GastbeitragRisikobeurteilung

Daten sind der Schlüssel zu gutem Risikomanagement

Anhaltende politische und wirtschaftliche Turbulenzen erfordern ein Risikomanagement, das potenzielle Probleme treffsicher identifiziert.

Daten sind der Schlüssel zu gutem Risikomanagement

Daten sind der Schlüssel zu gutem Risikomanagement

Risiken richtig zu bewerten zählt seit jeher zu den entscheidenden Erfolgsfaktoren jeder Unternehmensstrategie. Ein wesentlicher Aspekt dabei ist, die Zuverlässigkeit von Geschäftspartnern zu beurteilen. Das gilt zum einen mit Blick auf ihre mögliche Ausfallwahrscheinlichkeit bzw. bei Kunden auf ihre Zahlungsfähigkeit, zum anderen aber zunehmend auch, was die Integrität im Sinne regulatorischer Anforderungen angeht.

Immer schärfere Regeln

Finanzinstitute, für die das Risikomanagement traditionell zu den Kernaufgaben zählt, sehen sich hier mit immer schärferen Regelwerken konfrontiert. Aber auch andere Unternehmen sind immer häufiger von neuen Regularien betroffen. Beispielhaft zu nennen sind hier das Lieferkettengesetz, die Weiterentwicklung des Geldwäscherechts und die über mehrere EU-Vorschriften verteilten Anforderungen an eine nachhaltige Unternehmenstätigkeit.

Vielfältige politische Spannungen, anhaltende wirtschaftliche Turbulenzen und der technologische Wandel mit entsprechenden Disruptionen machen schon die klassische Bonitätsbewertung komplex. Daneben auch Regulierungs- und Reputationsrisiken im Blick zu behalten erfordert einen erheblichen Aufwand.

Prozesse stoßen an Grenzen

Klassische Risikomanagement- und Due-Diligence-Prozesse stoßen hier schnell an ihre Grenzen. Das ist vor allem dem Prozess geschuldet, auf welchen viele Kreditinstitute und andere Unternehmen noch immer zurückgreifen, um relevante Daten zu erheben und zu verarbeiten. So können unvollständige oder veraltete Daten zu kostspieligen Fehleinschätzungen führen. Manuell und in unterschiedlichen Abteilungen separat erfasste Daten bergen zusätzliches Fehlerpotenzial. Oft werden außerdem die Möglichkeiten, die eine systematische und weitgehend automatisierte Analyse valider Daten aus unterschiedlichsten Quellen heute bietet, bei weitem nicht ausgeschöpft.

Vergangenheitsbezogene Daten

Bei der Bewertung von Kreditrisiken etwa konzentrieren sich zahlreiche Unternehmen bis heute auf vergangenheitsbezogene Daten aus alten Jahresabschlüssen und ausschließlich auf das eigene beobachtete Zahlungsverhalten. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse bleiben zwar ein wichtiges Werkzeug zur Risikobeurteilung. Sie lassen sich aber sinnvoll ergänzen. Denn gerade ernsthafte wirtschaftliche Schieflagen können heute mittels prädiktiver Analytik häufig früher und deutlich trennschärfer identifiziert werden als bei klassischen Scoring-Modellen.

So erweist sich beispielsweise ein auf maschinellem Lernen (Maschine Learning, ML) basiertes Media- bzw. Smart-News-Monitoring als wertvolles Werkzeug, um möglicherweise bevorstehende Finanznöte eines Unternehmens frühzeitig vorherzusagen. Zu diesem Zweck wird das Internet automatisiert auf Basis vordefinierter Keywords und Trigger systematisch durchsucht, um nach relevanten Nachrichten zu suchen. Gerade im Zusammenspiel mit klassischen Risiko-Scores ergeben sich daraus häufig bedeutende Frühwarnindikatoren.

Neben der Überwachung und frühzeitigen Identifizierung potenzieller Geschäftspartnerrisiken in wirtschaftlicher Hinsicht steht die Einhaltung einer wachsenden Zahl regulatorischer Vorschriften im Zentrum von Compliance-Prüfungen. Automatisierte Analysen sind angesichts des Umfangs der Anforderungen auch hier alternativlos. Für eine effiziente Reduzierung von Regulierungsrisiken sind datenbasierte Compliance und ein digitales Compliance-Risikomanagement wesentliche Voraussetzung.

Zu beachten sind etwa die Vorschriften zur Geldwäsche-Prävention, die zuletzt mit der sechsten EU-Richtlinie verschärft wurden. Wegen deutlich umfassenderer Sanktionsmöglichkeiten – in Deutschland zuletzt konkretisiert über die im Mai bzw. Ende 2022 verabschiedeten Sanktionsdurchsetzungsgesetze (SDG I und SDG II) – stellen Defizite bei der Geldwäsche-Prüfung ein erhebliches Risiko dar.

Schwierige Bestimmung

Entscheidend ist im Rahmen von Anti-Money-Laundering-Prüfungen zunächst die eindeutige Identifizierung von Geschäftspartnern weltweit. Eine Schlüsselrolle kommt dabei der Aufdeckung komplexer Unternehmensstrukturen bis hin zum wirtschaftlich Berechtigten (Ultimate Beneficial Owner, UBO) zu. Die Bestimmung des UBO sowie die Identifizierung von politisch exponierten Personen (PEP) stellen Unternehmen oft vor große Herausforderungen. Konventionelle Suchen mittels Google & Co. sind in einer international verflochtenen Welt viel zu zeitaufwendig. Bei komplexen Unternehmensstrukturen ist es zudem sehr schwierig, überhaupt UBOs zu ermitteln.

Klar ist: Nur auf Basis hochwertiger Daten lassen sich die gesetzlichen Anforderungen umfassend erfüllen. Eine Automatisierung vereinfacht und rationalisiert dabei die regulatorisch geforderten Prozesse. Gleichzeitig bietet sie weniger Möglichkeiten für menschliche Fehler, deckt Unregelmäßigkeiten und versteckte Risiken auf und sagt zukünftige Verhaltensweisen und Risiken vorher.

Sinnvoll ist es dabei, auf Daten und Analysetools spezialisierter Dienstleister zurückzugreifen, um Datenqualität und -aktualität sicherzustellen. Sofern Daten in operationalisierbarer Form vorliegen, etwa durch Anbindung via Schnittstelle, und stets aktuell verfügbar sind – beispielsweise durch automatisches Push-Monitoring von Echtzeit-Updates –, können komplexe, digitale Regelwerke aufgebaut und genutzt werden.

Zudem lässt sich künstliche Intelligenz (KI) einsetzen, um relevante Informationen aus einer Vielzahl unterschiedlicher Quellen – wie etwa Sanktionslisten, PEP-Listen oder Adverse Media – zu verarbeiten und Ergebnisse anschließend übersichtlich und leicht verständlich darzustellen. Da eine KI-Engine unbrauchbare Daten und False Positives eigenständig herausfiltern kann, wird der Screening-Prozess deutlich beschleunigt. Grundsätzlich sind die Automatisierung dieser Prozesse und die Reduzierung von manueller Arbeit ein wesentlicher Faktor für den langfristigen Unternehmenserfolg.

Dirk Radetzki

Chief Regional Officer Central Europe,
Dun & Bradstreet

Carsten Ettmann

Senior Business Consultant,
Dun & Bradstreet