WIDERSTAND GEGEN BANKENFUSION

Scholz erntet Kritik von allen Seiten

Eine mögliche Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank findet kaum Befürworter

Scholz erntet Kritik von allen Seiten

Nach den Gewerkschaften äußern sich nun auch Abgeordnete verschiedener Parteien sowie Analysten ablehnend zum Bankenzusammenschluss. Vor dem Haushaltsausschuss des Bundestags ruderte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) am Montag vorsichtig wieder zurück.lee Frankfurt – Erst hat er die Spekulation über eine mögliche Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank über Monate befeuert und zuletzt Gespräche über die Situation der beiden Institute bestätigt. Angesichts der lauter werdenden Kritik von vielen Seiten rudert Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) wieder zurück. So lassen sich jedenfalls die von Teilnehmern kolportierten Berichte über seinen Auftritt in der nichtöffentlichen Sitzung des Haushaltsausschusses des Bundestags interpretieren.Wie die Nachrichtenagentur Reuters aus Teilnehmerkreisen berichtete, verwies Scholz darauf, dass er sich regelmäßig mit Vertretern aller Banken treffe, etwa zu Gesprächsterminen oder am Rande von Veranstaltungen. Er frage dann immer: “Wie geht es Ihrer Firma?” Dabei gehe es darum, die Lage zu verstehen, nicht die Geschäftspolitik zu begleiten. Den vom Bund gehaltenen Anteil von 15 % an der Commerzbank bezeichnete Scholz den Angaben zufolge als Finanz- und nicht als unternehmerische Beteiligung. Die Bundesregierung habe sich daher keine Meinung gebildet zu einer möglichen Fusion.Der Finanzobmann der CDU/CSU-Fraktion, Hans Michelbach (CSU), positionierte sich unterdessen deutlich gegen einen Zusammenschluss der beiden Institute: Der Nutzen einer Fusion sei begrenzt, gleichzeitig seien die Risiken hoch. “Beide Banken müssen sich auf die aktuellen und künftigen Herausforderungen konzentrieren und die eigenen Wachstumschancen offensiv wahrnehmen”, zitiert ihn Reuters. Zu viele ÜberlappungenSkeptisch äußerte sich auch der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Carsten Schneider. Er wies darauf hin, dass die Deutsche Bank die Integration der 2008 übernommenen Postbank noch lange nicht abgeschlossen habe. Sven-Christian Kindler, Haushaltspolitiker der Grünen, pochte auf das Recht des Bundestags zu erfahren, ob der Finanzminister “eine deutsche Großbank mit großen Risiken zimmern will und wie seine Rolle da ist”.Unterdessen mehren sich auch die kritischen Stimmen zur betriebswirtschaftlichen Logik. “Die beiden Banken haben aus meiner Sicht viel zu viele überlappende Geschäftsfelder, als dass ein Zusammenschluss Sinn machen würde”, sagte der Vizepräsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Klaus Nieding. Die DSW vertritt bei den Hauptversammlungen der beiden Institute Stimmrechte im einstelligen Prozentbereich.Wie zuvor bereits ING-DiBa-Chef Nick Jue wies auch der Chef der Essener Nationalbank, Thomas A. Lange, darauf hin, dass die Fusion wahrscheinlich mit dem Verlust von Kunden einherginge. Dies eröffne den Regionalbanken neue Geschäftschancen, ergänzte der Vizepräsident des Bundesverbandes Deutscher Banken im Gespräch mit Bloomberg. Er wisse nicht, ob ein möglicher Zusammenschluss einer Offensiv- oder einer Defensivstrategie folge. “Quantität steht nicht zwangsläufig für Qualität”, so Lange weiter.Auch für die Analysten der DZ Bank überwiegen die Gegenargumente, wie aus einem Research-Kommentar hervorgeht. So würde die schiere Größe des fusionierten Instituts nicht nur im Widerspruch stehen zum erklärten Ziel der Politik, die sogenannte Too-big-to-fail-Problematik zu umgehen. Als eine der Lehren der Finanzkrisen gilt, dass Banken nicht mehr so groß sein sollen, dass man sie nicht abwickeln kann, ohne einen Kollaps des Finanzsystems zu riskieren.Aus praktischer Sicht würde die Größe des zusammengelegten Instituts höhere Kapitalanforderungen mit sich bringen, die es noch schwieriger machen würden, Erträge zu erwirtschaften. Als problematisch stufen die Analysten der DZ Bank auch die nach dem Bilanzstandard IFRS erforderliche Bewertung der Bilanz des zu übernehmenden Instituts zu Marktwerten statt zu Buchwerten ein, weil dies Rückstellungen nötig machen könnte. Zweifel äußern sie zudem an der Umsetzbarkeit des rechnerisch möglichen Stellenabbaus und der komplexen IT-Integration. Sollte die Fusion trotz allem kommen, halten sie einen Aktiendeal für wahrscheinlich, bei dem die Commerzbank-Aktionäre neue Aktien der Deutschen Bank mit einer Prämie von weniger als 10 % erhalten.