State Street wettet auf höhere Margen

Wertpapierverwahrer will Assetmanagern Infrastruktur vom Front bis zum Back Office bieten

State Street wettet auf höhere Margen

State Street will Assetmanagern laut Europa-Chef Jörg Ambrosius künftig die komplette Infrastruktur vom Front bis zum Back Office bereitstellen und damit in margenträchtigere Geschäftsfelder vorstoßen. Im deutschen Depotbankgeschäft soll es darum gehen, verstärkt Spezialfondsmandate an Land zu ziehen.bn Frankfurt – Der Wertpapierdienstleister State Street rechnet sich nach Übernahme des Front-Office-Systemanbieters Charles River Development 2018 beträchtliche Chancen im europäischen Markt aus. Wie Jörg Ambrosius, Leiter des Geschäfts in Europa, dem Nahen Osten und Afrika (EMEA), am Montag vor Journalisten erklärte, ermöglicht der 2,6 Mrd. Dollar schwere Zukauf dem US-Wertpapierverwahrhaus einen Vorstoß in margenträchtigere Aktivitäten: Nachdem der Custody-Riese aus Boston demnach schon in den vergangenen Jahren seinen Aktionsradius vom Back Office ins Middle Office erweitert hatte, schwebt ihm nun eine Positionierung als Vollsortimenter für Assetmanager vor. Anlageverantwortliche sollen mithin ihre komplette operative Plattform beim US-Haus einkaufen. State Street könne nun Front-, Middle- und Back-Office-Systeme sowie entsprechende Services aus einer Hand und damit “relativ hohe” Synergieeffekte bieten, erklärte Ambrosius. Ein Middle Office, welches Daten, Systeme und Wertpapierkennzeichnungen zwischen Front und Back Office abgleicht, werde damit nicht mehr nötig sein.Nur 2 der von 20 bis 40 Basispunkte reichenden Gesamtkostengröße eines Assetmanagers entfielen auf die klassische Wertpapierverwahrung, rechnete er vor. Mit dem Vorstoß ins Front Office lasse sich dieser Anteil vervielfachen. Konkretisieren wollte Ambrosius die erhofften Margen nicht. “Für uns ist das vom Umsatz her definitiv interessant”, erklärte er nur. Assetmanagern wiederum werde die Vereinheitlichung der Systeme nicht nur Einsparungen auf lange Sicht erlauben, sondern auch mehr Rendite, da sie etwa besser darüber im Bilde seien, welche Wertpapiere sich für eine Leihe anböten und wie sich im Laufe eines Tages ihre Cash-Position entwickele.Darüber ist derzeit nicht jeder Akteur immer im Bilde, wie Ambrosius ausführte. Seinen Angaben zufolge ist in der Branche Kommunikation per Fax noch immer gang und gäbe. “Die Industrie liegt, was die technischen Standards angeht, deutlich hinter anderen Branchen zurück”, sagte der Manager der US-Gesellschaft, die eigenen Angaben zufolge jährlich rund 2 Mrd. Dollar in ihre IT steckt und deren Systeme 15 % des globalen Wertpapiervolumens abwickeln. In Zeiten des Zinstiefs, das auf breiter Front die Renditen drückt, kann es sich kein Assetmanager mehr leisten, Möglichkeiten einer Optimierung der Effizienz zu ignorieren, wie er argumentiert. Noch kein VollzugEin entsprechendes Produkt namens “Alpha” hat State Street vor sechs Monaten auf den Markt gebracht. Noch hat State Street bundesweit nicht über größere Mandate von Assetmanagern informiert, wenngleich sich Ambrosius am Montag zuversichtlich gab. Sollte sich die Gesellschaft “Alpha” im Markt etablieren können, winken entsprechende Größeneffekte in einem neuen, margenträchtigen Geschäftsfeld.Ambrosius zufolge ist State Street, mit 33 Bill. Dollar an verwahrten und administrierten Assets der weltweit zweitgrößte Custodian hinter BNY Mellon, das einzige der großen Verwahrhäuser, das seine Wertschöpfungskette auf diese Weise ausbaut. Im Markt der Front-Office-Anbieter bekommt es State Street mit Adressen wie Bloomberg, dem von BlackRock betriebenen System Aladdin oder der europäischen Simcorp zu tun.Neugeschäft kann State Street in jedem Fall gut gebrauchen. Für das vergangene Jahr hat die Europa-Einheit State Street International Bank, in welcher der Konzern seine kontinentaleuropäischen Aktivitäten gebündelt hat und die mit 43 Mrd. Euro Bilanzsumme unter die direkte Aufsicht der Europäischen Zentralbank fällt, einen Rückgang des Ergebnisses der normalen Geschäftstätigkeit um 11 Mill. auf 240 Mill. Euro ausgewiesen. Vor allem deutlich geringere Erträge aus dem konzerninternen Transfer Pricing haben die Gewinnrechnung belastet, wie es im Geschäftsbericht heißt. Im operativen Geschäft standen steigenden Zinseinnahmen dabei sinkende Provisionserträge gegenüber. Weltweit sind die Gebühreneinnahmen von State Street im dritten Quartal im Zuge sinkender Einnahmen aus Dienstleistungen und Managementprovisionen binnen Jahresfrist um 3 % zurückgegangen, während der Zinsüberschuss um 4 % gefallen ist. Auf die Bundesrepublik entfällt dabei etwa die Hälfte der Einnahmen von State Street in Europa, wo der Konzern mit rund 13 000 und damit einem Drittel seiner Mitarbeiter 40 % seiner Erträge erwirtschaftet.Im deutschen Depotbankgeschäft, in welchem State Street auf Platz zwei hinter BNP Paribas Securities Services liegt, will sich die Gesellschaft unterdessen nicht mehr nur um Assetmanagement-Einheiten, sondern verstärkt auch um Mandate von Versicherern, Pensionskassen, Versorgungswerken und anderen Institutionellen kümmern, wie Ambrosius deutlich machte. Im Geschäft mit Publikumsfonds sei State Street stark vertreten. Was Spezialfonds angehe, sei man aber “in den letzten Jahren ganz klar nicht so gewachsen, wie wir das hätten können”, erklärte Ambrosius. Ende Juni hat State Street 300 Mrd. Euro an Fondsvermögen verwahrt.