LEITARTIKEL

Szenen einer Bankenehe

Mit Bankenfusionen ist es wie in einer Ehe: Die Partnerschaft kann scheitern oder sich zu einer stabilen, dauerhaften Beziehung entwickeln. Bei der Hochzeit von HypoVereinsbank (HVB) und Unicredit 2005 war ungewiss, ob der gemeinsame Weg beider...

Szenen einer Bankenehe

Mit Bankenfusionen ist es wie in einer Ehe: Die Partnerschaft kann scheitern oder sich zu einer stabilen, dauerhaften Beziehung entwickeln. Bei der Hochzeit von HypoVereinsbank (HVB) und Unicredit 2005 war ungewiss, ob der gemeinsame Weg beider Häuser von Erfolg gekrönt sein wird. Dadurch, dass die seinerzeit größte grenzüberschreitende Vermählung zweier Großbanken in der Eurozone faktisch einer Übernahme des weiß-blauen Instituts durch die Italiener gleichkam, war es von Anfang an keine Beziehung zweier gleichberechtigter Partner. Die HVB war damals ein hässliches Entlein, das nach einer Krise unter das Dach einer aufstrebenden Universalbank schlüpfte.Seitdem hat sich aber das Kräfteverhältnis verschoben. Heute, im achten Jahr der bayerisch-italienischen Liaison, kann Unicredit-Chef Federico Ghizzoni von Glück reden, dass die von der Euro-Schuldenkrise und der tiefen Rezession in der drittgrößten Volkswirtschaft der Währungsunion geschwächte größte Geschäftsbank Italiens über ein gesundes ausländisches Kreditinstitut verfügt. Die Münchner haben sich zu einer Stütze der Mailänder entwickelt. Dabei profitieren sie von einer stabilen Konjunktur in Deutschland. Die HVB strotzt vor Kraft, seitdem sie im Rahmen eines konzerninternen Umbaus vor sieben Jahren die Bank Austria und das Osteuropa-Geschäft an ihren neuen Eigentümer veräußerte und dafür rund 14 Mrd. Euro kassierte.Kaum auszudenken, wo Unicredit heute stände, wenn sie die HVB nicht erworben hätte. Klar ist, dass sich ohne die Hilfe aus Bayern die Muttergesellschaft derzeit in einer deutlich schlechteren Verfassung befände, obgleich sie sich nach einer Kapitalerhöhung von 7,5 Mrd. Euro Anfang 2012 infolge eines Milliardenrekordverlusts auf dem Weg der Genesung befindet. Deshalb ist es keine ausgemachte Sache, dass Unicredit die HVB an die Börse bringen müsste, um aus einem Emissionserlös mehr Speck anzusetzen, damit sie krisenresistenter wird, wie spekuliert wird. Ein zwingend notwendiger zusätzlicher Kapitalbedarf der Unicredit ergibt sich jedenfalls derzeit nicht. Mit einem Anteil des Eigenkapitals an der Bilanzsumme von gut 7 % liegt der Konzern deutlich über der künftigen aufsichtsrechtlichen Mindestanforderung von 3 % bei der Schuldenquote. Er steht damit im Vergleich zu anderen Banken relativ solide da. Auch der Abbau von Risikoaktiva schreitet voran. Dennoch: Ein Comeback des früheren Dax-Mitglieds aufs Handelsparkett via Teilverkauf hätte für HVB-Chef Theodor Weimer durchaus Charme, könnte er dann doch unabhängiger vom Eigentümer agieren.Die kapitalstarke HVB ist bislang für Ghizzoni eine verlässliche Größe in seinem Bemühen, bei Investoren verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen. Binnen eines Jahres gewann die Unicredit-Aktie mehr als die Hälfte an Wert. Damit befindet sich das Institut mit einer Marktkapitalisierung von gut 33 Mrd. Euro fast auf Augenhöhe mit der Deutschen Bank (knapp 38 Mrd. Euro). Offensichtlich trauen die Anleger Ghizzoni zu, die Sanierung des italienischen Branchenprimus zu meistern. Der gut verdienenden HVB kommt dabei eine Schlüsselrolle zu, rettete sie doch der Mutter zuletzt regelmäßig die Quartalsergebnisse und päppelte diese mit ordentlichen Dividenden auf.Zuletzt sorgte ein rekordhoher Scheck von 2,5 Mrd. Euro nach Mailand für Aufsehen, was aber nach Weimers Lesart eine Ausnahme bleiben soll, will er doch den Eindruck vermeiden, als müsste die HVB die Unicredit mit noch mehr Kapital versorgen. Denn die deutsche Finanzaufsicht (BaFin) wacht seit der Euro-Krise verstärkt darüber, dass Unicredit keinen direkten Zugriff auf das Kapital der Münchner Tochter erhält. Letztere schüttete an ihre Mutter bisher insgesamt 7,2 Mrd. Euro aus. Das ist fast die Hälfte des damaligen Kaufpreises (über 16 Mrd. Euro).Vor diesem Hintergrund kann Weimer sein Institut innerhalb der Gruppe aus einer Position der Stärke führen, obgleich die Erträge aufgrund des Margendrucks im Retailgeschäft und des Zinstiefs nicht mehr in den Himmel wachsen. Ertragshebel ist und bleibt das Investment Banking. Liefert München weiter gute Zahlen, bleibt das Tandem Ghizzoni-Weimer stabil. Dies hat aber auch eine Kehrseite. Je erfolgreicher die HVB ist, desto größer wird die Zahl der Neider in der Unicredit-Zentrale, die sich durchaus als Biotop für Intrigen erweisen kann, wie die Vergangenheit lehrt. Auf die HVB käme eine Phase der Unsicherheit zu, wenn die Ära des heute 58-jährigen Ghizzoni an der Unicredit-Spitze zu Ende geht. Neue Szenen in dieser Bankenehe wären damit programmiert.——–Von Stefan KroneckDie vor acht Jahren erworbene HVB ist für Unicredit eine verlässliche Stütze. Ohne die Hilfe aus München wäre die Genesung der Mailänder Großbank schwieriger.——-