Ringen um den Einlagenschutz der HSH Nordbank
Von Bernd Neubacher, FrankfurtSeit Jahren wird darüber geredet, wie dringend die deutsche Kreditwirtschaft Zusammenschlüsse und Fusionen nötig hätte – nicht ohne zugleich das Dreisäulensystem als einer Konsolidierung entgegenstehende Hürde zu beklagen. Wenn aber mit dem Verkauf der HSH Nordbank an ein Konsortium um Cerberus und J.C. Flowers dann die erste Privatisierung einer Landesbank erst einmal angekündigt worden ist, kehrt in der öffentlichen Wahrnehmung umgehend Ruhe ein. Verdächtig viel Ruhe? Es geht um SteuergeldImmerhin soll mit dem Institut, das allein im Startquartal rund 100 Mill. Euro Verlust geschrieben hat, eine Bilanzsumme von voraussichtlich noch rund 50 Mrd. Euro den Besitzer wechseln. Die Bilanz lässt dabei nur annähernd erahnen, um wie viel Geld der Steuerzahler es dabei geht. Mehrere Milliarden Euro Eigenkapital haben die Bundesländern Hamburg und Schleswig-Holstein in den vergangenen Jahren spendiert. Ihre Verlustgarantie für die Bank über 10 Mrd. Euro ist bereits aufgebraucht, und weitere Verluste stehen mit den von den Ländern übernommenen Schiffspapieren ins Haus. Die an der Privatisierung Beteiligten versuchen jedenfalls, die heikle Transaktion möglichst geräuschlos über die Bühne zu ziehen. Nach Zustimmung der Hamburgischen Bürgerschaft und des Landtags Schleswig-Holsteins steht noch das Plazet der Aufsicht aus – und eine Einigung auf den Übergang der Landesbank von der Institutssicherung des Sparkassenverbundes in die Einlagensicherung der privaten Banken. Dass es dabei hinter den Kulissen zur Sache geht, ist unverkennbar. So lehnen die privaten Banken es ab, der HSH Nordbank bereits drei Jahre nach Abschluss der Transaktion den vollen Depositenschutz zu gewähren. Angesichts einer zweijährigen Frist für den Ausstieg aus der öffentlich-rechtlichen Institutssicherung sowie einer dreijährigen Bewerbungsdauer für die private Einlagensicherung, während der eine Haftungsbeschränkung je Anleger auf 250 000 Euro gilt, haben sie vielmehr eine Frist von fünf Jahren errechnet. Man tritt den privaten Banken vermutlich kaum zu nahe mit der Vermutung, dass hinter solchen Verweisen auf die Satzungen des jeweiligen Einlagensicherungssystems auch die Sorge vor unwägbaren Risiken steckt, welche sich die privaten Banken mit HSH Nordbank aufbürden könnten. Entsprechend zäh dürfte sich der Übergang noch gestalten. Dies könnte Folgen haben. Denn ob die Aufseher dem Verkauf einer ohne Einlagenschutz dastehenden HSH Nordbank zustimmen werden, steht in den Sternen.Für die Käufer ist es überdies essenziell, möglichst rasch den vollen Depositenschutz der Privaten zu erhalten. Schließlich refinanziert sich das Institut derzeit vor allem im Sparkassenverbund sowie bei institutionellen Einlegern, die in der Regel mehr als jeweils 250 000 Euro mitbringen dürften. Sollte nach einem Verkauf das Sicherungsniveau gedeckelt sein, dürften sich manche Investoren überlegen, ob sie ihr Geld nicht andernorts unterbringen.Allerdings schränken die privaten Banken ihren Einlagenschutz derzeit ohnehin ein: Seit Oktober vergangenen Jahres schon sind Einlagen von Bund, Ländern und Kommunen sowie bankähnlicher Kunden vom Einlagenschutz ausgenommen. Ab Anfang übernächsten Jahres wird dies auch für Einlagen mit einer Laufzeit von mehr als 18 Monaten gelten. Es gilt Bestandsschutz. Ganz gleich also, ob die HSH Nordbank nun, wie offenbar von den Sparkassen und den Käufern favorisiert, nach drei, oder, wie von den privaten Banken postuliert, erst nach fünf Jahren den vollen Depositenschutz genießen wird – er fällt in jedem Fall bescheidener aus als bisher. Allerdings hat das Institut bereits angekündigt, seine Refinanzierung mit Hilfe der Einlagen von Privatanlegern auszuweiten – 2022 will sie den Bestand der Wholesale-Einlagen von 25 Mrd. auf 7 Mrd. Euro reduzieren und das Volumen an Retail-Depositen von eigentlich null auf 8 Mrd. Euro hochdrehen, wie es im April hieß. Auch ins Geschäft mit kleinen und mittelgroßen Unternehmen will die HSH Nordbank einsteigen und dort Depositen ausweiten. Glücklicher ZufallDa scheint es fast wie ein glücklicher Zufall, dass diese beiden Gruppen, sobald die Einlagensicherungsreform der privaten Banken ihre Wirkung entfaltet, noch die von den privaten Banken am großzügigsten geschützten Einleger sein dürften. Nur böse Zungen würden behaupten, da richte ein Institut sein Geschäftsmodell an den Konditionen der künftigen Einlagensicherung aus. In jedem Fall wird eine Bank, die sich nach einer wenig ruhmreichen Historie samt Privatisierung mit einem neuen Geschäftsmodell anschickt, ihre Refinanzierung auf neue Beine zu stellen, Depositen eher bei geschützten als bei ungeschützten Einlegern einsammeln – vorausgesetzt, die privaten Banken nehmen sie in ihr Einlagensicherungssystem auf, wozu sie nicht verpflichtet sind.Derzeit geht der Prüfungsverband der privaten Banken noch der Frage nach, ob die HSH Nordbank über ein funktionierendes Geschäftsmodell verfügt, was als Bedingung für die Aufnahme ins System gilt. Danach wandert die Angelegenheit in den Ausschuss für Einlagensicherung der privaten Banken, und am 5. November soll dann der Vorstand des Bankenverbandes entscheiden. Dass sich inzwischen die Politik in den Konflikt eingeschaltet hat und am Dienstag vorvergangener Woche auf Einladung der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein ein Spitzengespräch mit Vertretern aller Parteien stattfand, wie Börsen-Zeitung und “Süddeutsche Zeitung” berichteten, ist bei Analysten unterschiedlich gewertet worden. Dass ein solches Treffen überhaupt stattgefunden habe, zeige, dass die politische Unterstützung für die Privatisierung stark sei, meint die Deutsche Bank. Daher dürfte eine Lösung gefunden werden. Die DZ Bank weist dagegen darauf hin, dass sich der Abschluss der Privatisierung wegen des Ringens um eine Einigung “länger hinziehen” dürfte als erwartet. Aufgrund solcher Unsicherheit seien Gläubiger vorrangiger Anleihen der HSH Nordbank “erhöhten Spread-Risiken” ausgesetzt.