FINANZBRANCHE KÄMPFT UMS ÜBERLEBEN

Schiffsfinanzierer in schwerer See

Die Bremer Landesbank verliert ihre Eigenständigkeit - HSH Nordbank steht vor Verkauf oder Abwicklung

Schiffsfinanzierer in schwerer See

Von Carsten Steevens, HamburgNord/LB und Helaba trennt, was ihre Bilanzsummen anbelangt, wenig. Zum 30. September belief sich der Größenunterschied bei 178 Mrd. und 175 Mrd. Euro auf gerade einmal 3 Mrd. Euro – nicht mehr als eine mittelgroße Sparkasse. Bei der Kreditrisikovorsorge hingegen liegen Welten zwischen der dritt- und viertgrößten Landesbank. Während man sich in Frankfurt nach einer Vorsorge von 140 Mill. Euro in den ersten neun Monaten 2016 dem Rekordgewinn des Vorjahres nähert, steuert der Konzern in Hannover nach neuen Wertberichtigungen im selben Zeitraum von 1,6 Mrd. Euro auf den bislang größten Verlust seiner Geschichte zu. Schuld ist die seit acht Jahren andauernde Krise in der Schifffahrt. Aus sieben werden fünfDas maritime Debakel hat inzwischen handfeste Konsequenzen, die nicht nur, aber vor allem das Landesbankenlager treffen. Die Zahl der souveränen Mitglieder in dieser Gruppe der öffentlichen Banken wird sich bis Ende 2018 – so viel ist heute zu erkennen – auf fünf reduzieren. Betrachtet man die Landesbank Berlin als Sparkasse und die Bremer Landesbank (BLB), bis dato eine 55-prozentige Tochter der Nord/LB, als weitgehend selbstständiges Institut, waren es bislang sieben.Während die durch den enormen Wertberichtigungsbedarf für wacklige und notleidende Schiffskredite in Schieflage geratene BLB nach der vollständigen Übernahme durch die Nord/LB zum 1. Januar zumindest ihren Namen behalten darf, wird die HSH Nordbank auch in dieser Hinsicht von der Bildfläche verschwinden. Die EU-Kommission hat den beiden Ländereignern Hamburg und Schleswig-Holstein im Gegenzug für die Genehmigung einer Wiederaufstockung der Verlustgarantie auf 10 Mrd. Euro im Jahr 2013 aufgetragen, ihre Landesbank bis Ende Februar 2018 zu verkaufen. Sollte dies nicht gelingen, blüht dem Institut, das 2003 aus der Fusion der Hamburgischen Landesbank und der Landesbank Schleswig-Holstein hervorging, das gleiche Schicksal wie 2012 der WestLB: die Abwicklung. Der Aufsicht gefällt’sDie nicht erst durch die vor gut einem Jahr verschärfte Schifffahrtskrise alarmierte Bankenaufsicht begrüßt die weitere Bereinigung in der Landesbankenlandschaft. Der Prozess der Neujustierung werde zwar zu schmerzhaften Stellenverlusten führen, meinte Bundesbankpräsident Jens Weidmann im November bei der Feier zum 100-jährigen Bestehen des Bundesverbandes Öffentlicher Banken (VÖB). “Ich halte ihn aber gleichwohl für nötig und richtig, und zwar nicht nur aus grundsätzlichen ordnungspolitischen Überlegungen, sondern auch unter dem Aspekt der Finanzstabilität.”Die Sorge gilt der im internationalen Vergleich geringen Profitabilität der Banken in Deutschland, nicht nur der Landesbanken. Im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre verdienten die Institute, so die Managementberatung Bain in einer im Dezember veröffentlichten Studie, deutlich weniger als die Konkurrenz im zweitgrößten Euroland Frankreich sowie in den vier weiteren Währungsräumen USA, Japan, Großbritannien und Schweiz. Moniert werden strukturelle Defizite im operativen Geschäft: So trage der Zinsüberschuss in Deutschland mit 73 % signifikant mehr zu den Erträgen der Banken bei als in anderen Ländern. Die Niedrigzinspolitik der Zentralbanken belaste die Kreditwirtschaft hierzulande somit besonders stark. Der Studie zufolge erwirtschaften gerade 5 % der Banken in Deutschland ihre Eigenkapitalkosten. Die beiden großen Schiffsfinanzierer unter den Landesbanken gehören nicht dazu. Voraussetzung für die notwendige Eigenkapitalrendite wäre eine Kreditrisikovorsorge auf “normalem” Niveau, sagt der Nord/LB-Vorstand. Nach den Worten des neuen Bankchefs Thomas Bürkle dürften die jährlichen Wertberichtigungen bei höchstens 300 bis 350 Mill. Euro liegen. Wann diese Ebene erreicht sein wird, ist offen.Nach der 2016 gebildeten Vorsorge von voraussichtlich mehr als 2 Mrd. Euro und einer Abdeckungsquote bei den ausfallgefährdeten Schiffskrediten von 50 % erwartet die Landesbank im neuen Jahr wieder einen “deutlichen Gewinn”. Die Bank sei “nicht nur Schiffe”, betont Bürkle mit Verweis darauf, dass 85% des Kreditportfolios “performant” seien. Mit der rigorosen Vorsorge in diesem Jahr erhofft sich die Nord/LB Luft für den weiteren Abbau des Schiffskreditportfolios um 2 Mrd. bis 4 Mrd. Euro bis 2018 sowie für die Gestaltung eines überschneidungsfreien Geschäftsmodells mit der BLB. Im Gesamtkonzern deuten sich weitere Sparanstrengungen und Investitionen an. Nicht zuletzt Verbesserungen in der IT sieht man in Hannover als “Riesenaufgabe” an.Eine Riesenaufgabe wartet 2017 auch in Hamburg und Kiel auf die Eigner der HSH Nordbank. Wer sollte angesichts des Wettbewerbs und der Renditeaussichten im deutschen Bankenmarkt sowie der Altlasten in der HSH-Bilanz die Gesamtbank übernehmen? Erfolgsaussichten dürften nur bei einem Verkauf in Teilen bestehen. Darauf bereiten sich Bank und Länder vor, etwa mit einer milliardenschweren Ausplatzierung notleidender Kredite. Mit der von Altlasten weitgehend befreiten, profitablen Kernbank und der Abbaubank spreche man “zwei unterschiedliche Investorenprofile” an, so Vorstandschef Stefan Ermisch. Das Verkaufsverfahren beginnt in Kürze. Noch ein Jahre dürfen die Kapital- und Garantiegeber an Elbe und Förde auf Schadensbegrenzung hoffen.