Sparda-Banken wollen Big Tech Paroli bieten

Gemeinschaftsgründung Comeco betreibt die Plattform für Online-Banking und E-Commerce "TEO" - Offen für weitere Institute

Sparda-Banken wollen Big Tech Paroli bieten

Google, Apple, Facebook und Amazon (GAFAs) können bei Vollnutzung ihrer Banklizenzen eine große Gefahr für die einheimischen Banken insbesondere im Zahlungsverkehr werden. Deshalb haben die sieben Sparda-Banken die Comeco gegründet, die eine Online-Banking und E-Commerce-Plattorm betreibt. Von Thomas Spengler, StuttgartWie ein Damoklesschwert hängt über der europäischen Finanzbranche die Vorstellung, dass die vier globalen Tech-Giganten Google, Apple, Facebook und Amazon (GAFAs) ihre europäischen Banklizenzen umfänglich nutzen und so das Feld des Zahlungsverkehrs den traditionellen Playern vollends abjagen werden. Dieser Herausforderung wollen nun sieben Sparda-Banken Paroli bieten, indem sie der Bedrohung eine Multibanking-Plattform mit E-Commerce-Angeboten entgegensetzen. Dazu mussten sie zunächst über ihren eigenen Schatten springen und ihre Kundenschnittstelle an eine Start-up-Tochter auslagern – mit dem Effekt, dass dort die Interaktion mit insgesamt 1,1 Millionen Kunden gebündelt wird. Weitere Institute, auch von anderen Bankengruppen, sind ausdrücklich eingeladen, sich anzuschließen. Diesmal schneller sein”Wir wollen diesmal schneller sein”, sagt Martin Hettich mit Blick auf den Online-Bezahldienst Paypal, dessen Attacke die deutschen Banken und Sparkassen mit ihrem Pendant Paydirekt viel zu spät gekontert haben. Ebenso erinnert der Vorstandsvorsitzende der Sparda-Bank Baden-Württemberg an Uber, Airbnb oder Netflix, die allesamt langjährige Platzhirsche auf ihren angestammten Feldern erfolgreich attackiert haben. Für Hettich ist es daher nur eine Frage der Zeit, wann die großen vier GAFA-Unternehmen ihre bereits erworbenen europäischen Banklizenzen voll aktivieren werden, um den hiesigen Banken insbesondere den Zahlungsverkehr streitig zu machen. “In Deutschland wären wir auf diese Attacke nicht vorbereitet”, macht Hettich unmissverständlich klar.Daher sei es für jene Institute, die im Endkundengeschäft eine Rolle spielen wollen, existenziell, die Schnittstelle zwischen Banken und Kunden rechtzeitig zu besetzen, bevor sich ein Dritter dazwischenschiebe. Wenn sie es nicht ohnehin schon tun, sei die Attacke der GAFAs, die als Schreckgespenster der Bankenwelt gelten, überall dort zu erwarten, wo Finanzdienstleistungen deren Geschäftsmodelle unterstützen und auf einen starken Kundenbedarf bei der Service- und Produktnutzung stoßen. Dass dafür die Zahlungsdiensterichtlinie PSD2 der EU, die den Zahlungsverkehr für Dritte im Sinne des Wettbewerbs ermöglichen soll, erst den Weg geebnet hat, will Hettich nicht verhehlen.Vor diesem Hintergrund haben sich die Sparda-Banken aus Baden-Württemberg, Augsburg, München, Hessen, Nürnberg, Ostbayern und West, die aggregiert eine Bilanzsumme von 52,5 Mrd. Euro (Stand: November 2019) auf die Waage bringen, zusammengeschlossen und im Juli 2018 das Start-up Comeco ins Leben gerufen. Diese gemeinsame Tochter mit operativer Zentrale in Stuttgart betreibt als Trägergesellschaft eine Plattform für Online-Banking und E-Commerce mit dem Namen “TEO” – ein Akronym, das für Transparenz, Einfachheit und Offenheit steht. Team ausgelagertVoraussetzung dafür ist die Bereitschaft, dass die beteiligten Institute ihr Online-Banking an die Comeco und ihr 40-köpfiges Team auslagern. “Das fällt auf Anhieb nicht jedem leicht”, gesteht Hettich zu. Aber durch die Bündelung ihrer Online-Zugänge entsteht auf einen Schlag eine gemeinsame Plattform, auf der sich insgesamt 1,1 Millionen Kunden tummeln. “Das ist unser Startbonus, den potenzielle Wettbewerber nicht haben”, sagt Hettich. Erklärtes Ziel für 2020 ist es daher, die Kunden zum Wechsel von den bisherigen Banking Apps auf die TEO App zu bewegen. Diese steht bereits seit 14. Februar jedermann zur Verfügung und umfasst Multibanking-Funktionen, mit denen ein Nutzer etwa alle seine Bankverbindungen zusammenführen kann. Die Webversion soll Ende des ersten Quartals starten.TEO soll sich nach Vorstellung ihrer Gründer zum Anlaufpunkt für alle Finanzfragen etablieren, wo der Nutzer jeden beliebigen Finanzanbieter registrieren kann, auch wenn Letzterer keine Lizenz für die App erworben hat. In diesem Fall droht das betroffene Institut aber gegebenenfalls den Kundenkontakt zu verlieren. Auf der E-Commerce-Seite sind Funktionen geplant, die Rabattgutscheine umfassen, sowie die Anbindung von Händlern und Partnern etwa aus den Bereichen Mobilität, Freizeit und Urlaub. Vom Start weg ist der französische Sportartikel-Hersteller Decathlon mit dabei. Weitere Partner aus dem Handel sollen bald folgen.Für Hettich ist klar, dass die hohe Interaktionsrate zwischen Bank und Kunden das wesentliche Asset – “unser Herzstück” – ist, das den Reiz einer solchen integrierten Plattform ausmacht – sowohl für die angeschlossenen Banken als auch für Partner aus dem Bereich E-Commerce. “Die Stärke des Banking, die wir miteinbringen, liegt in der permanenten Frequenz des Kunden”, so Hettichs Credo. Genau deshalb ist er auch sicher, dass an dieser Stelle die Attacke von einem oder mehreren GAFAs ansetzen wird. Aber: “Ich bin aber überzeugt, dass wir mit unserer Plattform die Schnittstelle zu den Kunden sehr gut besetzt haben, um sie nicht den Tech-Giganten zu überlassen”, sagt er. TEO sei damit die Antwort auf Google, Apple & Co.Dabei soll es nicht bei den sieben Initiatoren bleiben. Das O von TEO stehe nicht umsonst für “offen”, sagt Hettich und lädt sowohl Institute aus dem Genossenschaftslager als auch gruppenfremde Banken und Sparkassen ein, sich der Plattform anzuschließen. Die Art der denkbaren Zusammenarbeit reicht stufenweise von der Kollaboration bis zur Beteiligung, wobei die Sparda Baden-Württemberg, die 49,5 % an Comeco hält, auch bereit wäre, Anteile abzugeben.Kontoführung, Einlagen und Buchungen bleiben dabei bei den Banken, das Frontend aber wird von Comeco, das eine BaFin-Lizenz zur Erbringung von Kontoinformations- und Zahlungsauslösediensten erhalten hat, betrieben. Nachdem die beteiligten Institute in das Projekt bisher einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag gesteckt haben, soll sich das Engagement irgendwann auch auszahlen. Dazu sollen neue Geschäftsanbahnungen etwa aus dem Energiebereich, aber auch Erlöse des Handels beitragen, die dieser für den Zugang zu einem breiten Kundenspektrum bereit ist zu zahlen. Partner rasch anschließenDurch eine einfache Plattformtechnologie können über API-Schnittstellen rasch neue E-Commerce-Partner angeschlossen werden. “So bauen wir schrittweise ein Ökosystem, das eine hohe Frequenz und gegenseitiges Interesse von Kunden und Handel auslösen wird”, beschreibt Hettich die Vision für TEO. So soll das Projekt zu einer dominierenden Plattform im deutschsprachigen Raum werden. Dabei setzen sich die Initiatoren keine nationalen Grenzen. Vielmehr soll Comeco in fünf Jahren europaweit positioniert sein und Erlöse einspielen. Sowohl Händler als auch Banken müssen keine eigene Plattform bauen, sondern brauchen sich nur mehr anzuschließen, lautet das Kalkül. “Und jeder kriegt was ab vom Kuchen, der immer größer wird”, resümiert Hettich.