Rügen und Applaus für Wirecard

Aktionäre kritisieren Kommunikation des Zahlungsdienstleisters - Andere loben Kurs und Wachstum

Rügen und Applaus für Wirecard

Auf der Hauptversammlung von Wirecard teilen sich die 1 500 Aktionäre in zwei Lager: Die einen kritisieren heftig die aus ihrer Sicht fehlende Transparenz und den Umgang mit den Manipulationsvorwürfen. Andere loben den Vorstand für starkes Wachstum und freuen sich über hohe Kursgewinne der Aktie. jh München – Aktionäre von Wirecard haben Transparenz und Kommunikation des Zahlungsdienstleisters heftig kritisiert. Auf der Hauptversammlung gab es aber auch Applaus für die guten Geschäftszahlen und für die längerfristig betrachtet starken Gewinne des Aktienkurses. Bezogen auf den zu Beginn dieses Jahres aufgekommenen Verdacht eines Betrugs in einem Tochterunternehmen rügte Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) den Vorstandsvorsitzenden Markus Braun: “Sie gehen über die Vorfälle in Singapur mit einem Handstrich hinweg. Das kann so nicht gehen.”Braun hatte zuvor viel über Technologie und Innovation gesprochen und wenig über die im Frühjahr erstmals von der britischen Wirtschaftszeitung “Financial Times” aufgebrachten Betrugsvorwürfe. “Wir sehen dieses ganze Thema in einem spekulativen Raum.” Die Vorwürfe hätten sich nicht bewahrheitet, es habe keine Verstöße gegeben, sondern nur Schwächen in der Buchhaltung und im Compliance-System, sagte Braun. Wirecard werde die Anregungen der Aktionäre aufnehmen. “Wir haben den Anspruch, auch in der Kommunikation Best of Class zu werden”, meinte Braun.Ingo Speich von der Deka, der Fondsgesellschaft der Sparkassen, äußerte dagegen einen ganz anderen Eindruck: “Wirecard wird immer noch geführt wie ein Start-up.” Das passe nicht zu einer Marktkapitalisierung von rund 18 Mrd. Euro “und ist für ein Dax-Unternehmen völlig unangemessen”. Die Undurchsichtigkeit des Firmengeflechts sei die Achillesferse von Wirecard. “Im Stile des Weißen Hauses”Hans-Martin Buhlmann von der Vereinigung Institutioneller Privatanleger hieb in dieselbe Kerbe und sagte an Vorstand und Aufsichtsrat gerichtet: “Was Sie als Kommunikation liefern, ist traurig.” Speich kritisierte auch die Informationswege: “Twittern von relevanten Kapitalmarktinformationen im Stile des Weißen Hauses ist nicht hilfreich, Herr Dr. Braun.” Dagegen wünschte sich ein jüngerer Aktionär mehr Informationen auf diesem Weg. Er finde es gut, dass Wirecard anders kommuniziere. Ein anderer lobte die Geschäftszahlen des Unternehmens, “die verdammt gut und nachvollziehbar sind”. Ein weiterer Kleinaktionär empfahl den Kritikern von Wirecard, Aktien von Münchener Rück und der Allianz zu kaufen.Eine seit Jahren treue Wirecard-Aktionärin bedankte sich für viele Glücksmomente, die das Unternehmen mit der Entwicklung des Aktienkurses ihrem Leben beschert habe. Ihr Enkel habe ihr im Übrigen das Geschäftsmodell erklärt. Vorstandschef Braun sagte, er dürfe keine Empfehlungen geben, fügte aber mit Blick auf die Achterbahnfahrt des Kurses hinzu: “Grundsätzlich sind volatile Situationen ja gute Einstiegspunkte.” Zweifel an KandidatWegen der aus ihrer Sicht fehlenden Transparenz und eines nicht funktionierenden Risikomanagements verweigerte DSW-Vizepräsidentin Bergdolt Vorstand und Aufsichtsrat die Entlastung. Die Deka enthielt sich. Deren Sprecher Speich wandte sich jedoch gegen die Wahl des früheren Finanzvorstands der Deutschen Börse Thomas Eichelmann in den Aufsichtsrat. Auf den Gebieten Risiko, Compliance und Recht müsse sich der Aufsichtsrat dringend verstärken. Eichelmann sei dafür nicht geeignet. Ihm fehle es an Erfahrung mit Asien, Technologie und Wachstumsunternehmen.Buhlmann vermutete, Eichelmann komme als künftiger Aufsichtsratsvorsitzender ins Gremium. Der 74 Jahre alte Wulf Matthias will dieses Amt noch ein Jahr behalten. Buhlmann monierte, dass Eichelmann schon bei der ersten Wortmeldung der Aktionäre den Saal verlassen habe: “Ich wähle ihn nicht.” In der Abstimmung erhielt Eichelmann 94,7 % Ja-Stimmen. Einen Dämpfer gab es für Matthias, der mit 87,5 % entlastet wurde. Braun erhielt 97,3 %. Präsent waren 57,4 % des Grundkapitals. – Wertberichtigt Seite 8