Schmuckstück im Helaba-Konzern
Während die Kreditgenossen mit einer wesentlichen Fondsadresse aufgestellt sind, leistet sich die öffentlich-rechtliche Familie aus Sparkassen und Landesbanken noch immer vier größere Assetmanager. Das Beispiel der Helaba Invest, der Nummer 2 in dem Lager, zeigt den Wert der Vielfalt, der sich nicht allein betriebswirtschaftlich fassen lässt. Von Jan Schrader, FrankfurtWelche Bank würde ein Schmuckstück verscherbeln? 24,6 Mill. Euro Gewinn erzielte die Helaba Invest im vergangenen Jahr, die vollständig an die Konzernmutter überwiesen wurde. Auch in den Jahren zuvor hatte die Tochter der Landesbank Hessen-Thüringen Ergebnisse jenseits der Schwelle von 20 Mill. Euro erzielt, und für dieses und das nächste Jahr sei die Planung ähnlich, sagt der Vorsitzende der Geschäftsführung Uwe Trautmann. Mit einer Aufwand-Ertrag-Relation von etwa 69 % ist das Haus solide aufgestellt, bedenkt man, dass der Helaba Invest das lukrative Geschäft mit privaten Sparern fehlt. Stattdessen steuert das Haus von der Junghofstraße in Frankfurt aus mit mehr als 300 Mitarbeitern rund 108 Mrd. Euro für institutionelle Anleger (siehe Grafik). Werden Beratungsmandate und weitere Direktbestände gezählt, kommt das Haus auf 133 Mrd. Euro. Verschmelzung tut wehSchmuckstücke haben für den Inhaber nicht nur einen finanziellen, sondern auch einen ideellen Wert – das gilt erst recht in der öffentlich-rechtlichen Finanzgruppe, in der politische Erwägungen und regionaler Proporz Gewicht haben. Wenn munter über eine Landesbankenfusion spekuliert wird, weil die angeschlagene Nord/LB den Eignerkreis erweitern will, geraten auch die vier verbliebenen Assetmanager im öffentlich-rechtlichen Lager in den Blick. Die gesunden Landesbanken Helaba, LBBW und BayernLB legen allerdings Wert auf Eigenständigkeit, und die DekaBank hatte sich 2011 mit der Reform der Eignerstruktur von den Landesbanken entfernt und sich ganz in die Hände der Sparkassen begeben. Trautmann, der 1995 zur Gesellschaft kam, äußert sich vorsichtig. “Sie wissen, dass über Konsolidierung innerhalb der Sparkassen-Finanzgruppe nicht auf der Assetmanagement-Ebene entschieden wird”, sagte er bereits vor zwei Jahren (vgl. BZ vom 26.10.2016). Er schätze die Kollegen anderer Fondsadressen und fühle sich mit der Position der Helaba Invest wohl. Viel mehr will er auch diesmal nicht sagen.Dabei hat unter Assetmanagern im öffentlich-rechtlichen Sektor längst eine Konsolidierung stattgefunden – und zwar mehrmals dann, wenn Landesbanken Schwäche zeigten. Die Fondstochter der gescheiterten WestLB wanderte als Meriten Investment Management zur US-Bank BNY Mellon, ehe die französische Oddo-Gruppe die Adresse kaufte und das Fondsgeschäft schrittweise zusammenführte, später auch mit der Einheit der ehemaligen BHF-Bank. Die Fondstochter der zurechtgestutzten Landesbank Berlin ging 2014 endgültig an die DekaBank über. Im laufenden Jahr wurde das Geschäft der Tochter im Konzern neu geordnet, der Name “LBB-Invest” eingemottet. Die angeschlagene Nord/LB hat im Februar angekündigt, die Fondstochter mit dem Assetmanagement der Warburg Bank unter einem Dach zusammenzuführen. Damit gehört die neue Einheit zu 75,1 % zur Hamburger Privatbank. Fusionen sind schmerzvoll: Von der Fondstochter der WestLB ist nur ein Standort im Oddo-BHF-Konzern geblieben, Mitarbeiter der ehemaligen LBB-Invest müssen vom Kurfürstendamm in Berlin nach Frankfurt ziehen.Betriebswirtschaftlich kann es sinnvoll sein, verschiedene Firmen einzuschmelzen und zu einem neuen Schmuckstück zusammenzugießen – im globalen Maßstab bringen die deutschen Sparkassen und Landesbanken schließlich nur mittelgroße Fondsadressen hervor, die jenseits der Landesgrenze unbedeutend sind. Auch überschneiden sich die Angebote der Assetmanager zum Teil. Allerdings können Investoren so mehr als einen Dienstleister aus der Finanzgruppe auswählen, was von Vorteil sein kann. Wunsch nach EinzigartigkeitSchmuckstücke sind individuell, und das betont auch Helaba Invest. An der Junghofstraße wird das Bild einer “Full-Service-KVG” geschmiedet, also einer Kapitalverwaltungsgesellschaft, die ein komplettes Dienstleistungsspektrum bietet. Eine wesentliche Rolle nimmt die Gesellschaft als Master-KVG ein: Sie bündelt und administriert also die Kapitalanlagen institutioneller Kunden. Deutschlandweit steht sie im Masterfonds-Geschäft laut Beratungshaus Kommalpha auf Rang 4 (siehe Tabelle). Aus dem öffentlich-rechtlichen Lager mischen auch DekaBank und BayernInvest mit. Das Administrationsgeschäft hat die Helaba Invest stark ausgeweitet, nachdem sie im August 2001 erstmals eine Internet-Berichterstattung – damals eine wesentliche Neuheit – lancierte. Unter die Lupe nehmenDer Vorteil einer Master-KVG besteht vor allem in der Berichterstattung: Eine Gesellschaft bildet einheitlich das Vermögen ab, das auf viele weitere Spezialfonds bei anderen Assetmanagern verteilt ist. Doch dem Geschäft fehlt der Glanz: In einfacher Variante sind Gebühren nahe der Schwelle eines Basispunktes üblich, so dass wenig hängen bleibt. Um auch nur eine wirtschaftlich ausreichende, aber eben nicht üppige Aufwand-Ertrag-Relation von etwa 90 % in dem Geschäftsfeld einzuhalten, muss die Gesellschaft nach Worten Trautmanns das Neugeschäft genau unter die Lupe nehmen. Im laufenden Jahr verzeichnete die Gesellschaft in Deutschland bis Ende September mit netto 1,8 Mrd. Euro ein moderates Neugeschäft, wie der Fondsverband BVI berichtet. Die Gesellschaft will über vier Jahre rund 10 Mill. Euro investieren, um die Prozesse in dem Haus zu verbessern.Ähnlich wie auch andere Anbieter ergänzt Helaba Invest das Standard-Angebot um weitere Dienstleistungen. Dazu zählen Extras in der Berichterstattung, Hilfen bei der Einrichtung von Luxemburger Fonds für Sachwertanlagen oder spezielle Angebote für Versicherer und Sparkassen. “Das ist im Prinzip wie in der Automobilindustrie”, sagt Vorstandsmitglied Ulrich Lingner. “Sie ergänzen eine Grundvariante um weitere Extras. Am Ende ist das Fahrzeug teurer.” Wichtig sind dabei auch sogenannte Overlay-Strategien, mit denen über den Einsatz von Derivaten Risiken für große Teile des Fondsportfolios gesteuert werden, etwa Währungs- und Zinsrisiken.Darüber hinaus ist das eigentliche Assetmanagement von Wertpapieren und Sachwerten für die Gesellschaft wichtig, also die zweite und dritte Säule im Konzern – ein Geschäft, das die Helaba Invest stärker betonen wolle, sagt Trautmann. 61 Mrd. Euro rechnet das Haus dem “eigenen” Assetmanagement zu, also knapp die Hälfte der insgesamt betreuten Mittel. Dabei dominieren wie auch in anderen Häusern Wertpapiere. Vorstandsmitglied Hans-Ulrich Templin nennt Unternehmens- und Hochzinsanleihen, Schwellenländer, Mischfonds und Aktien als wesentliche Themen. Aus dem Overlay-Management leite die Gesellschaft die Strategie ab, Risikoaufschläge festverzinslicher Papiere mithilfe von Derivaten gezielt auszuwählen und zu steuern. Templin spricht von einer “nächsten Stufe von Professionalität, um Ertragstreiber auseinanderzudividieren”.In kleinen Dosierungen stärkten die Investoren ihre Investitionen in andere Anlageklassen, ergänzt Trautmann. “Viele Kunden sagen: Alles, was ich nicht im zinstragenden Bereich anlegen muss, hilft mir weiter.” Die Gesellschaft setzt im Segment der Sachwerte auf Beratungsmandate sowie auf Dachfonds, die jeweils für einzelne oder für mehrere Investoren aufgelegt werden und in andere Fonds investieren. Ein Vorteil für die Anleger sei dabei, dass die Helaba Invest ihre Marktmacht ausspielen könne. Auch öffentliche Infrastruktur und Immobilienkredite zählen zum Fondsangebot.Das Sachwertesegment werde weiter wachsen, betont Vorstandsmitglied Lingner. “Die über viele Jahre niedrige Immobilienquote ist angesichts der niedrigen Zinsen eine paradoxe Situation.” Eine vertraute Position in der Branche: Betongold soll das Schmuckstück aufhübschen.