Sparkassengruppe geht in die Cloud

Kooperation mit Google - FI-TS-Chef Möller kündigt weitere Vereinbarungen an

Sparkassengruppe geht in die Cloud

Von Bernd Neubacher, FrankfurtDie Sparkassen-Finanzgruppe wagt den Sprung in die Cloud: Am heutigen Donnerstag werden ihr IT-Dienstleister Finanz Informatik und dessen Tochter Finanz Informatik Technologie Service (FI-TS) über eine weitreichende Zusammenarbeit mit Google informieren. Der sollen weitere Kooperationen mit anderen Cloud-Anbietern folgen, wie FI-TS-Chef Jochen Möller der Börsen-Zeitung sagt. Der Manager spricht von einer Transformation: “FI-TS blickt auf 25 Jahre Historie als Betreiber von Rechenzentren und klassischer Infrastruktur zurück. Wir wollen das Unternehmen weiter entwickeln zu einer IT-Service-Plattform, über die wir Kunden nicht nur eigene Dienstleistungen offerieren, sondern auch Leistungen anderer Anbieter integrieren und einfach zugänglich machen.”Mit ihrem Vorstoß liegt die Sparkassen-Finanzgruppe im Trend – allerorten rüsten sich Finanzdienstleister für Digitalisierung und Ökosystem-Banking. So kündigte vor wenigen Tagen die Deutsche Bank eine strategische Partnerschaft mit Google an. Schon Mitte Mai hatte sich der zentrale IT-Dienstleister der genossenschaftlichen Finanzgruppe, Fiducia & GAD, einen grundlegenden Wandel auf die Fahnen geschrieben. Vom “monolithisch geprägten Kernbankverfahren” wolle man sich verabschieden, erklärte Vorstandssprecher Martin Beyer damals der Börsen-Zeitung. Der Weg gehe stattdessen in Richtung offene Bankingplattform. Zudem sollten viel stärker als bisher Kooperationen eingegangen und Projekte gemeinsam mit strategischen Partnern vorangetrieben werden. Beyer schwebt dabei unter anderem eine Vernetzung mit der Start-up- und Fintech-Szene vor.Während die Deutsche Bank zunächst nur eine Absichtserklärung unterzeichnet hat, ist im Falle der Sparkassen-Finanzgruppe die Tinte unterm Vertrag mit Google bereits trocken, wie Möller berichtet. Anders als der Privatbank, deren Google-Kooperation neben der Nutzung von Infrastruktur des Technologieriesen auch eine gemeinsame Entwicklung von Produkten vorsieht, geht es FI und FI-TS vor allem darum, ihren Kunden, neben Sparkassen unter anderem Landesbanken, Rentenbank, DekaBank, der Insourcer DWP und die öffentlich-rechtlichen Versicherer, “die Nutzung von Public-Cloud-Services im regulierten Umfeld zu ermöglichen”. Zum Modell der Deutschen Bank grenzt Möller sich ohnehin ab: “Der öffentlichen Berichterstattung zufolge bindet sich die Deutsche Bank stark an Google. Wir haben jetzt mit Google einen wichtigen Anbieter auf unserer Plattform. Unsere Plattform ist aber offen, und wir bieten dort die Dienste an, die unsere Kunden nachfragen.” So werde man auch Leistungen von Microsoft Azure und Amazon Web Services (AWS) anbieten, “um einen Vendor-Lockin zu vermeiden”. Auch mit IBM würden Gespräche geführt, sagt Möller mit Blick auf den vierten der großen Cloud-Dienstleister: “In den nächsten zwölf Monaten werden da weitere Angebote kommen.”Für den promovierten Physiker, der vor seinem Wechsel zur FI-TS unter anderem als Chief Technology Officer der Dresdner Kleinwort Investment Bank sowie Global Head of Infrastructure der Commerzbank fungierte, geht der Nutzen von Cloud-Diensten weit über den Gebrauch von Infrastruktur hinaus, über Größenvorteile bis hin zu vermehrter Effizienz, die Entwicklern in Banken zugutekommt, wenn sie sich Instrumenten aus der Datenwolke bedienen können. Der Einsatz von Data Analytics, Speech-to-Text-Translation und Machine Learning eröffne überdies Ertragspotenziale: “Banken müssen sich zunehmend in digitale Wertschöpfungsketten integrieren”, ist der Manager überzeugt.Dieser Wandel dauert und kostet Geld. Möller geht davon aus, dass sich der Aufwand der FI-TS, die jährlich rund 400 Mill. Euro umsetzt und nach eigenen Angaben mehr als ein Zehntel davon in ihre Fortentwicklung investiert, sowie die entsprechenden Projektkosten bei Kunden letztlich auf einen dreistelligen Millionenbetrag summieren werden. Je nach Kunde dürfte die geplante Transformation demnach fünf oder mehr Jahre dauern.Angesprochen auf die mit Blick auf US-Cloud-Anbieter durchaus heikle Frage des Datenschutzes erklärt er, je nach Schutzbedarf der Daten verfolge FI-TS verschiedene Ansätze. So sei neben der Nutzung einer Public Cloud dann im Falle sensibler Daten auch weiter eine Software-Nutzung vor Ort (On Premises) möglich. Zudem baue Google eigens Einheiten mit Diensten auf, welche den europäischen Datenschutzbestimmungen genügten: “Wir wollen unseren Kunden einen ganzheitlichen Service anbieten”, sagt er. Dabei muss die FI-Tochter den Spagat meistern, jeweils individuelle Lösungen zu bieten, zugleich aber gemäß dem Geschäftsmodell eines Insourcers nach Möglichkeit zu standardisieren. Selbstkritik nach CyberangriffSelbstkritisch äußert er sich zu dem Cyberangriff, der im Januar das Online-Banking des FI-Kunden DKB vorübergehend lahmgelegt und auch den Wertpapierdienstleister DWP Bank beeinträchtigt hatte: “Da sind wir unserem eigenen Anspruch nicht gerecht geworden. Diese Störungen hatten Außenwirkung.” Nach Analyse der Distributed-denial-of-Service-Attacke (DDoS) habe FI-TS ihre Abwehrtechnologie gründlich überarbeitet und den entsprechenden DDoS-Schutzdienstleister gewechselt, erklärt er. Zu einzelnen Kunden äußere er sich nicht.In allen Fällen aber sei FI-TS aktiv auf die Aufsicht zugegangen und habe auch mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik das Gespräch gesucht. Mit der Aufsicht stehe man weiter in Kontakt, Auflagen habe es dort aber nicht gegeben.