LEITARTIKEL

Suche nach dem Exit

Totgesagte leben länger. Das Sprichwort trifft zweifelsohne auf die IKB zu, mit der die Subprime-Krise 2007 nach Deutschland schwappte. Damals machte die Bank eine Nahtoderfahrung und wurstelte sich in den Folgejahren mehr schlecht als recht durch....

Suche nach dem Exit

Totgesagte leben länger. Das Sprichwort trifft zweifelsohne auf die IKB zu, mit der die Subprime-Krise 2007 nach Deutschland schwappte. Damals machte die Bank eine Nahtoderfahrung und wurstelte sich in den Folgejahren mehr schlecht als recht durch. Damit soll nun Schluss sein. Mit dem Rückkauf der stillen Beteiligungen hat der Mittelstandsfinanzierer im abgelaufenen Turnus seine letzte Altlast beseitigt und befindet sich nun nach eigenem Bekunden auf dem Weg zu einer “normalen” Bank. Untermauert wird die Anstrengung mit dem Halbjahresbericht, den die Bank kürzlich publiziert hat. Nicht nur, dass ein Gewinn erwirtschaftet wurde, auch die Eigenkapitalrendite von fast 7 % kann sich sehen lassen. Mit Blick auf die Kapitalausstattung steht die Bank, die einst mit Staatsmilliarden gerettet wurde, ebenfalls gut da. Per 30. September wurden sämtlich regulatorische Vorgaben übererfüllt. So weit, so beeindruckend.Doch womit verdient die IKB nun eigentlich Geld? Die Bilanzsumme ist dramatisch zusammengeschnurrt. Das Kreditneugeschäft bewegt sich in Größenordnungen, auf die es normalerweise eine mittelgroße Sparkasse bringt – mit dem Unterschied, dass Letztere regional unterwegs ist, während die IKB bundesweit agiert. Tatsächlich haben sich die Düsseldorfer auf das besonnen, was sie am besten können: das Durchleiten von Förderkrediten. Das war ja nicht zuletzt der Grund, warum die KfW vor der Krise mit 38 % der größte Einzelaktionär des Mittelstandsfinanzierers war und damit auch an vorderster Front zur Rettung in die Pflicht genommen wurde.Die Welt hat sich seither weitergedreht. Mit der Covid-19-Pandemie hat sich eine ungleich größere Krise Bahn gebrochen. Diesmal sind die Banken allerdings nicht Auslöser, sondern einer der Rettungsanker. Die IKB scheint sich dabei zum Krisenprofiteur zu mausern. Denn obwohl das Förderkreditgeschäft von hohem Wettbewerb und niedrigen Margen gekennzeichnet ist – gemeinhin also bestenfalls als Zubrot dient -, macht die IKB die Pflicht zur Kür. Anders als Wettbewerber, die mit Kampfkonditionen an den Markt gehen, halten sich die Förderexperten der IKB zugute, dank ihrer einzigartigen Beratungsexpertise die von den Förderbanken vorgegebene Maximalmarge einfahren zu können. Die Haftungsfreistellung der Förderkredite schont die Risikoaktiva der Bank und hebelt die Kapitalquoten. Vor diesem Hintergrund schmiedet die IKB Zukunftspläne, die von Selbstbewusstsein zeugen. Zumindest nach außen hin liebäugeln die Düsseldorfer neuerdings mit einem Börsengang. Nicht heute und nicht morgen, aber auf Sicht von ein bis zwei Jahren.Ist das tatsächlich der Strohhalm, an den sich der leidgeprüfte Finanzinvestor Lone Star klammert, um nach mehr als zwölf Jahren zumindest einen Teil-Exit hinzubekommen? Zweifel sind angebracht. Denn es gab ja durchaus Gründe, warum die diversen Anläufe zum Verkauf der IKB – den ersten Anlauf nahm der Finanzinvestor 2010, es folgten mindestens zwei weitere – nicht von Erfolg gekrönt waren. Stattdessen soll dem breiten Publikum nun die Aktie einer Bank schmackhaft gemacht werden, die bis heute nicht über ein funktionstüchtiges Geschäftsmodell verfügt. Denn man muss sich nichts vormachen: Dass die Bank vor zehn Jahren überhaupt in eine dramatische Schieflage geriet, lag daran, dass der selbst ernannte Finanzierer des Mittelstands auf die Erträge aus risikoreichen Subprime-Investments angewiesen war, um das eigentliche Kerngeschäft zu subventionieren.Große Sprünge lassen sich mit dem Fördergeschäft aber auch heute nicht machen, selbst wenn die Düsseldorfer ihre Kosten inzwischen deutlich eingedampft haben. Kostensenkung und Sanierung sind kein Ersatz für ein Geschäftsmodell. Zu einer überzeugenden Equity Story gehört vielmehr Wachstum. Dieses aber kann die IKB nicht finanzieren. Denn hinter der Rückbesinnung auf das Fördergeschäft steckt ja nicht nur die einschlägige Expertise, sondern auch der Refinanzierungsaspekt. Mehr als die Hälfte des Kreditbuchs stellen KfW & Co. mit Fördermitteln bereit. In der kurz- und mittelfristigen Finanzierung wird dagegen auf Termingelder von Privatkunden gesetzt. Nachdem im Vorjahr der milliardenschwere Bilanzverlust im Wege einer Kapitalherabsetzung beseitigt wurde, kann es Lone Star nur noch darum gehen, sich Zugriff auf die freie Kapitalrücklage zu verschaffen. Eine mit dem Fördergeschäft in die Höhe getriebene Kernkapitalquote ist hierfür die Eintrittskarte. ——Von Annette BeckerKostensenkung ist kein Geschäftsmodell. Zu einer überzeugenden Equity Story gehört Wachstum. Das kann die IKB aber nicht finanzieren.——