"Tokenisierung ist etwas, das wir unbedingt verstehen wollen"
IM INTERVIEW: MATTHEW BEESLEY
„Wir wollen die Tokenisierung unbedingt verstehen“
Der Jupiter-CEO über Performance, die Bedeutung der IT für die Branche, Margen und M&A
von Andreas Hippin, London
Für jemanden, der die Ziele für das laufende Geschäft nicht nach oben nehmen will, ist Jupiter-CEO Matthew Beesley ziemlich optimistisch. Deutschland gehört zu den Märkten, in denen er expandieren will. Übernahmen sieht er eher skeptisch. M&A sei oft nicht im besten Interesse der Kunden.
Herr Beesley, warum hätten Anleger ihre Jupiter-Aktien nicht verkaufen sollen?
Das hängt davon ab, zu welchem Kurs sie eingestiegen sind. Was von nun an zählt, ist das Gewinnwachstum. Die Voraussetzung dafür ist Umsatzwachstum. Als Manager eines Vermögensverwalters kann man eine Menge Dinge kontrollieren. Es gibt aber auch vieles, worauf man keinen Einfluss hat.
Worum handelt es sich da?
Dazu gehört das Niveau, auf dem sich die Märkte bewegen, und die kurzfristige Performance von Investments. Beides hat großen Einfluss auf den Umsatz, so auch im letzten Jahr. Was man über längere Perioden beeinflussen kann, sind Zuflüsse und Abflüsse von Kundengeldern.
Wie das?
Unser Geschäft hat in den vergangenen Jahren bekanntermaßen unter Abflüssen gelitten, insbesondere in etwas reiferen Produktkategorien, die weniger angesagt waren als andere. Die neuen Produkte hatten noch nicht angefangen, Zuflüsse zu generieren. Inzwischen befinden wir uns an einem Wendepunkt. Es gibt immer noch ein paar Kategorien, in denen Jupiter historisch sehr stark gewesen ist, die immer noch nicht angesagt sind, vielleicht aber ein bisschen weniger außer Mode, als sie es waren. Und es gibt definitiv jüngere Kategorien, in denen die Erfolgsgeschichten heranreifen und unsere Kapazitäten besser mit den Kundenbedürfnissen übereinstimmen, die für Zuflüsse sorgen. Zudem tragen die Investitionen in das Geschäft mit institutionellen Kunden Früchte.
Wie drückt sich das konkret aus?
Bei der Vorstellung der Geschäftszahlen des vergangenen Jahres im Februar haben wir gesagt, dass unsere internen Rechenmodelle für das laufende Jahr von moderaten Abflüssen ausgehen. Zugleich wurde ein hohes Maß an Variabilität unterstellt, abhängig von Markttrends, Performance und den Absichten der Kunden. Diese Vorhersage ist nach wie vor gut verankert. Aber es gibt absolut die Möglichkeit, dass unser Geschäft dieses Jahr wächst.
Wovon hängt das ab?
Die Marktbedingungen waren bislang freundlich. Die Investmentperformance ist dieses Jahr stärker. Aggregiert liegt sie höher als vor sechs Monaten. Das institutionelle Geschäft, das wir vorantreiben wollen, wächst gut. Die Pipeline baut sich weiter auf. Kunden steigen ein. Es gibt immer noch ein hohes Maß an Variabilität. Aber der Ausblick für die Flows sieht wesentlich besser aus. Die Umsätze wären demnach, abhängig von der Marktperformance, auch besser. Was wir auch kontrollieren können, sind die Kosten. Wenn der Umsatz stagniert oder steigt und wir die Kosten im Griff haben, kann auch der Gewinn wachsen. Dann kann auch der Aktienkurs steigen, wenn die Bewertung angemessen ist.
Aber trotzdem halten Sie an der alten Prognose fest. Warum kehren die Kunden nicht zurück?
Wenn es angemessen ist, werden wir unsere Guidance anpassen. Im Juli legen wir Halbjahreszahlen vor. Es haben sich in den vergangenen sechs bis neun Monaten gleich mehrere Dinge ergeben. Zum einen konzentrieren sich die Kunden viel mehr auf Strategien mit niedriger Volatilität.
Woran zeigt sich das?
Die zwei Produkte, die am meisten Interesse angezogen haben, waren unser Global Equity Absolute Return Fund, ein quantitativ gemanagter Long-Short-Aktienfonds, und unser Strategic Absolute Return Bond Fund, ein Long-Short-Anleihenfonds. Beide bieten eine wesentlich niedrigere Volatilität und versuchen, Absolute Return für die Kunden zu liefern. Zudem haben wir beobachtet, dass strategisch orientierte Kunden sich wieder den Assetklassen nähern, die aus der Mode gekommen sind.
Haben Sie dafür Beispiele?
Ich habe mir die jüngste europäische Fondsstatistik nicht angesehen, aber vor zwei Monaten waren die Zuflüsse in europäische Aktien moderat positiv. Das hat es zuletzt vor sechs oder sieben Jahren gegeben. Für mich ist das ein interessantes Zeichen. Einige institutionelle Kunden haben sich britische Aktien angesehen und festgestellt, dass die Bewertungslücke zu anderen entwickelten Märkten ziemlich groß geworden ist. In manchen Fällen halten Leute sie für zu groß. Auch wenn der Ausblick sowohl global als auch für Großbritannien auf Turbulenzen hindeuten mag, sehen manche Kunden in diesen Märkten doch Chancen. Eine Assetklasse, von der man angenommen hätte, dass sie mehr Aufmerksamkeit von den Kunden erfährt, zu der sie aber bislang nicht so richtig zurückgekehrt sind, ist Fixed Income. Oktober, November vergangenen Jahres bis Anfang 2023 hat es da Zuflüsse gegeben. Aber das hat in den vergangenen Monaten ziemlich nachgelassen.
Die Zinsen müssten sinken, um Bonds richtig interessant zu machen.
Genau das ist der Punkt. Man müsste zumindest eine Stabilisierung erkennen können. Derzeit sieht es nicht so aus.
Es ist derzeit schwer, mit der Investmentperformance die Inflation zu toppen, insbesondere nach Kosten. Wie verkaufen Sie in so einem Umfeld Ihre Produkte?
Es ist mit Sicherheit schwerer geworden. Aktien sind generell eine gute Assetklasse, wenn man sich vor Inflation schützen will. Viele Unternehmen verfügen über große Preismacht. Bei unserer europäischen Aktienstrategie setzt das Team auf starke Bilanzen und langfristige Wettbewerbsvorteile. Vielleicht gibt es eine Verzögerung zwischen der Fähigkeit, die Preise zu erhöhen, und dem Anstieg der Inputkosten der Firmen. Aber typischerweise werden solche Firmen höher bewertet. Im laufenden Jahr gehören qualitativ hochwertige Wachstumsfirmen zu den besten Performern am europäischen Aktienmarkt. Es gibt also Orte, an denen man Schutz suchen kann.
Was ist mit Anleihen?
Bei Fixed Income ist es in einer Phase derart hoher Inflation generell schwieriger. Wir profitieren von unserer Plattform von Fixed-Income-Kapazitäten. Wir sind für unsere Dynamic-Bond-Strategie weithin bekannt. Es ist unsere größte Strategie und natürlich darauf angelegt, über eine breite Spanne von Fixed-Income-Assetklassen hinweg zu investieren. Nachdem sie im vergangenen Jahr antizyklisch (contrarian) positioniert war, habe ich den Eindruck, dass sie für das laufende Jahr gut aufgestellt ist. Der Absolute Return ist allerdings noch nicht besonders toll. Wir haben ein breites Angebot von Fixed-Income-Produkten, die sich mittelfristig gut entwickeln sollten, selbst in einem mit Blick auf die Inflationsentwicklung weiterhin ungewissen Umfeld. Kurzfristig ist es wegen der relativen Lücke, auf die Sie hingewiesen haben, schwierig.
Worauf kommt es an?
Es ist also eine Frage des Zeithorizonts und der Erwartungen. Einer unserer Bondmanager hat gesagt, wir befinden uns in einer der attraktivsten Absolute-Return-Umgebungen, die er seit vielen Jahren gesehen hat. Aber man sollte diese Renditen nicht schnell erwarten. Es ist eher auf Sicht von mehreren Jahren ein attraktiver Einstiegszeitpunkt. Man bräuchte eine größere Vorhersehbarkeit des Zinszyklus, aber Märkte sind eben semi-effizient. Wenn es völlige Vorhersehbarkeit gäbe, wäre alles eingepreist. Unser Team sieht eine Menge Ineffizienzen am Markt, sowohl bei den Spreads als auch bei der Kapitalbindungsdauer. Das war nicht immer so an den Bondmärkten.
Was bedeutet das für Sie?
Solche Verwerfungen erzeugen Chancen für aktive Manager. Es könnte sowohl bei Anleihen als auch bei Aktien das erste Mal in 12 oder 13 Jahren sein, das wir in eine fruchtbare Zeit für aktives Management gehen. Quantitative Easing war eine derart schwierige Phase, weil sich alle Assets nahezu im Gleichklang nach oben bewegten. Anleger machten angesichts der Politik der Zentralbanken keinen Unterschied. Das hat sich inzwischen geändert, nicht erst seit der Mini-Bankenkrise in den USA.
Volatilität ist immer gut.
Die Ungleichverteilung der Renditen gibt mir Zuversicht, was das Geschäft der aktiven Manager angeht. Für ein Haus wie uns ergeben sich daraus große Chancen.
Es ist auch eine Möglichkeit zur Differenzierung von den passiven Produkten.
Völlig richtig.
Der technologische Wandel ist enorm. Um mit der Digitalisierung Schritt zu halten, sind Investitionen in die IT-Infrastruktur erforderlich. Ist Jupiter dafür groß genug?
Wir verbringen eine Menge Zeit damit, über dieses Thema nachzudenken, und investieren eine Menge mehr in Infrastrukturtechnologie. Wir arbeiten daran, eine Menge unserer Prozesse zu automatisieren. Ich habe vier Säulen dafür definiert, wie wir unser Geschäft vorantreiben wollen. Dazu gehört, in bestimmten Regionen und bei bestimmten Produkten in größerem Maßstab tätig zu werden. Wichtig ist aber auch, unnötige Komplexität in unserem Geschäft zu verringern, etwa im Kunden-Reporting. Wir wollen Datenanalyse in alle Kundenprozesse integrieren. Das ist effizienter und effektiver. Wir befinden uns als Branche insgesamt in dieser Hinsicht noch in einem sehr frühen Stadium.
Wie sieht das konkret aus?
Wir haben uns alle daran gewöhnt, Werkzeuge wie Salesforce zu nutzen, um kundenbezogene Interaktionen und Aktivitäten aufzuzeichnen. Aber es geht um so viel mehr. Wir versuchen, die Salesforce-Funktionalitäten dazu zu nutzen, einen Hub zu schaffen, um zu einem tiefen Verständnis nicht nur der Kundenaktivitäten zu kommen, sondern auch der potenziellen Absichten der Kunden. Wir betreiben Marktanalysen, die uns dabei helfen sollen zu verstehen, wie die Kunden vielleicht bald denken werden. Wir teilen diese Erkenntnisse mit Kunden, damit sie ihre Investments im breiteren Kontext von Anlageprodukten insgesamt besser einordnen können. Das ist nur der Anfang von dem, was wir in dieser Hinsicht tun können. Wir hatten ein internes Team für Datenwissenschaften, das auf das Bedürfnis unserer Fondsmanagementteams fokussiert war, mit Hilfe von aus unstrukturierten Daten gewonnenen Erkenntnissen Alpha zu generieren. Es kann aber auch viel für unsere Non-Investment-Teams tun. Unser zehnköpfiges Datenwissenschaften-Team, das bereits in unser Geschäft integriert ist, liefert uns im Vergleich zu einigen unserer Konkurrenten einen Wettbewerbsvorteil.
Wirkt sich das auch auf den Vertrieb aus? Tokenisierung ist derzeit in aller Munde.
Tokenisierung ist etwas, das wir unbedingt verstehen wollen. Das Geschäftsmodell dafür gibt es einfach noch nicht. Wir verbringen viel Zeit damit, mit unseren Partnern auf der operativen Seite, den Verwahrern und Fondsverwaltern darüber nachzudenken. Aber sie sind noch nicht bereit dafür, so eine Infrastruktur zu unterstützen. Ich habe keinen Zweifel daran, dass Tokenisierung Teil der Zukunft sein wird. In Zukunft werden vielleicht eine Menge unserer Produkte nicht mehr in einer traditionellen Fondsstruktur vermarktet.
Tokenisierung würde doch ermöglichen, maßgeschneiderte Investments anzubieten.
Ja, das wäre wirklich interessant. Es würde jedem Assetmanager ermöglichen, in großem Maßstab maßgeschneiderte Portfolios für Einzelpersonen und deren individuelle Bedürfnisse zu generieren. Das würde uns dazu zwingen, bzw. die Möglichkeit dazu geben, direkt mit den Kunden in Kontakt zu treten. Für mich liegt das noch eine ganze Reihe von Schritten in der Zukunft. Aber es würde mich nicht überraschen, wenn wir am Ende dort ankämen. Heute sind wir ein Anbieter von Investmentkapazitäten für Intermediäre und Investmentplattformen, die ihren jeweiligen Kunden dienen. Diese Kunden wollten es so. Es ist nicht so, dass wir sie dazu gezwungen hätten.
Und wenn sich die Bedürfnisse dieser Kunden ändern?
Dann wird sich unser Angebot auch ändern müssen. Aber davon sind wir noch mehrere Schritte entfernt. Wenn wir für uns werben oder Anlageideen beschreiben, ist uns schon heute klar bewusst, dass wir mindestens zwei verschiedene Publikumsgruppen haben. Wir liefern Einsichten, Meinungen, Materialien und Reporting an unsere tatsächlichen Kunden, die Plattformen und Intermediäre. Sie werden oft von diesen an ihre Kunden weitergegeben. Wir sind an dieses mehrdimensionale Verhältnis gewöhnt. Es wäre kein zu weiter Sprung, über ein direktes Verhältnis nachzudenken. Historisch betrachtet hatte Jupiter hier in Großbritannien eine direkte Beziehung zum Endkunden. Wir haben immer noch Tausende Direktkunden.
Der Aufbau der Infrastruktur für die Tokenisierung wird vermutlich viel Geld kosten. Oder können Sie das mit den bestehenden Partnern stemmen?
Es ist noch viel zu früh, diese Frage zu beantworten. Wenn man es heute tun wollte, könnte man es nicht. Die Infrastruktur existiert einfach noch nicht.
Die Regulierung ist auch noch nicht so weit.
Ja, deshalb ist es eine hypothetische Frage. Wir wollen unnötige Komplexität in unserem Geschäft verringern und die Liste unserer Zulieferer konsolidieren. Gehört etwas nicht zu unseren Kernkapazitäten, suchen wir nach Wegen, es auszulagern, soweit das möglich und angemessen ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir eine Infrastruktur für tokenisierte Fonds aufbauen. Ich erwarte, dass wir so etwas auf jeden Fall mit einem Partner machen würden. Doch es ist zu früh, darüber nachzudenken, wann, wie und zu welchen Kosten das geschehen könnte.
Als ich Ihren Vorvorgänger Maarten Slendebroek interviewte, wurde Jupiter für ihre Margen von der ganzen Branche beneidet. Wie sieht das heute aus?
Wir sind immer noch ein sehr profitables Unternehmen. Es ist geografisch diverser geworden. Maarten hat als CEO großen Wert darauf gelegt, die Vertriebsbasis über das britische Retailgeschäft hinaus zu entwickeln, und stark in den europäischen Vertrieb investiert. So etwas ist natürlich mit Kosten verbunden und es dauert eine Weile, bis so ein Investment Rendite liefert. Sein Nachfolger Andrew Formica hat dieses Modell im Großen und Ganzen übernommen und stark in den Ausbau des Vertriebs an institutionelle Anleger investiert. Ihm war klar, dass man dafür andere Leute und eine andere Infrastruktur benötigt. Aus meiner Sicht lagen beide richtig mit dem, was sie machten. Es war in hohem Maße nötig, aber vielleicht nicht ausreichend.
Wie meinen Sie das?
Es war richtig, weil Jupiter über Investmentkapazitäten verfügt, die für diese anderen Kanäle attraktiv sind. Es war also sinnvoll, diese Produkte auf diese Märkte zu bringen. Zu den Herausforderungen, mit denen ich zu tun habe, gehört, dass Jupiter zwar diese breite Vertriebskapazität hat, diese Geschäfte aber noch nicht hinreichend gewachsen sind. Eine unserer wichtigsten Prioritäten ist deshalb, in wesentlichen Regionen und Kanälen die für Skalenvorteile nötige Größe zu erreichen. Hier in Großbritannien sind wir wunderbar aufgestellt. Wir gehören zu den Top 5, haben einen ordentlichen Marktanteil und sind ein gut bekanntes Unternehmen.
Und sonst?
Wenn man sich zum Beispiel Deutschland ansieht, rangieren wir dort zwischen Platz 30 und 40. Wir haben einen kleinen Marktanteil, nur ein paar Milliarden Pfund unter Verwaltung. Dabei sind wir wegen unserer Commerzbank-Vorgeschichte überraschend gut bekannt. Wir haben dort eine Marke, die stärker wiedererkannt wird, als man das von einem Geschäft unserer Größe erwarten würde. Wir sind nicht ausreichend gewachsen.
Wie drückt sich das aus?
Ich will den Fokus aufs Geschäft zurückbringen. Ich denke, dass wir in manchen Märkten besser ankommen als anderswo. Deutschland gehört zu den Märkten, in denen wir unser Geschäft hochfahren wollen. Wir denken, dass es dort überproportionale Chancen gibt, den Umsatz zu steigern, ohne dass die Kosten nach oben gehen. Mich ermutigt, dass wir in einigen dieser Schlüsselregionen in Schwung kommen. Beim Wachstum des Geschäfts mit institutionellen Kunden haben wir enormen Schwung. Das wird große Auswirkungen auf unsere Rentabilität insgesamt haben.
Warum?
Im Assetmanagement geht es immer noch um Skaleneffekte. Es geht darum, Investmentkapazitäten für so viele Kanäle und Regionen zu nutzen wie nur möglich. Das Tolle an diesem Geschäftsmodell ist, dass man an einen Punkt kommt, an dem man nicht mehr viel zusätzliche Investitionen benötigt, um mehr Umsatz zu generieren. Dann wird aus zusätzlichem Umsatz zusätzlicher Gewinn. Dadurch lässt sich die Rentabilität steigern. Um auf Ihre Frage nach den Margen zurückzukommen: Keine zwei Unternehmen lassen sich einfach so miteinander vergleichen. Aber wir sind ein rentables Geschäft und haben die Chance, noch rentabler zu werden, wenn wir mit unseren Initiativen Fortschritte machen.
Die Margen liegen inzwischen also irgendwo im Branchendurchschnitt, nicht an der Spitze?
Das ist so schwer zu sagen. Wir hatten zwei oder drei Jahre Mittelabflüsse, als einige unserer Wettbewerber keine hatten. Vielleicht haben Konkurrenten Abflüsse, während wir uns erholen. Keine zwei Firmen haben den gleichen geografischen Mix. Institutionelle Margen sind niedriger als im Retailgeschäft. Wir diversifizieren uns erfolgreich in Richtung institutionelle Anleger. Von denen bekommt man weniger Basispunkte für einen Fonds.
Aber das Volumen gibt den Ausschlag.
Neben dem größeren Volumen gibt es eine höhere Langlebigkeit. Wenn man den Wert von Retailkunden und Institutionellen über den Lebenszyklus hinweg vergleicht, ist er normalerweise gleich groß. Retailkunden bleiben üblicherweise drei Jahre und liefern eine höhere Marge. Institutionelle bleiben sieben oder acht Jahre und zahlen weniger. Wenn man sich die Kosten ansieht, um diese Kanäle zu bedienen, sind sie ungefähr gleich. In der Anfangsphase, in der man in die Infrastruktur investiert, belastet das natürlich die Rentabilität. Wir liegen mit unseren Margen wohl irgendwo in der Mitte. Es ist allerdings schwer zu sagen, ob wir uns etwas über oder unter dem Durchschnitt bewegen. Wir haben jedenfalls die richtigen Investments an der richtigen Stelle gemacht. Das gibt uns die Chance, die Rentabilität zu steigern.
Die hohe Marge war für Ihre Vorgänger ein Argument dafür, das Thema M&A vom Tisch zu wischen. Wird es jetzt interessanter?
M&A ist oft nicht im besten Interesse der Kunden. Das ist der Fehler, den viele im Assetmanagement machen. Manchmal kann es gut für Kunden sein, aber wenn es überlappende Kapazitäten gibt, werden Investmentteams durch Übernahmen und Fusionen in ihrer Arbeit gestört. Kunden mögen das nicht. Manchmal entsteht dadurch Konzentration. Auch das mögen die Kunden nicht. Und es ist ein „People Business“. Man muss sicherstellen, dass man eine gemeinsame, durchgängige Firmenkultur hat. Einer meiner Vorgänger hat eine Akquisition getätigt, die dieses Unternehmen in jeder Hinsicht gestärkt hat. Wir haben ein größeres Produktangebot, eine breitere Vertriebspräsenz. Aber es war schwierig, die beiden Firmen zusammenzuführen.
Warum?
Vielleicht lag es ja an Covid. Operativ ging alles sehr schnell, sehr effizient und effektiv. Aber als ich vor anderthalb Jahren nach der Pandemie zurück ins Büro gekommen bin, wurde mir klar, dass die Beziehungen über den Flur hinweg nicht zu ausgeprägt waren. Die Kollegen kannten einander nicht so gut. Sie hatten nicht viel Zeit gemeinsam am Arbeitsplatz verbracht. Heute fühlt sich das ganz anders an, einfach weil die Leute einander besser kennen. Es gibt eine Logik, die für M&A spricht, aber man darf in keine Falle treten. Assetmanagement ist ein kundenzentriertes Geschäft. Egal was man tut, man sollte sich immer fragen, ob es im besten Interesse der Kunden ist. Ist es ein defensiver Schritt, um Kosten zu senken, oder geht es um Wachstum durch zusätzliche Investmentkapazitäten? In jüngster Zeit gab es Transaktionen aus ganz unterschiedlichen Beweggründen. Eine Reihe unserer Wettbewerber hatte Probleme, den Wert von M&A zu demonstrieren.
Geht es nicht oft darum, angesichts steigender Kosten die nötige kritische Masse zu erreichen? Würden Sie sagen, dass Jupiter inzwischen groß genug ist?
Wir erwirtschaften eine gesunde Marge, haben eine sehr starke Risikomanagement- und Compliance-Infrastruktur und sind geografisch diversifiziert. Wir haben es geschafft, unsere Investmenttalente zu halten und Ausschüttungen an die Aktionäre vorzunehmen. Für all das hatten wir genug Masse. Mit einem verwalteten Vermögen von 50 Mrd. Pfund sind wir groß genug. Es geht vielmehr darum, das besser einzusetzen, was man schon hat. Wir können unsere Präsenz in Märkten wie Deutschland und Italien vergrößern und im institutionellen Geschäft expandieren, ohne dafür noch viel investieren zu müssen. Wir haben die nötige kritische Masse. Wenn man nur auf das verwaltete Vermögen blickt, entgeht einem manchmal das Entscheidende.