Regulierung

So laufen die Erlaubnisverfahren für die neuen Kryptoregeln der EU

Die regulatorischen Arbeiten an der Micar haben schon begonnen. Die Kanzlei Heuking skizziert, was bei den Zulassungsverfahren zu beachten ist.

So laufen die Erlaubnisverfahren für die neuen Kryptoregeln der EU

So laufen Erlaubnisverfahren für neue Kryptoregeln

Kanzlei Heuking skizziert, worauf sich die Digital-Asset-Branche einstellen muss – Bei der Aufsichtsbehörde ESMA ist eine erste Konsultation bereits gestartet

bg Frankfurt
Von Björn Godenrath, Frankfurt

Ganz Europa rüstet sich für den Geltungsbeginn der neuen Kryptoregulierung Micar (Markets in Crypto Assets Regulation) per Ende 2024, wobei einzelne Pakete zu Stablecoins schon zur Jahresmitte greifen. Wer dann neu oder weiterhin Kryptodienstleistungen anbieten möchte, dem stehen zusätzliche Erlaubnisverfahren ins Haus. Darauf weist die Kanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek in einer aktuellen Publikation hin.

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Die regulatorischen Arbeiten daran haben längst begonnen. Schon mit Inkrafttreten der Micar zum 29. Juni sind die EU-Aufsichtsbehörden verpflichtet, Entwürfe zu technischen Regulierungsstandards, technischen Durchführungsstandards und delegierten Rechtsakten zu erlassen. Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) ist da vorgeprescht und hat im Juli die Konsultation zu einem ersten Paket für die technische Implementierung gestartet. Im Oktober folgt ein zweites Paket, im ersten Quartal 2024 ein drittes. Es geht also zackig voran und die auf Lizenzen zielende Krypto- und Bankenbranche muss sich sputen, hier alles zusammenzuhaben, um alle Dokumente fristgerecht zu liefern.

Aber auch die Regulatoren müssen sich beeilen, sollen die Regulierungsstandards doch bis Mitte 2024 an die EU-Kommission übermittelt sein. „Hierdurch sollen vor Geltung der eigentlichen Verordnung bestimmte Regeln konkretisiert werden“, so der auf Digital Assets spezialisierte Heuking-Partner Johannes Blassl. Und Bestimmungen über E-Geld-Token und wertreferenzierte Token gelten schon ab dem 30. Juni 2024.

Grandfathering eine Option

Wer bisher schon Kryptowerte-Dienstleistungen anbietet, dem kann in der Micar eine Übergangsfrist über Ende 2024 hinaus gewährt werden, das sogenannte Grandfathering. Hierfür sei es nicht erforderlich, dass das Unternehmen unter geltendem Recht bereits lizenziert ist, so ein Hinweis der Experten. Und jeder Mitgliedstaat könne entscheiden, ob er von der Übergangsregelung Gebrauch mache. Das lässt sich maximal bis Mitte 2026 ausdehnen.

Dabei gibt es dreierlei Zulassungsverfahren für die Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen: das Standardverfahren, das vereinfachte Zulassungsverfahren und das Notifikationsverfahren. Diese werden von nationalen Aufsichtsbehörden gesteuert. Dabei wird das Standardzulassungsverfahren in der Micar dadurch verschlankt, dass keine Einreichung von Unterlagen bei der Aufsichtsbehörde verlangt wird, die dieser schon aus früheren Erlaubnisverfahren vorliegen. ESMA und die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) haben die schöne Aufgabe, Standardformulare, Mustertexte und Verfahren für die einzureichenden Informationen zu entwerfen.

In dem Prozess der Zulassungsverfahren sind keine Trödeleien erlaubt, den Aufsehern werden enge Fristen für die Bearbeitung von Anträgen gesetzt. Nach Erhalt des Antrags müssen die Aufsichtsbehörden diesen innerhalb von 25 Arbeitstagen auf Vollständigkeit prüfen. Ist der Antrag nicht vollständig, fordern sie den Antragsteller unter Fristsetzung zur Vervollständigung auf. Nach Erhalt eines vollständigen Zulassungsantrags müsse die jeweilige Aufsichtsbehörde innerhalb von 40 Arbeitstagen entscheiden, ob sie die Zulassung erteilt oder nicht, heißt es in dem Text. Sie habe dann weitere fünf Arbeitstage Zeit, um ihre Entscheidung dem Antragsteller mitzuteilen. Mit dieser Straffung beuge der europäische Gesetzgeber einer zeitlichen Ausdehnung der Erlaubnisverfahren vor, so Blassl.

“Damit können – wie bei Erlaubnisverfahren unter dem KWG üblich – BaFin und Bundesbank nicht mehr argumentieren, dass keine Frist zur Prüfung der Vollständigkeit eines Erlaubnisantrags bestehe.”

Johannes Blassl, Heuking

„Damit können – wie bei Erlaubnisverfahren unter dem KWG üblich – BaFin und Bundesbank nicht mehr argumentieren, dass keine Frist zur Prüfung der Vollständigkeit eines Erlaubnisantrags bestehe.“ Dadurch hätten sich mittlerweile „unerfreulich lange Bearbeitungszeiten für Erlaubnisanträge von weit über einem Jahr ergeben“. Solche Verzögerungen sind auch aus der Fintech-Branche in Deutschland bekannt.

Das Standardzulassungsverfahren wäre dann zum Beispiel von deutschen Kryptoverwahrern (Coinbase, Bitpanda) zu durchlaufen, die bisher nach dem Kreditwesengesetz (KWG) lizenziert sind, sofern der deutsche Gesetzgeber nicht von dem vereinfachten Zulassungsverfahren Gebrauch mache. Der Antrag im vereinfachten Zulassungsverfahren ist spätestens bis zum 1. Juli 2026 zu stellen.

“Zweck des Notifikationsverfahrens ist, dass die Unternehmen – sofern sie bereits hinsichtlich bestimmter Tätigkeiten reguliert sind – für gleichwertige Tätigkeiten keine zweite Erlaubnis benötigen sollen.”

Johannes Blassl, Heuking

Die dritte Option ist ein reines Anzeigeverfahren, das Finanzunternehmen nutzen können, die Kryptowerte-Dienstleistungen erbringen möchten und bereits auf EU-Ebene reguliert sind. Dies können CRR-Kreditinstitute mit Einlagen- und Kreditgeschäft, Zentralverwahrer, Wertpapierfirmen, E-Geld-Institute, OGAW-Verwaltungsgesellschaften, Verwalter alternativer Investmentfonds und Marktbetreiber sein. Sie müssten bei der zuständigen Behörde ihres Herkunftsmitgliedstaates „nur“ die Aufnahme der Kryptowerte-Dienstleistung anzeigen, heißt es. Das muss mindestens 40 Arbeitstage vor der geplanten Aufnahme der Kryptowerte-Dienstleistungen erfolgen.

“Zweck des Notifikationsverfahrens ist, dass die Unternehmen – sofern sie bereits hinsichtlich bestimmter Tätigkeiten reguliert sind – für gleichwertige Tätigkeiten regelmäßig keine zweite Erlaubnis benötigen sollen.” Für Wertpapierfirmen beispielsweise erkenne die Micar die Gleichwertigkeit der Mifid-2-Nebendienstleistung „Verwahrung und Verwaltung von Finanzinstrumenten für Rechnung von Kunden“ und der Micar-Kryptowerte-Dienstleistung „Verwahrung und Verwaltung von Kryptowerten für Kunden“ an.

Passporting wird vereinfacht

Beim Passporting ergibt sich eine Besonderheit: Im Gegensatz zum Passporting nach dem KWG beständen unter der Micar kürzere Fristen und erleichterte Anforderungen, heißt es. “Unter der Micar hat die BaFin nicht – wie nach dem KWG – einen Monat Zeit zur Prüfung der vollständigen Anzeige, sondern Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen dürfen spätestens ab dem 15. Kalendertag nach Einreichung einer vollständigen Anzeige tätig werden.” Zudem sei unter der Micar nicht für jedes Land eine eigene Anzeige erforderlich, so dass Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen das Passporting für mehrere Mitgliedstaaten gleichzeitig beantragen könnten.

Dabei macht Blassl auf eine weitere Besonderheit aufmerksam: Die Kryptowertpapierregisterführung falle nicht unter die Micar und unterliege auch weiterhin nur der Regulierung nach deutschem Recht. „Ausländische“ Kryptoverwahrer, die nach ihrem geltenden nationalen Recht erlaubterweise ohne Lizenz tätig sein durften, müssten in jedem Fall das Standardzulassungsverfahren durchlaufen. Der Experte wünscht sich, dass der deutsche Gesetzgeber ein vereinfachtes Zulassungsverfahren vorsieht, um den Wettbewerbsvorteil der bisher in Deutschland regulierten Kryptoverwahrer aufrechtzuerhalten – das würde auch Bundesbank und BaFin entlasten.

Die regulatorischen Arbeiten an der EU-Kryptoregulierung “Micar” haben schon begonnen. Die Kanzlei Heuking skizziert, was bei den verschiedenen Zulassungsverfahren alles zu beachten ist. Trödeleien sind nicht erlaubt.

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