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Traditionsfonds braucht Chef mit Weitsicht

Von Jan Schrader, Frankfurt Börsen-Zeitung, 3.1.2017 Aktienfonds erfordern Geduld. Nachdem 1962 die Kuba-Krise die Welt verunsicherte, die Nahost-Staaten 1973 die erste Ölkrise auslösten, die Aktienpanik am "Schwarzen Montag" 1987 die globalen...

Traditionsfonds braucht Chef mit Weitsicht

Von Jan Schrader, FrankfurtAktienfonds erfordern Geduld. Nachdem 1962 die Kuba-Krise die Welt verunsicherte, die Nahost-Staaten 1973 die erste Ölkrise auslösten, die Aktienpanik am “Schwarzen Montag” 1987 die globalen Märkte erschütterte, das World Trade Center 2001 kollabierte und die US-Immobilienblase 2007 platzte, sanken die Börsenkurse jeweils weit ab – und brauchten oft Jahre, um sich zu erholen. Auch der “Fondak”, einer der ältesten Fonds in Deutschland, hat diese langen Durststrecken miterlebt und den Anlegern hohe Verluste beschert. Wer durchhielt, wurde jedoch über die Jahrzehnte mit einem satten Plus belohnt. Der Wert des im Oktober 1950 aufgelegten Produktes ist seither nominal um das 73-Fache gestiegen. “Wer weiter sieht, kauft Fondak”, lautet eine Reklame aus den 1950er Jahren.Nun steht der “Fonds für deutsche Aktien”, wie der vollständige Name lautet, vor einer erweiterten Anlagestrategie, wie die Fondsgesellschaft Allianz Global Investors am Montag angekündigt hat. Neben Standardwerten sollen verstärkt kleine und mittelgroße deutsche Unternehmen im Portfolio Gewicht bekommen. Allerdings hat der Traditionsfonds, der heute knapp 2 Mrd. Euro schwer ist, bereits zuvor auch in kleinere Titel investiert, wie der neue Hauptverantwortliche des Fonds, Thomas Orthen (38), im Gespräch mit der Börsen-Zeitung sagt. Ziel sei es, die “Breite der deutschen Wirtschaft” abzubilden. Mit der nun auch offiziell verkündeten Neugewichtung grenzt die Gesellschaft das Produkt von dem “Concentra” ab, einem anderen Traditionsprodukt des Hauses, das sich besonders auf große Aktientitel konzentriert. Der “Fondak” wurde bereits im Oktober 1950 gegründet und damit nur wenige Wochen später als der “Fondra”, der älteste Publikumfonds in Deutschland. Neue PerspektiveDer Blickwinkel, mit dem der Portfoliomanager in die Ferne gucken soll, ist aber ein etwas anderer als zuvor: Denn bisher war der 2005 zur Allianz-Tochter gekommene Bankkaufmann, Betriebswirt und Finanzanalyst für Schwellenländer verantwortlich, insbesondere für Osteuropa. Anders als in reifen Märkten wie in Deutschland sei das Börsengeschehen dort sehr stark von politischen Ereignissen geprägt, sagt Orthen, zum Beispiel vom Krieg im Osten der Ukraine. Auch die Abhängigkeit von Rohstoffpreisen sei in Osteuropa größer, insbesondere in Russland mit der starken Öl- und Gasförderung. Die Märkte seien in den aufstrebenden Ländern volatiler, weil es noch an einer breiten Investorenschar im Inland mangele und die Zu- und Abflüsse aus dem Ausland sehr stark ins Gewicht fielen. Seine Expertise in Schwellenländern helfe ihm nun aber bei der Führung des Deutschlandfonds, schließlich lebe die hiesige Wirtschaft von Exporten und sei somit von der Entwicklung in den aufstrebenden Märkten abhängig, argumentiert Orthen.Es ist nicht die erste Neugewichtung, die der “Fondak” erlebt: Als die langjährige Fondsmanagerin Heidrun Heutzenröder 1998 die Leitung übernahm, gab der Fonds die Beimischung von Renten auf und wird seitdem als reiner Aktienfonds geführt. In Reaktion auf die Technologieblase zur Jahrtausendwende stellte der Fonds die Auswahl der Aktien auf einen Value-Ansatz um, richtet also den Blick insbesondere auf den mutmaßlichen tatsächlichen Wert von Unternehmen. Auch nach der Eingliederung der damaligen Fondsgesellschaft Adig durch die Allianz-Tochter blieb dieser Grundsatz erhalten. Besonderes Augenmerk liege darüber hinaus auf Zukunftstrends, sagt Orthen, so dass sich eine hohe Gewichtung von IT-Firmen und mittelständischen Unternehmen ergebe. Sein Vorgänger Ralf Walter, der im Oktober 2012 das Produkt von Heutzenröder übernommen hat, baut nun seinen Schwerpunkt im Team für alternative Investments aus. Dort steuert er etwa Hedgefonds-Mandate für institutionelle Investoren sowie seit 2011 den Publikumsfonds “Discovery Germany Strategy”. Orthen wiederum ist dem Investment Style Team Growth zugeordnet. Die Gesellschaft bescheinigt ihm “einen sicheren Blick für wichtige Trends und entscheidende Details bei der Unternehmensauswahl”. Weitsicht ist jedenfalls notwendig, um ein traditionsreiches Produkt führen zu können.