Südwestbank drängt ins Online-Kreditgeschäft

Konsumdarlehen ergänzen traditionelles Angebot - Nach hartem Sparkurs soll Eigenkapitalrendite auf 15 Prozent verdreifacht werden

Südwestbank drängt ins Online-Kreditgeschäft

Die Südwestbank wird von ihrem neuen Mehrheitseigner, der österreichischen Bawag, auf Rendite getrimmt. Statt einst 5 % sollen es 15 % Ertrag auf das um immaterielle Vermögenswerte reduzierte Eigenkapital werden. Dazu wird ein neuer Geschäftsbereich geschaffen. Von Thomas Spengler, StuttgartDie Südwestbank in Stuttgart baut sich ein viertes Standbein. Neben den bisherigen Geschäftsbereichen Retail, Corporate und Private Banking bietet das 1922 als Württembergische Landwirtschaftsbank gegründete Institut seit Frühjahr intensiv auch Konsumentenkredite an. Damit erreiche die Bank nicht nur neue Kundengruppen, sondern wachse erstmals auch über Baden-Württemberg hinaus, sagte Constantin von Oesterreich, der Anfang September 2019 den Vorstandsvorsitz übernommen hatte, der Börsen-Zeitung.Von Oesterreichs Vorgänger bei der Südwestbank, Wolfgang Kuhn, der in Stuttgart einen guten Ruf genießt, war überraschend in den Ruhestand gegangen, obwohl sein Vertrag noch bis Ende 2020 gelaufen wäre. Von Oesterreich war von Oktober 2012 bis Juni 2016 Vorstandsvorsitzender der HSH Nordbank, die 2018 an eine Gruppe von Finanzinvestoren um Cerberus und J.C. Flowers verkauft wurde. Druck der MutterUnter dem Druck der neuen Muttergesellschaft Bawag P.S.K. in Wien, die die Südwestbank im Juli 2017 übernommen hat, behalten die Schwaben zwar das bisherige Kerngeschäft bei, stürzen sich aber auf den Auf- und Ausbau des neuen margenträchtigen Bereichs digital vermittelter Ratenkredite und Hypothekendarlehen. Aktuell vermittelt die Südwestbank ihre Konsumentenkredite auf dem Vergleichsportal Smava mit Sitz in Berlin. Außerdem wurde bereits 2018 die Verlinkung mit Qlick, der Bawag-eigenen Plattform für digitale Konsumentenkredite, vollzogen.Damit soll das neue Geschäftsfeld wesentlich dazu beitragen, die Eigenkapitalrendite der Südwestbank von einst rund 5 % auf mehr als 15 % (Return on Tangible Common Equity) zu verdreifachen. “Aufgrund der niedrigen Kosten rechnen wir mit einem sehr guten Geschäft für die Südwestbank”, so Jochen Sautter, der lange das Marketing des Instituts verantwortet hatte und ebenfalls Anfang September 2019 in den Vorstand aufgerückt ist, wo er unter anderem für das nationale Plattformgeschäft sowie die Vertriebssteuerung zuständig ist. Die Bawag selbst, die sich als eine der profitabelsten Banken Europas bezeichnet, weist eine Eigenkapitalrentabilität in der genannten Größenordnung aus. Nicht 1 zu 1 kopierenAn diesem Erfolg orientiert sich auch die Südwestbank, wie von Oesterreich sagt. Allerdings gehe es nicht darum, die Muttergesellschaft 1 zu 1 zu kopieren. Schließlich hätten beide Institute eine andere Herkunft und eine unterschiedliche Ausrichtung. So sollen sowohl das Filialnetz als auch das Private Banking und das Firmenkundengeschäft erhalten bleiben. “Wir werden auch keine Direktbank”, stellt Sautter klar. Aber natürlich reagiere man mit dem Umbau der Bank auf die Digitalisierung und das sich verändernde Kundenverhalten. In diesem Rahmen wurde die ohnehin schon auf 14 halbierte Zahl der Filialen um weitere drei reduziert, so dass das Institut einschließlich der Hauptstelle aktuell nur noch elf Standorte aufweist. Parallel dazu wurde die Belegschaft binnen zwei Jahren von 587 auf 325 Mitarbeiter stark reduziert. “Dabei haben wir uns um Themen gekümmert, die manch anderem Institut in der Branche noch bevorstehen”, sagt von Oesterreich mit Blick auf die angespannte Profitabilität in der Bankenbranche.Offenbar gelegt hat sich inzwischen die Unruhe, die insbesondere durch den Einfluss des einstigen Großaktionärs Cerberus bei der Bawag entstanden war. Nachdem der als aggressiv bekannte US-Finanzinvestor, benannt nach dem mehrköpfigen Höllenhund aus der griechischen Mythologie, seine noch bestehende Beteiligung von 35 % Anfang 2019 schrittweise abgegeben hat (vgl. BZ vom 18.12.2019), befinden sich aktuell 78,2 % der Bawag-Aktien im Streubesitz. Der verbliebene US-Großaktionär Golden Tree, der als weniger aggressiv gilt, erreicht mit 21,8 % keine Sperrminorität.Dass der Rückzug des “Höllenhundes” nun im Rahmen einer Kapitalherabsetzung stattgefunden hat, deutet darauf hin, dass das Kapital nicht mehr ertragreich genug eingesetzt werden konnte. Damit sitzt der Bawag keine Heuschrecke mehr im Nacken, was die Akquise bei wohlhabenden schwäbischen Privatkunden erleichtern könnte. Mit dem US-Hedgefonds Cerberus im Rücken hatte die ehemalige Gewerkschaftsbank Bawag P.S.K. für die Südwestbank den Hexal-Gründern, den Gebrüdern Strüngmann, 641 Mill. Euro auf den Tisch geblättert und eine Barreserve in Höhe von 190 Mill. Euro übernommen, wie aus dem Bawag-Geschäftsbericht von 2017 hervorgeht. Mitarbeiter verlorenNach einem teilweise ebenso brachial wie chaotisch anmutenden Vorgehen der neuen Eigner hatten 2018/2019 eine ganze Reihe von Beschäftigten, insbesondere aus dem Private Banking, das Weite gesucht – und dies unter anderem beim Konkurrenten Merck Finck in Stuttgart auch gefunden. Inzwischen aber sei man im Private Banking wieder vollzählig, versichert von Oesterreich. Auch die hauseigene Vermögensverwaltung bleibe erhalten. Wie am Bankplatz Stuttgart zu hören ist, konnten manche Lücken allerdings nur geschlossen werden, indem man neue Berater mit sehr hohen Gehältern gelockt hat. Die Vertiva Family Office GmbH, eine 100-prozentige Südwestbank-Tochter, hat dagegen im Februar 2019 stillschweigend ihre BaFin-Lizenz zurückgegeben.Von Oesterreich betont, dass es der Südwestbank mit der Bawag im Rücken möglich sei, andere Größenordnungen an Krediten zu vergeben. Ebenso sei die Zinsfestschreibung von bis zu 30 statt bisher fünf Jahren Laufzeit möglich. “Im Netzwerk mit der Bawag Group haben wir ein größeres Angebot für unsere Kunden und damit keinen Wettbewerbsnachteil mehr”, so der Vorstandsvorsitzende. Unterstützung aus Wien erhält die Südwestbank im Auslandsgeschäft. Da gebe es Synergien aus der Gruppe, sagt er, ohne eine Größenordnung zu nennen.Inzwischen habe man bei der Integration der Südwestbank gute Fortschritte erzielt, heißt es im Geschäftsbericht 2018 der Bawag. Das Institut sei bereits voll in alle Prozesse integriert und damit in der Lage, die Tools und Standards der Muttergesellschaft zu nutzen. Dabei stehen für die Bawag operative Effizienz und Kapitaleffizienz im Vordergrund. Das heißt, zum einen geht es dem Konzern darum, die Kerngeschäftsprozesse zu rationalisieren und zu digitalisieren. Und zum anderen strebt die Bawag für die Südwestbank eine bessere Rentabilität als auch “risikoadäquate Erträge auf allen Ebenen” an. Dennoch ist von nach wie vor sehr holprigen Prozessen zu hören, was insbesondere durch die Verlagerung von Backoffice- und Servicebereichen nach Wien entstanden sei. Über den gesamten Bereich Finanzen und Risikomanagement wacht der Dritte im Bunde des Vorstands der Südwestbank, Sebastian Firlinger, der zuvor bei der Bawag tätig war und bei den Stuttgartern seit 10. Januar 2019 als CFO und CRO verantwortlich zeichnet. Wichtiger BeitragEin Blick in die Bawag-Bilanz von 2018 zeigt, dass die Südwestbank bereits damals 49,5 Mill. Euro zum Jahresüberschuss vor Steuern der Bawag beigesteuert hat, was demnach einer Eigenkapitalrentabilität von 14,5 % (Return on Tangible Equity, RoTE) entspricht. Die Bawag begründet diese Entwicklung auf Anfrage mit “den Entwicklungen im Kerngeschäft, dem Derisking der Bilanz und Maßnahmen zur Verbesserung der Kosteneffizienz”. Außerdem dürfte die Hebung stiller Reserven, die die nach HGB bilanzierende Südwestbank mitgebracht hat, das Ergebnis positiv beeinflusst haben. Damit hätte die Südwestbank die geforderten 15 % Eigenkapitalrentabilität ja fast schon erreicht. Allerdings bezieht die Bilanzkennziffer RoTE nur das eingesetzte, von der Bankenaufsicht voll anerkannte Eigenkapital ein, nicht aber das gesamte Eigenkapital. Und wie viel Letzteres aktuell umfasst, darüber schweigt man sich in Wien aus. Nähme man die rund 704 Mill. Euro gesamtes Eigenkapital aus der HGB-Bilanz von 2018, ergäbe sich eine Eigenkapitalrentabilität in der Größenordnung von 7 %. Massive UmschichtungenInsgesamt ist der Jahresabschluss 2018 der Südwestbank von massiven Bilanzumschichtungen gekennzeichnet. So schrumpfte die Position “Kundeneinlagen und eigene Emissionen” um 19,5 % auf 4,95 Mrd. Euro zusammen. Die Bilanzsumme ging laut HGB-Abschluss von 7,5 auf 6,2 Mrd. Euro (2019) zurück. Zur Verkürzung der Bilanz trug auch das Abschmelzen der Kundenbasis von rund 100 000 auf 90 000 bei. Insbesondere die zwangsweise Umstellung auf den von der Bawag Group erst 2017 erworbenen Kreditkartenanbieter Paylife soll zahlreiche Kunden verärgert haben. So ist bis heute von Wettbewerbern am Bankplatz Stuttgart zu hören, dass sich Südwestbank-Kunden nach Alternativen für ihre Bankverbindung umschauen würden. Vor diesem Hintergrund sind die Werte, mit denen der alten Südwestbank, die die Bawag Group nur mehr als eins von sieben Segmenten führt, schwer vergleichbar.Auf die Frage, ob denn die Südwestbank von der Bawag an der kurzen Leine geführt werde, antwortet von Oesterreich, man arbeite sehr gut mit Wien zusammen. Welchen Ergebnisbeitrag die Muttergesellschaft für 2019 von ihrem “Segment Südwestbank” zu erwarten hat, will der 66-Jährige aber mit Verweis auf die Ad-hoc-Pflicht der Bawag ebenso wenig verraten wie die Laufzeit seines Vertrages.