kommunizieren positive Beispiele, wir vernetzen Menschen miteinander, wir finanzieren Geschäftsmodelle, die ganz neu sind und der Landwirtschaft Impulse geben, Dinge ganz anders zu tun, zum Beispiel auch indem wir Start-ups finanzieren.“

Außerdem definiere die Rentenbank die „Zukunftsfelder im Fokus“, etwa bodenschonende Bearbeitung oder effiziente Bewässerung. Bei diesen „Zukunftsfeldern“ biete die Bank Premium-Konditionen an, um klare Anreize zu geben.

Programmkredite bleiben Kerngeschäft

Der Hauptteil des Geschäfts der Förderbank blieben freilich die Förderkredite und Programmkredite, „wo wir mit 6 bis 7 Mrd. Euro im Jahr konkret Refinanzierungen über die Hausbank ausreichen – das ist unser absolutes Hauptgeschäft.“ Wenn man sich demgegenüber die Investitionen in Venture-Capital-Fonds anschaue, erkenne man die Größenunterschiede, denn das seien im Endausbau bis Ende nächsten Jahres 140 Mill. Euro. Steinbock fasst zusammen: „Wir refinanzieren die Breite der Landwirtschaft, und gleichzeitig fördern wir neue Ansätze.“

Die Vorstandssprecherin betont, dass sich die Branche in besonderen Umständen befinde: „Es gab immer Umbrüche, aber derzeit sind die Umbrüche gewaltig – ebenso wie die Herausforderungen durch Klimawandel, Biodiversität und vieles andere.“ Deshalb seien die Auseinandersetzungen emotionaler und herausfordernder als früher.

Die Rentenbank habe sich vor diesem Hintergrund für eine Strategie des schrittweisen Vorgehens entschieden: „Wir teilen die Antworten auf die Herausforderungen in einzelne Schritte. Denn dann wird es übersichtlicher – und die Herausforderungen erscheinen nicht mehr so übermächtig.“

Artenvielfalt schwer messbar

Ein großes Thema aus Sicht der Rentenbank sei Artenschutz: „Biodiversität ist total wichtig – ist wesentlich“, zeigt sich Steinbock überzeugt. Fruchtbarkeit von Pflanzen hänge von der Artenvielfalt ab.

Allerdings sei die Messung von Biodiversität schwierig. Die Rentenbank finanziere seit vielen Jahren ein Projekt, „mit dem wir vorankommen wollen bei der Messbarkeit von Biodiversität“. Aber es sei noch ein langer Weg, bis Biodiversität in der Breite gemessen werden könne.

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