Talanx vergrault Anleger mit Kapitalerhöhung
Talanx vergrätzt mit Kapitalerhöhung
Erlöse nicht für Zukauf in Lateinamerika benötigt – Erhöhter Streubesitz soll Aktie für Investoren interessanter machen
Die Talanx hat den jüngsten Höhenflug an der Börse zur ersten Kapitalerhöhung seit dem Börsengang vor elf Jahren genutzt. Anleger rümpfen die Nase. Für den Versicherer, der den Erlös zur Finanzierung eines Milliarden-Zukaufs nicht benötigt, dürfte die Ausweitung des Streubesitzes im Vordergrund stehen.
ste Hamburg
Der Mehrmarkenversicherer Talanx hat die Anleger mit der ersten Kapitalerhöhung seit dem Börsengang im Oktober 2012 vergrault. Nachdem das Unternehmen die Pläne am Vorabend bekannt gemacht hatte, gab die Aktie des MDax-Konzerns aus Hannover am Mittwoch um 10% auf 59,45 Euro nach. Seit Jahresbeginn hatte die Aktie um fast 50% auf ein Allzeithoch von 65,85 Euro zugelegt.
300 Mill. Euro frisches Kapital
Die Talanx hatte zuvor mitgeteilt, knapp 4,9 Millionen neue Aktien aus genehmigtem Kapital zum Preis von 61,50 Euro an institutionelle Investoren vor allem in Europa und den USA verkauft zu haben. Die Transaktion erfolgte unter vereinfachtem Ausschluss des Bezugsrechts für Altaktionäre, deren Anteile durch die Kapitalerhöhung im Volumen von rund 300 Mill. Euro verwässert wurden.
Da der Talanx-Mehrheitsaktionär HDI Haftpflichtverband der Deutschen Industrie V.a.G. ferner gut 1,6 Millionen Aktien aus dem Eigenbesitz zu denselben Konditionen platzierte und sich der Anteil des Versicherungsvereins damit von 78,9 auf ca. 76,8% reduziert, steigt der Streubesitz von bislang 21,1% auf rund 23,2%.
Reaktion auf Investorenwunsch
Mit der Aktienplatzierung reagierte der drittgrößte deutsche Versicherungskonzern nach Angaben von Finanzchef Jan Wicke auf einen „wiederholt geäußerten Wunsch“ von Investoren, den Streubesitz zu erhöhen und Voraussetzungen für eine bessere Handelbarkeit der Aktie zu schaffen. „Mittelfristig erhoffen wir uns durch die Kapitalerhöhung eine nachhaltige Erhöhung des täglichen Handelsvolumens auf mehr als 10 Mill. Euro, eine Schwelle, die für einige große Investoren bedeutend ist“, sagte er.
Am Dienstag hatte das Handelsvolumen bei rund 9 Mill. Euro gelegen. Neben positiven Effekten auf den täglichen Handel und Umsatz der Aktie geht es dem Versicherer auch um eine Festigung der Position in verschiedenen Aktienindizes. Darauf angesprochen, ob eine weitere Ausweitung des Streubesitzanteils denkbar oder beabsichtigt sei, sagte der CFO, diese Frage stelle sich derzeit nicht.
Streubesitz könnte noch steigen
Im Juli 2013 hatte der HDI V.a.G. zuletzt 8,2 Millionen Talanx-Aktien am Markt verkauft, wodurch sich die eigenen Anteile um 3,2 Prozentpunkte auf 79,1% verringerten und der Streubesitz auf 14,4% stieg. Damals galt der japanische Versicherer Meiji Yasuda mit einem Talanx-Aktienpaket von 6,5% noch als weiterer Ankeraktionär. Der Mehrheitseigentümer hat in der Vergangenheit die Bereitschaft erkennen lassen, seine Anteile an der Talanx auf 50,1% zu reduzieren. Ein Grund dafür könnte eine große wertsteigernde Akquisition sein, die eine weitere Eigenkapitalfinanzierung erfordert.
Talanx-Finanzchef Wicke unterstrich, dass die Mittel aus der Kapitalerhöhung nicht für die im Mai angekündigte Übernahme des Privatkundengeschäfts des US-Versicherers Liberty Mutual in Lateinamerika benötigt wurden. Die Akquisition soll die Talanx gemessen an den Prämieneinnahmen zum drittgrößten Anbieter im Schaden- und Unfall-Geschäft machen. Mit rund 1,4 Mrd. Euro ist es der größte Zukauf seit dem Börsengang vor fast elf Jahren. Finanziert werden soll er aus Barmitteln und Krediten, die gegebenenfalls durch den HDI V.a.G. gewährt werden. Die endgültige Finanzierungsstruktur werde erst kurz vor Vollzug der Transaktion feststehen, hatte Wicke bei Vorlage der Talanx-Halbjahreszahlen Mitte August angekündigt. Der Konzern sieht sich „sehr solide“ kapitalisiert. Man werde in der Lage sein, eine Solvenzquote um 200% und damit am oberen Ende des Zielkorridors von 150 bis 200% auszuweisen, selbst wenn der Zukauf vollständig über Schulden finanziert würde. Per Ende Juni lag die Quote bei 217%.
Prognosen bekräftigt
Dem Versicherer fließt aus der Kapitalerhöhung ein Bruttoerlös von rund 300 Mill. Euro zu. Die Mittel erhöhten die sehr gute Kapitalausstattung „für zukünftige organische und anorganische Wachstumschancen“, hieß es in Hannover. Insgesamt platzierten die Talanx und der Mehrheitsaktionär HDI V.a.G. bei der von Berenberg begleiteten Transaktion rund 6,5 Millionen Aktien im Wert von etwa 400 Mill. Euro bei Investoren. Der Versicherungskonzern führte aus, die bisherige Geschäftsjahresprognose sowie die mittelfristigen Ziele würden „auch auf Basis der künftig erhöhten Eigenkapitalbasis“ gelten. Talanx bekräftigte vor allem die angestrebten Gewinnausschüttungen: Für 2023 sollen Aktionäre eine Dividende von mehr als 2 (i.V. 2,00) Euro erhalten.