Kleinanleger

Robinhood vergrößert Kapitalpolster

Der vom Kundenansturm auf einzelne hochvolatile Aktien überwältigte US-Neobroker Robinhood erweitert seinen finanziellen Rahmen erneut. Wie am Dienstag bekannt wurde, verhandelt das Start-up mit Banken über eine zusätzliche Kreditlinie von 1 Mrd....

Robinhood vergrößert Kapitalpolster

bg Frankfurt

Der vom Kundenansturm auf einzelne hochvolatile Aktien überwältigte US-Neobroker Robinhood erweitert seinen finanziellen Rahmen erneut. Wie am Dienstag bekannt wurde, verhandelt das Start-up mit Banken über eine zusätzliche Kreditlinie von 1 Mrd. Dollar. Die bei jungen Anlegern beliebte App hatte von Investoren innerhalb weniger Tage bereits 3,4 Mrd. Dollar zugesagt bekommen.

Dieses Polster braucht Robinhood, um das explodierende Ordervolumen beim zentralen US-Clearingdienstleister DTCC abzusichern. Dieser hatte Ende vergangener Woche schlagartig die Collateral-Anforderungen für eine Handvoll Wertpapiere erhöht, die im Zentrum der Auseinandersetzung zwischen Kleinanlegern, die über Foren der Plattform Reddit organisiert sind, und Short-Sellern stehen. Diese Wucht der Retail-Orders hatte die Hedgefonds in die Knie gezwungen – und da nicht absehbar war, ob es nach dem Kursanstieg in mit Leverage erworbenen Positionen nicht zu einem ebenso schnellen Kursabsturz kommen würde, bestand der DTCC auf zusätzliche Sicherheiten seitens Robinhood.

Da Robinhood die geforderten 3 Mrd. Dollar nicht sofort parat hatte, schränkte der Broker notgedrungen den Kauf einzelner Titel ein, da er die Schwankungen mit nicht mehr als 800 Mill. Dollar zusätzlichem Collateral ad hoc absichern konnte.

Hohe Collateral-Erfordernisse

Diese Details hatte Robinhood-Chef Vlad Tenev in einem Dialog mit Tesla-Chef Elon Musk auf der Clubhouse-App berichtet. In Unkenntnis dieser Hintergründe hatten Kleinanleger empört auf die Kaufsperre reagiert – und ein Wall-Street-Komplott zu ihren Ungunsten gewittert. Ihnen geht es um die ökonomische Teilhabe gegenüber den Short-Sellern, die ihrer Meinung nach seit vielen Jahren auf ihre Kosten eine Strategie des „Dumping on Retail“ be­treiben. Das US-Justizministerium untersucht den Vorgang, der Finanzausschuss des Senats wird demnächst eine Anhörung dazu veranstalten.

Von den Turbulenzen rund um Papiere wie Gamestop waren auch deutsche Neobroker betroffen. So konnten etwa die Kunden von Trade Republic die App wegen einer „außerordentlichen Überlastung“ der angebundenen Handelsplätze für ein paar Stunden nicht in vollem Umfang nutzen, weil Trade Republic sich gezwungen sah, die Spitzen aus dem Handel zu nehmen.

Primärer Dienstleister der Orderausführung ist für Trade Republic Lang & Schwarz (L&S). Dort kam es dann wegen eines Problems eines anderen Service-Unternehmens zu technischen Problemen, woraufhin Trade Republic am Freitagmorgen Tradegate als Back-up-Handelsplatz aufschaltete – der aber ebenfalls mit dem insgesamt hohen Handelsvolumen an einem verrückten Handelstag zu kämpfen hatte.

Im Gegensatz zu Robinhood war Trade Republic aber wohl nicht mit zusätzlichen Collateral-Anforderungen konfrontiert. Denn die Berliner haben mit HSBC Deutschland einen starken Abwicklungsdienstleister im Rücken, der solche Schwankungen bewältigen können sollte. Depotführung und Wertpapierabwicklung liegen bei HSBC Deutschland, das Depot-Verrechnungskonto ist an die Solarisbank ausgelagert – und obendrauf sitzt in diesem Set-up Trade Republic mit ihrer Lizenz als Wertpapierhandelsbank.

Haupteinnahmequelle für Trade Republic ist die Vermarktung des Orderflows, was in den USA derzeit kontrovers diskutiert wird, erhalten Partner wie Citadel Securities damit doch dort Möglichkeiten zum Frontrunning. Robinhood wurde dafür in einem Einzelfall von der SEC zu einer saftigen Strafe von 60 Mill. Dollar verurteilt, weil die Aufsichtsbehörde befand, dass die Konditionen nachteilig für Kunden verhandelt wurden. In Deutschland ist das Modell „Payment für Orderflow“ erlaubt, sofern es Vorteile für den Kunden bringt – wie den kommissionsfreien Handel.

Provisionen sind erlaubt

Vergütungen erhalten Neobroker wie Trade Republic und der Scalable Broker auch beim Verkauf von Fonds und ETFs. Auch der Scalable Broker bietet kostenlosen Handel an. Dabei werden Orders zum Market-Maker Gettex geroutet und dafür teilweise Rückvergütungen gezahlt. Alternativ können Anleger gegen Ordergebühren auf Xetra handeln.