Tausendsassa-Banker Joachim Strähle geht in Frühpension
Von Daniel Zulauf, ZürichDie farbige Karriere des Tausendsassa-Bankers Joachim Strähle geht abrupt und unerwartet früh zu Ende. Ende des Jahres übergibt der 59-jährige Manager das Zepter als CEO der Zürcher Vermögensverwaltungsbank EFG International an den neun Jahre jüngeren italienischen Finanzchef Giorgio Pradelli. Die Bank begründet den Chefwechsel mit dem Abschluss der Integration der früheren Banca della Svizzera Italiana (BSI), welche EFG unter Strähles Führung im Februar 2016 für mehr als 1 Mrd. sfr übernommen hatte und kurz darauf, auf Geheiß der Finanzmarktaufsicht, vollständig auflösen musste. Schaltstelle im FondsskandalMit der BSI-Akquisition tat Strähle weder sich selbst noch seinen Aktionären einen Gefallen. Die in Lugano ansässige Bank entpuppte sich kurz nach dem Verkauf als Schaltstelle im Korruptionsskandal um den malaysischen Staatsfonds 1MDB. Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht und die Aufsichtsbehörden in Singapur hatten die Machenschaften der Skandalbank im Mai 2016 publik gemacht und in einer beispiellosen Aktion die sofortige Liquidierung des Instituts angeordnet. Im Zuge des Skandals zogen BSI-Kunden Mittel ab, was den betriebswirtschaftlichen Nutzen des Einkaufes zunehmend in Frage stellte.Im Aktienkurs von EFG International sind die Folgen jener unglücklichen Akquisition bis heute sichtbar. Die Titel werden aktuell zum Preis von 8,7 sfr gehandelt, nachdem sie 2015, im Jahr von Strähles Ankunft als CEO, noch zu mehr als 14 sfr gehandelt worden waren. Strähle zeigte sich auch an seiner vorletzten Station, der Bank Sarasin, ganz als risikofreudiger Wachstumsmanager. Als er dort 2006 die Führung übernahm, lockte er von seiner früheren Arbeitgeberin, der Credit Suisse, Dutzende von Kundenbetreuern nach Basel, um die verwaltete Vermögensmasse schnell anwachsen zu lassen. Mühe mit den AltlastenDas Vorhaben gelang, doch Jahre später wurde Sarasin durch rufschädigende Rechtsstreitigkeiten mit wohlhabenden deutschen Kunden auf den Boden der Realität zurückgeholt. Die neuen Sarasin-Eigentümer, die brasilianische Safra-Familie, mühen sich bis heute mit diesen alten Geschichten ab, die sie von Strähle und seiner damaligen Mannschaft erben mussten. Als der Zürcher 2014 in Basel seinen Schreibtisch räumen musste, ahnte niemand, dass er bereits ein Jahr später als Chef von EFG wieder an der Spitze einer größeren Privatbank mit mehr als 2 000 Angestellten auftauchen würde. Die Chancen auf einen neuen Coup dieser Art sind jetzt zwar geringer geworden. Doch es ist schwer vorstellbar, dass Strähle sein Schicksal als frühpensionierter Banker widerstandslos hinnehmen wird.