Sewings Auftritt ohne Zielke und Scholz
Es ist fast 10:03 Uhr, als Christian Sewing zu seiner ersten Jahresmedienkonferenz als Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank zunächst solo den Saal betritt und sich erst einmal Legionen von Fotografen stellt. Dass er tatsächlich alleine erscheint und nicht etwa in Begleitung von Commerzbankchef Martin Zielke und am besten noch von Bundesfinanzminister Olaf Scholz, mag in diesen verrückten Zeiten manchen von der schreibenden oder sendenden Zunft überrascht haben. Dabei hatte doch schon vor Beginn jemand aus dem Presseteam der Bank vorsorglich gewarnt, dass es eine langweilige Veranstaltung werden dürfte. Als sich dann wieder die Tür öffnet, erscheinen immer noch nicht Zielke und Scholz, sondern der stellvertretende Vorsitzende und Rechtsvorstand Karl von Rohr und Finanzvorstand James von Moltke.Das Wort “Fusion”, nach dem die versammelte Medienmeute giert, fällt in den drei insgesamt 53 Minuten dauernden Kurzvorträgen enttäuschenderweise ein einziges Mal, aber nicht im erhofften Zusammenhang: Sewing spricht, wie man es schon von seinem Vorgänger John Cryan gehört hatte, von der größten Bankenfusion seit dem Start der europäischen Bankenaufsicht anno 2014. Gemeint ist die auf eine Übernahme des Jahres 2008 zurückgehende Verschmelzung von Deutscher Bank und Postbank, die nun gemeinsam eine “Bank für Deutschland” bilden sollen. Das ist die Farbkombination blau-blau-gelb. An diesem Freitagvormittag am Fuße des Doppelturms der Deutschen Bank wollen aber viele etwas zu Blau-Gelb hören. Der von Gerüchtemachern fast in Hysterie versetzte Finanzplatz und manche von hier berichtenden Medien scheinen ja, gäbe es nicht wenigstens noch die Nord/LB, kaum mehr ein anderes Thema zu kennen. Wozu Sewing mit seinen wiederholten Äußerungen vom vorigen Jahr, dass sein Haus in den nächsten zwölf bis 18 Monaten für solche Überlegungen nicht zur Verfügung stehe, freilich selbst beigetragen hat. Diese Aussagen holen ihn nun regelmäßig ein, denn die zwölf bis 18 Monate sind schnell vorbei. Und dann?Doch der bei seinem Bilanzdebüt ansonsten souverän auftretende CEO, der viel von erreichten Zielen, einer mit ihrer Finanzkraft stabil wie selten zuvor dastehenden Bank oder der Rückkehr zu kontrolliertem Wachstum berichten kann, frustriert die Fragesteller bei diesem Thema. Die Deutsche Bank glaube an ihren Plan und konzentriere sich auf ihre Hausaufgaben – da sei sie 2018 gut vorangekommen, jetzt arbeite sie die für 2019 ab. “Über alles andere mache ich mir keine Gedanken”, sagt er, an Spekulationen beteilige er sich nicht. Je öfter in Sachen Fusion nachgehakt wird, desto schnippischer und unwirscher fallen die Antworten aus. Immerhin gibt Sewing preis, er finde es “sehr positiv”, dass der Finanzminister sich Gedanken über den Finanzstandort Deutschland mache. Welche Gedanken er gut findet, welche er vermisst, was er von Scholz` Steuerpolitik hält? Fehlanzeige.Es ist 12:03 Uhr: Ende der Pressekonferenz. Wir stehen selbst enttäuscht und sehn betroffen – den Vorhang zu und viele Fragen offen.