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The new kid on the block

2007 hat Steffen Scheuble Solactive gegründet. Inzwischen mischt der Frankfurter Indexanbieter die Branche weltweit auf. Von Werner Rüppel Für etablierte Anbieter sind Indizes, die u.a. als Basis für passive Investmentfonds wie ETFs verwendet...

The new kid on the block

2007 hat Steffen Scheuble Solactive gegründet. Inzwischen mischt der Frankfurter Indexanbieter die Branche weltweit auf. Von Werner RüppelFür etablierte Anbieter sind Indizes, die u.a. als Basis für passive Investmentfonds wie ETFs verwendet werden, ein lukratives Geschäft. So weist zum Beispiel MSCI für den Bereich Index im Bericht zum ersten Quartal 2019 eine Gewinnmarge (auf Ebitda-Basis) von 70,9 % aus. Auch andere Anbieter wie Stoxx oder S & P Dow Jones gelten als renommierte Marken.Eine Gesellschaft gibt es, die Indizes wesentlich günstiger anbietet als die seit Jahren bekannten Marken und mit diesem Geschäftsmodell schnell und profitabel wächst. Sie kommt aus Frankfurt, ist inzwischen weltweit vertreten und bietet nach eigenen Angaben 24-Stunden-Service an sieben Tagen die Woche an. Es handelt sich um die 2007 von Steffen Scheuble gegründete Solactive. “Wir mischen die Indexbranche auf und sind so etwas wie the new kid on the block”, sagt Scheuble, der die Gesellschaft nicht nur gegründet hat, sondern auch als CEO lenkt. Bei den ETF-Anbietern ist die Aufsteigerfirma aus der Mainmetropole anerkannt. “Solactive ist in der Branche gut bekannt und genießt einen guten Ruf”, erklärt Fannie Wurtz, die Leiterin der Indexsparte von Amundi. Mit Hilfe der Frankfurter hat sie gerade eine Palette von kostengünstigen Indexfonds aufgelegt. In Hongkong und Toronto vertretenSolactive ist inzwischen weltweit tätig mit Büros in Toronto und Hongkong. Hinzu kommen weitere Offices in Deutschland, in Berlin und Dresden. Die Zentrale ist in einem nüchternen Bürohaus in der Frankfurter Guiollettstraße. “Wir haben inzwischen mehr als 500 Kunden, und unsere Umsätze sind in den vergangenen Jahren im Schnitt um mehr als 30 % im Jahr gewachsen”, erläutert Scheuble. “Unser Geschäft ist breit gestreut, nur etwa 5 % unserer Erlöse kommen aus Deutschland, dafür rund 50 % aus Nordamerika.” Im Unternehmen wird Englisch gesprochen, auch das zeigt die internationale Ausrichtung.Solactive berechnet täglich mehr als 10 000 Indizes, davon sind rund 2 000 von der Gesellschaft selbst entwickelte Börsenbarometer. Die Finanzprodukte, die auf von Solactive berechneten Indizes basieren, erreichen inzwischen ein Volumen von mehr als 300 Mrd. Dollar. Dazu tragen insbesondere rund 400 ETFs bei.”In den ersten zwei, drei Jahren nach Gründung der Gesellschaft, in der Zeit der Finanzkrise, ging es ums Überleben”, räumt der Gründer, dem heute 90,1% an Solactive gehören, ein. “Aber wir haben auch damals unsere Philosophie durchgezogen. Daher vertrauen unsere Kunden dem über die Jahre aufgebauten Fundament.” Ohne MarketingabteilungDen Erfolg von Solcative führt Scheuble auf drei Faktoren zurück: “Hohe Qualität, eine gute Kundenbetreuung und unsere schnelle und flexible Arbeitsweise.” Man könne Indizes nur richtig oder falsch berechnen, in diesem Punkt sei es schwierig, sich von anderen Indexanbietern zu differenzieren. Wichtig für das Indexgeschäft sei vor allem die IT. Von den inzwischen 210 Solactive-Mitarbeitern seien etwa 95 mit IT beschäftigt, davon 55 Softwareentwickler. “Dafür haben wir keine teure Marketingabteilung”, so der Unternehmer.Zweitens sei das Pricing wichtig. “Wir sind deutlich günstiger als die Konkurrenz und wollen das auch bleiben”, erklärt Scheuble. Bei Solactive könne man auch für eine pauschale Gebühr, eine sogenannte Flat Fee, einen Index günstig berechnen lassen. Auch bei volumenabhängigen Modellen sei Solactive deutlich preiswerter als die großen Marken wie zum Beispiel MSCI. Die Gebühren gingen seit Jahren kontinuierlich zurück und lägen hier im Schnitt bei drei Basispunkten.Drittens sei natürlich die Marke, das Branding, ein Erfolgsfaktor. “Durch immer mehr Kunden und Umsätze verbessert sich das Branding von Solactive automatisch von Tag zu Tag”, erklärt Scheuble. “Wir befinden uns in einer Aufwärtsspirale. Unsere Marke wird immer bekannter.”Im Index- und Datengeschäft will Scheuble mit seiner Firma weiterhin “Gas geben” und wachsen. “Nachhaltigkeit beginnt zu einem sehr großen Thema zu werden”, meint der Unternehmer. “Allerdings fehlt es noch an Standards, die schwierig zu setzen sind.” Solactive arbeite außer mit MSCI mit allen Anbietern von Nachhaltigkeitsdaten zusammen. So erstelle man Indizes auf Basis der Informationen von Sustainalytics oder ISS.Um die Bereiche Governance, Nachhaltigkeit und Proxy Voting auszubauen, hat Solcative Ende Mai das britische Unternehmen Minerva Analytics übernommen. “Dies ist ein wichtiger Schritt für uns, um sicherzustellen, dass wir für das gesamte Ökosystem der Assetmanagement-Branche relevant bleiben”, kommentiert Scheuble. “Denn qualitativ hochwertige Governance- und Nachhaltigkeitsdaten, Research und Analysen werden genauso wie Abstimmungstechnologien und entsprechende Dienstleistungen für Assetmanager und Aktionäre immer wichtiger.” Minerva sieht sich nun mit Solactive in der Lage, ihren Kunden einen globalen Service rund um die Uhr anzubieten. Und Solactive will die Minerva-Daten für neue Angebote nutzen. Hohe WachstumsrateDoch was sind die Ziele und die Vision des Unternehmers, der Solactive zu einer weltweiten Größe im Indexgeschäft gemacht hat? “Solactive verkaufen, das kommt für mich in den nächsten Jahren nicht in Frage”, sagt Scheuble. “Auch einen Gang an die Börse strebe ich nicht an.” Scheuble möchte vielmehr mit Solactive weiter wachsen. “Das passive Geschäft wird in den kommenden Jahren noch sehr deutlich zulegen”, ist der Solactive-CEO überzeugt. “In vielen Regionen der Welt stehen wir erst am Anfang.” Denn die aktive Anlage liefere in den meisten Fällen keinen Mehrwert.”Vor diesem Hintergrund können wir in den kommenden Jahren mit Raten von etwa 25 % wachsen”, meint Scheuble. “Wichtig ist es, die Qualität unverändert hoch zu halten und gleichzeitig den besten Preis zu bieten.” Motivation für den Unternehmensgründer sind die täglich neuen Herausforderungen und die Perspektive, die Zahl der Mitarbeiter von 200 bis auf vielleicht 500 wachsen zu sehen. “Ganz normales Unternehmertun eben”, sagt Scheuble.—- Renommierte KundenZu den Kunden von Solactive zählen viele große Investmentbanken und Assetmanager: Goldman Sachs, J. P. Morgan, Société Générale, BNP Paribas, die Deutsche Bank, Amundi oder UBS. Auch der Index der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der F.A.Z. Index, wird von Solactive kontinuierlich berechnet. Dadurch konnte Comstage im Jahr 2011 einen ETF auf diesen marktbreiten deutschen Aktienindex auflegen. Auch etliche andere Indizes werden vom Frankfurter Indexspezialist berechnet. Daher steckt Solactive hinter vielen ETFs und Indexzertifikaten.