Energiewende

Sparkassen wollen Transnet-Beteiligung an Kleinsparer verbriefen

Ein Konsortium unter Führung der SV Sparkassenversicherung hat sich am Stromnetzbetreiber Transnet BW beteiligt. Versicherung und Sparkassen prüfen jetzt, ob beziehungsweise wie die eigenen Kunden über einen Versicherungsmantel und über Sparbriefe an der Energiewende beteiligt werden könnten.

Sparkassen wollen Transnet-Beteiligung an Kleinsparer verbriefen

Eine Labormaus für Amprion

SV Versicherung und Sparkassen wollen durch Verbriefungen privates Kapital zur Finanzierung von Stromtrassen heben

Von Thomas Spengler, Stuttgart
Von Thomas Spengler, Stuttgart

„Mensch, das wärs doch!“ – Bevor sich im vergangenen Jahr ein Südwest-Konsortium unter Führung der SV Sparkassenversicherung um ein knappes Viertel an dem Stromnetzbetreiber Transnet BW bewarb, hatte man im Sparkassen-Lager einen ganz eigenen Heureka-Moment. Auf einen Geistesblitz des baden-württembergischen Sparkassenpräsidenten Peter Schneider zurückgehend, loten SV und Sparkassen derzeit aus, inwieweit sie über einen Versicherungsmantel und über Sparbriefe die eigene Kundschaft an der Energiewende beteiligen könnten.

Zuschlag erteilt

Inzwischen hat die Verkäuferin der Transnet BW, die EnBW Energie Baden-Württemberg, im Mai dem Südwest-Konsortium den Zuschlag erteilt. Es wird für ihren Anteil 1 Mrd. Euro auf den Tisch legen, sobald der Dritte im Bunde, vermutlich die KfW, die zweite angebotene Tranche über 24,95% übernimmt. Hinter der als Konsortialführerin des Südwest-Konsortiums agierenden SV haben sich 35 baden-württembergische Sparkassen versammelt. Dazu kommen die Stuttgarter Lebensversicherung, die Badischen Versicherungen, die Württembergische Gemeindeversicherung sowie das Versorgungswerk der Evangelischen Landeskirche in Württemberg und die staatliche L-Bank.

Das Sparkassenlager prüft nun, wie über Lebensversicherungen und Sparbriefe privates Kapital gehoben werden kann. Damit soll der künftige, riesige Kapitalbedarf der Transnet mitgedeckt werden. Für Schneider ist die Entscheidung der EnBW vor diesem Hintergrund schon jetzt eine Entscheidung mit „historischer Bedeutung“. Schließlich sah der Netzentwicklungsplan allein bis 2035 zuletzt Investitionen von um die 10 Mrd. Euro vor. Zehn Jahre später soll Transnet BW CO2-neutral sein. Unter anderem baut der Netzbetreiber die Stromtrasse Südlink, die grünen Strom von Nord- nach Süddeutschland schaffen soll.

Vor diesem Hintergrund basteln derzeit Sparkassen und der Sparkassenverband Baden-Württemberg (SVBW) an einem Sparbrief, der eine direkte Teilhabe der Kunden an den Erträgen aus der Transnet-Beteiligung begründen würde. „Denkbar wäre auch eine Art Genussrecht“, sagt Burkhard Wittmacher, Landesobmann der Sparkassen im Ländle und im Hauptberuf Vorstandschef der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen. Auch ein Konstrukt mit einer Bonusverzinsung wäre möglich. Allerdings wollen die Beteiligten die Kunden möglichst direkt an dem Investment partizipieren lassen. Und weil eine derart enge Zweckbindung eine gewisse Komplexität mit sich bringt, rechnet Wittmacher mit deren Umsetzung nicht vor Anfang 2024.

Beteiligung via Fonds

Während die Sparkassen also die Umsetzung eines grünen Sparbriefs abwägen, ermittelt die SV, inwieweit die Refinanzierung künftiger Kapitaleinzahlungen an Transnet BW fondsgebundene Lebensversicherungen für die Altersvorsorge darstellen können. Der Fondsgegenstand wäre dabei die Beteiligung am Stromnetz. Wie aber sind Chancen und Risiken eines solchen Plans einzuordnen, insbesondere dann, wenn Privatanleger mit im Boot sind? Roland Oppermann, Finanzchef der SV, rechnet mit einer Rendite von mindestens 5% – und zwar nach Kosten, aufbauend auf den Netzentgelten der Bundesnetzagentur.

Ein solcher Zins gilt als mindestens erforderlich, weil das Asset zwar deutlich weniger volatil als der gegebenenfalls renditestärkere Aktienmarkt sei, jedoch auch deutlich schwerer wieder weiterzuverkaufen sei als eine Aktie. „Ein solches Angebot ist daher für einen Langfristanleger passend“, sagt er. Mindestens 25 Jahre sollen es sein. Hinzu kommt das geringe Ausfallrisiko, da Transnet im Auftrag des Bundes kritische Infrastruktur in Form der Stromnetze über einen sehr langen Zeitraum ausbaut und instand hält.

Die Lebensversicherungen könnten über die Sparkassen und den Außendienst der SV vertrieben werden. Damit wäre die Bevölkerung in ihrer Breite angesprochen, was wiederum die Akzeptanz für Stromtrassen, aber auch Windräder und andere Projekte der Energiewende erhöhen könnte. „Wir sind eine Labormaus für die Energiewende“, sagt Oppermann. Sollte das Kalkül aufgehen, wäre das für den SV-Finanzchef eine Blaupause zur Generierung weiteren privaten Kapitals über die private Altersversorgung.

Weiterer Finanzbedarf

Konkret denkt der SV-Finanzchef an den weiteren Finanzierungsbedarf des Übertragungsnetzbetreibers Amprion, der früheren RWE. Über die M31 Beteiligungsgesellschaft halten die Versicherer und Versorgungswerke zusammen 75% an Amprion – davon die SV 6,8%. Oppermann kündigt an, bald mit den hessisch-thüringischen Sparkassen über ein Angebot für Amprion nach dem Vorbild Transnet BW zu sprechen. „Wir agieren dabei als Katalysator für eine breite Beteiligung“, sagt er. An der Akzeptanz derartiger Produkte bei den Kunden zweifelt im Sparkassenlager kaum jemand. Schließlich gehe es um zu finanzierende Projekte vor der Haustür, sagt Wittmacher von der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen, durch die sich die Kunden direkt an der Energiewende beteiligen könnten.

Ein Konsortium unter Führung der SV Sparkassenversicherung hat sich am Stromnetzbetreiber Transnet BW beteiligt. Versicherung und Sparkassen prüfen jetzt, ob beziehungsweise wie die eigenen Kunden über einen Versicherungsmantel und über Sparbriefe an der Energiewende beteiligt werden könnten.

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