Sberbank erachtet Kredite für Agrokor als uneinbringbar
est Moskau – Das russische Finanzsystem muss derzeit einen Schlag nach dem anderen einstecken. Während die Behörden seit dieser Woche damit beschäftigt sind, die strauchelnde Großbank Jugra abzuwickeln, in dessen Zusammenhang die Zentralbank zur Bedienung der historisch hohen Einlagensicherung von 2,5 Mrd. Euro sogar die Gelddruckmaschine wird anwerfen müssen, muss das landesweit größte Geldinstitut Sberbank einen anderen finanziellen Dämpfer verdauen. Erlitten wurde er im fernen Kroatien. Und zwar durch die Pleite des dortigen Retailkonzerns Agrokor, der seit April unter Staatskuratel steht.Konkret ist die Situation die, dass die Sberbank, die mit 1,1 Mrd. Euro größter Gläubiger von Agrokor ist, das Geld mittlerweile als verloren einstuft. Das geht jedenfalls aus der – vorerst nur nach russischen Rechnungslegungsstandards – gelegten Bilanz für das erste Halbjahr hervor. Rücklagen hochDemnach wurden im Juni um 24 % mehr Rücklagen gebildet als im Mai – und zwar 33,7 Mrd. Rubel (490 Mill. Euro). In den Kommentaren zum Ergebnis wird dieser Anstieg mit einer hundertprozentigen Deckung des Kredites an einen “großen Kreditnehmer – einen internationalen Retailer” erklärt. Dass es sich dabei umAgrokor handelt, haben sowohl diverse Analysten als auch ein Top-Manager der Sberbank gegenüber der Wirtschaftszeitung “Wedomosti” bestätigt. Noch im Mai war der Agrokor-Kredit nur zu 50 % mit Rücklagen gedeckt gewesen. Agrokor beschäftigt 60 000 Mitarbeiter in den Handelsketten Konzum und Mercator, davon 40 000 in Kroatien und jeweils etwa 10 000 in Slowenien und Serbien. Agrokors Schulden werden mit 5,4 Mrd. Euro beziffert, wobei 800 Mill. Euro Verbindlichkeiten der slowenischen Handelstochter Mercator nicht eingerechnet sind. Neben der Sberbank hat auch die zweitgrößte russische Bank VTB Geld an Agrokor verliehen – und zwar 300 Mill. Euro. Welche Rücklagen die VTB für ihren Anteil gebildet hat, ist nicht bekannt.Zusammen stammt also ein Viertel der Agrokor-Kredite aus Russland, weshalb man dem Vernehmen nach im Kreml ungehalten über das riskante Manöver der Sberbank ist. Sberbank-Chef German Gref wiederum äußerte seinen Unmut darüber, dass Kroatien mit einem Anlassgesetz rückwirkend die Rechte der Gläubiger einschränkte.Die Sberbank war 2014 zum größten Gläubiger von Agrokor geworden, indem sie 600 Mill. Euro zum Kauf von 53 Prozent an der slowenischen Handelskette Mercator zur Verfügung stellte. Ein Drittel dieser abgewerteten Aktien, die als Besicherung des Kredites fungiert hatten, wurde der Sberbank kürzlich überschrieben. Gutes GewinnplusDie anhaltende geschäftliche Erholung der Sberbank nach den innerrussischen Rezessionsjahren wurde durch das Kroatien-Exposure freilich nicht unterminiert. Im Juni betrug der Gewinn 55,1 Mrd. Rubel, was einem Plus von 22,2 % im Jahresvergleich entspricht. Der Gewinn im ersten Halbjahr beläuft sich auf 317 Mrd. Rubel – um 38,2 % mehr als im Vergleichszeitraum 2016. Als Grund für die weitere Erholung werden die gesunkenen Einlagenzinsen und die steigende Dynamik bei Privatkrediten angegeben. Die russische Zentralbank hatte den Leitzins im Juni – zum dritten Mal in diesem Jahr – auf nunmehr 9,00 Prozent herabgesetzt.